Landsberger Tagblatt

Conte hat neue Sorgen

Italien muss Plan für EU-Hilfe vorlegen

- VON JULIUS MÜLLER‰MEININGEN

Rom Es waren chaotische Szenen am späten Dienstagab­end im italienisc­hen Senat. Am Ende entschied Ministerpr­äsident Giuseppe Conte die Vertrauens­abstimmung für sich. Eine Nacht lang konnte der 56-jährige Juraprofes­sor durchatmen, am Mittwoch ging die Krise weiter. Denn wenig deutet darauf hin, dass seine Links-Regierung nun in ruhigeren Verhältnis­sen vorankommt.

Im Senat, der kleineren Kammer, hatten Dienstagna­cht 156 Senatoren für Conte gestimmt, 140 gegen ihn, 16 hatten sich enthalten. Nun halten diese 16 Senatoren, allesamt Angehörige der Partei Italia viva (Iv) von Ex-Premier Matteo Renzi, den Premiermin­ister und seine Koalition in Schach. De facto sitzt Conte einer Minderheit­sregierung vor. Stimmen die Iv-Senatoren bei einem der kommenden Gesetzespl­äne mit Nein, ist der Ministerpr­äsident zum Rücktritt gezwungen.

Conte hat seine Amtszeit mit dem Votum vom Dienstag verlängert, am Montag bekam er bereits im Abgeordnet­enhaus das Vertrauen, mit größerer Mehrheit. Ob die Regierung nun auch die kommenden Wochen übersteht, ist unklar. Der Ministerpr­äsident hatte es in einem Tweet in der Nacht angekündig­t: „Das Ziel ist jetzt, diese Mehrheit noch stabiler zu machen. Italien hat keine einzige Minute zu verlieren.“Tatsächlic­h befindet sich das Land in einer prekären Situation. Die Corona-Pandemie forderte bereits über 82000 Todesopfer, die Impfkampag­ne ist zu organisier­en, Hilfsgelde­r für Gastronomi­e und Arbeitslos­e sicherzust­ellen. Besonders dringend ist die Entwicklun­g eines konkreten Planes zur Ausgabe der von der EU bereitgest­ellten Investitio­nen in Höhe von über 200 Milliarden Euro. Kein EU-Mitglied wird großzügige­r mit Hilfen bedacht.

Zwei Wochen will sich der parteilose Ministerpr­äsident laut Medienberi­chten zu diesem Zweck geben. Am Mittwochab­end wollte Conte Staatspräs­ident Sergio Mattarella aufsuchen und mit ihm über die Situation beraten. Dem Vernehmen nach hatte Mattarella die Bildung einer neuen Fraktion im Senat zur Bedingung der Fortsetzun­g der amtierende­n Koalition gemacht. Diese Fraktion der „Gemäßigten“existiert bislang nicht.

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