Masse und Klasse
Gauthier Mvumbi ist nicht gerade das, was man einen Modellathleten nennt. Offiziell wiegt der Kreisläufer aus dem Kongo 110 Kilo, wobei allerdings nicht ganz klar ist, ob die Waage des Internationalen Handballverbandes dringend zum Eichen muss oder ob das viele Gewicht bei ihm nur etwas ungünstiger auf die Zonen in der Körpermitte verteilt ist als bei den meisten anderen Handballern.
„El Gigante“jedenfalls, wie Mvumbi sich selbst augenzwinkernd nennt, war bei der Weltmeisterschaft in Ägypten nur schwer zu bremsen. Fünf Tore gegen Bahrein, jeweils vier gegen Argentinien und Olympiasieger Dänemark, nur ein einziger Fehlwurf in drei Partien: Solange ihm die Puste nicht ausgeht, ist auf Mvumbi, der für den französischen Viertligisten AC Dreux spielt, Verlass.
Zur Weltmeisterschaft durfte der Pfundskerl nur, weil der Weltverband das Teilnehmerfeld auf 32 Mannschaften aufgestockt hat und damit auch Platz war für Handballexoten
wie die Demokratische Republik Kongo, die Kapverden oder Uruguay. Das Unvollkommene aber berührt die Menschen häufig mehr als das Perfekte – und so wurde der Koloss aus dem Kongo in der ersten WM-Woche rasch zum Liebling der Handballfans: nicht so austrainiert wie der ähnlich gewichtige Ungar Bence Banhidi, den die deutsche Mannschaft buchstäblich nicht in den Griff bekam, aber genauso flink, wenn er sich am Kreis auf engstem Raum dreht und seine 110, 120 oder noch mehr Kilo dem gegnerischen Torhüter entgegenwirft. Und das mit dem Bauch, über den sein Trikot kaum passen will? Nun ja, sagt Mvumbi, er sei halt dick.
Die Hauptrunde hat der Kongo trotz seiner Tore verpasst – einen Titel aber nimmt der 26-Jährige mit nach Hause. Shaquille O’Neal, mit 150 Kilogramm Körpergewicht und vier NBA-Titeln eine BasketballLegende, hat die Auftritte von „El Gigante“verfolgt und ihm aus den USA eine Videobotschaft geschickt: „Man sagt, dass Du der Shaq des Handballs bist.“Mehr geht nicht in dieser Gewichtsklasse.