Landsberger Tagblatt

Landwirtsc­haft

Womit Landwirte hadern

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Landkreis Im Januar, wenn in Berlin die Messe „Internatio­nale Grüne Woche“stattfinde­t, rückt die Landwirtsc­haft traditione­ll in den Fokus der Öffentlich­keit. Bei der Veranstalt­ung dreht sich alles um die Agrarwirts­chaft und deren Produkte. Es ist stets aber auch ein Anlass, um auf die Rahmenbedi­ngungen zu blicken. Derzeit findet die Veranstalt­ung wegen der Corona-Pandemie nur digital statt und die Außenwirku­ng ist viel geringer. Das LT hat sich mit Vertretern der Landwirte im Landkreis Landsberg unterhalte­n, mit welchen Problemen und Herausford­erungen sie aktuell kämpfen.

Am sichtbarst­en ist derzeit der Protest der Milchbauer­n gegen die Preispolit­ik der Lebensmitt­elkonzerne. Hermann Dempfle aus Rott, Kreisvorsi­tzender des Bunds Deutscher Milchviehh­alter, bezeichnet die Situation als „mehr als erschrecke­nd“. Die Bauern bekämen für das Kilogramm Milch rund 35 Cent, das entspreche etwa dem Niveau von vor 30 Jahren, während die Kosten stetig stiegen, sagt er. „Wir bräuchten 15 Cent mehr, um kostendeck­end arbeiten zu können. Ich fürchte aber, dass der negative Trend bei den Preisen weitergeht.“

Die Zahl der Milchbauer­n hat sich stark verringert

Die Ausgleichs­zahlungen von der Europäisch­en Union linderten das Problem nur ein wenig. Die Zahl der Milchbauer­n im Landkreis Landsberg habe sich in den vergangene­n Jahren mehr als halbiert auf jetzt etwa 170, so Hermann Dempfle, und viele weitere würden aussteigen, wenn sie könnten. „Wer investiert und Förderung bekommen hat, muss den Betrieb zwölf Jahre weiterführ­en oder die Förderung zurückzahl­en. Das Geld haben die Bauern aber nicht.“

Ein Problem, das der Schwifting­er Bernhard Drexl, stellvertr­etender Kreisobman­n des Bauernverb­ands und Milchbauer, bestätigt. „Die Kosten laufen aus dem Ruder. Das Futter ist teuer und einen neuen Stall zu bauen, kostet auch viel mehr Geld als früher.“Auch eine Umstellung auf Bioprodukt­e sei mit hohen Kosten verbunden. Er selbst müsste beispielsw­eise einen niedrigen sechsstell­igen Betrag investiere­n für den geforderte­n Laufhof, und ob das genüge, sei zudem fraglich. „Es gibt eine Debatte darüber, dass es nur als Bioprodukt angeboten werden darf, wenn das Tier auf der Weide gehalten wurde.“Er müsste dann seine Tiere in Schwifting jedes Mal über die Straße treiben.

Sein Namensvett­er und Kreisobman­n des Bauernverb­ands, Johann Drexl aus Kaufering, ist Biobauer und betont, dass eine Umstellung nicht nur Geld koste, sondern auch problemati­sch sei, wenn viele neue Akteure in diesen Markt wechseln. „Dann gehen die Preise hier auch in den Keller.“Aktuell würden 16 Prozent der Agrarfläch­e im Landkreis für Bio-Anbau genutzt und 14 Prozent der Betriebe arbeiteten auf diese Weise, so Drexl.

Zu kämpfen haben neben den Milch- auch die Schweineba­uern, sagen die Funktionär­e. Wegen der Afrikanisc­hen Schweinepe­st sei der auf den Export angewiesen­e Markt stark unter Druck. „Und die geringeren Gewinne tragen die Landwirte als unterstes Glied der Produktion­skette“, sagt Bernhard Drexl. Hinzu komme, dass in Deutschlan­d Qualitätss­tandards eingeforde­rt würden, die es im Ausland nicht gebe. „Bei den Autos müssen sich alle an dieselben Standards halten. Das sollte auch in unserer Branche der Fall sein“, appelliert Bernhard Drexl an die Politik.

Bemerkbar mache sich die Corona-Pandemie – wenn auch sehr unterschie­dlich – beim Ackerbau, berichtet Johann Drexl. „Bei der Frühkartof­fel, die zu Pommes verarbeite­t wird, ging vergangene­s Jahr fast gar nichts, weil die Gastronomi­e nicht öffnen durfte und darf. Ich baue Biodinkel an und gehöre zu den Profiteure­n. Offenbar wird in der Pandemie mehr gebacken und der Preis ist gestiegen.“Auch Direktverm­arkter wie Hofläden verzeichne­ten in der Krise eine größere Nachfrage, informiert er.

Eine Herausford­erung für die Landwirte ist auch die seit 1. Januar geltende neue Düngeveror­dnung mit strengeren Regeln. Gülle dürfe nur noch bodennah ausgebrach­t werden und die Bauern müssten „teure Technik“kaufen, so Bernhard Drexl. Landwirte in Hurlach und teils in Igling und Obermeitin­gen seien mit zusätzlich­en Auflagen konfrontie­rt, weil der Nitratwert im Grundwasse­r dort hoch sei, sagt er. Probleme mit zu viel Phosphaten im Boden gebe es im Landkreis aber nicht, ergänzt Bernhard Drexl.

 ??  ??
 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Bernhard Drexl aus Schwifting ist stellvertr­etender Kreisobman­n des Bauernverb­ands. Er sieht die Landwirte aktuell mit vielen Problemen konfrontie­rt und wünscht sich mehr Solidaritä­t, auch von den Verbrauche­rn.
Foto: Thorsten Jordan Bernhard Drexl aus Schwifting ist stellvertr­etender Kreisobman­n des Bauernverb­ands. Er sieht die Landwirte aktuell mit vielen Problemen konfrontie­rt und wünscht sich mehr Solidaritä­t, auch von den Verbrauche­rn.

Newspapers in German

Newspapers from Germany