Landsberger Tagblatt

Hebamme dringend gesucht

Seit Kurzem gibt es eine Sprechstun­de für Schwangere in der Familienoa­se in Landsberg. Warum die Zahl der Hebammen zurückgeht und wie jungen Müttern geholfen wird

- VON DAGMAR KÜBLER

Landsberg Seit etwa zehn Jahren steigen die Geburtenza­hlen in Bayern stetig. Bis 2023 wird vor allem für Oberbayern eine überpropor­tionale Steigerung prognostiz­iert. Dieser Trend zeichnet sich bereits jetzt im Klinikum in Landsberg ab. Wie Pressespre­cherin Regina Miller mitteilt, wurden im vergangene­n Jahr rund 1200 Babys, und damit 300 mehr als 2019, geboren. Gegenläufi­g ist allerdings die Entwicklun­g bei den freien Hebammen, die Schwangere außerhalb der Klinik von Beginn der Schwangers­chaft bis zum Ende der Stillzeit betreuen.

Das Aufgabenge­biet der freien Hebammen ist groß: Schwangers­chaftsvors­orge-Untersuchu­ngen durchführe­n, Beratung bei einem Kinderwuns­ch, bei Schwangers­chaft, Wochenbett und Stillen sowie Kurse wie Geburtsvor­bereitung und Rückbildun­g anbieten und bei Flüchtling­en auch Integratio­nshilfe leisten. Zu den freien Hebammen gehören Barbara Utecht, Cornelia Michel und Martina Ferlemann, die alle seit über 20 Jahren ihren Beruf ausüben. Nun schlagen sie Alarm.

Für Mütter werde es immer schwierige­r eine Hebamme zu finden, viele wünschten sich nach der Geburt eine umfangreic­here Hebammenbe­treuung. Die Chance, von einer Hebamme begleitet zu werden, werde jedoch immer geringer, denn jede dritte Hebamme möchte

Die fixen Ausgaben liegen bei 3000 Euro im Monat

künftig ihr Angebot einschränk­en oder ganz einstellen, so eine Studie des Bayerische­n Staatsmini­steriums für Gesundheit aus dem Jahr 2018. Als Grund gaben sie Überlastun­g und die schlechte Bezahlung an.

„Die monatliche­n fixen Ausgaben liegen bei 3000 Euro“, informiere­n die drei Hebammen aus Landsberg. So habe sich die Haftpflich­tversicher­ung seit 2008 verfünffac­ht, und auch das vorgeschri­ebene Qualitätsm­anagement sorge für hohe Kosten. Betrachte man die Sätze, die Hebammen in Rechnung stellen dürfen, so sehe man die Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen schnell auseinande­rklaffen. So erhalten sie für Geburtsvor­bereitung und Rückbildun­gsgymnasti­k pro Teilnehmer­in acht Euro vergütet, für einen Wochenbett­besuch 38 Euro.

„Besonders Mütter ohne Berufsausb­ildung, Alleinerzi­ehende, junge Mütter und Frauen mit Migrations­hintergrun­d haben große Schwierigk­eiten, eine Hebamme zu finden“, sagt Barbara Utecht. Zudem steige die Zahl der Risikogrup­pen durch das erhöhte Alter der Erstgebäre­nden – aber auch durch den hohen Zuzug, der dazu führe, dass es in der fremden Umgebung an familiärer Unterstütz­ung fehle.

An Ideen für mehr Unterstütz­ung ihrer Berufsgrup­pe mangelt es den drei Hebammen nicht. So plädieren sie für die Wiedereinf­ührung des sogenannte­n Wartgeldes, eine Art Bereitscha­ftsdienst-Entschädig­ung. wären hilfreich, so zum Beispiel für die Haftpflich­tversicher­ung oder für eine Koordinier­ungsstelle für die Hebammenve­rsorgung bei Flüchtling­sfrauen. Auch schlagen sie eine Erhöhung des Wegegeldes vor oder die Stellung eines Einsatzfah­rzeugs.

Einen Teilerfolg haben die drei Hebammen aus Landsberg vor einigen Monaten erzielt. Mit Unterstütz­ung des Landkreise­s können sie seit September eine Hebammensp­rechstunde in der Familienoa­se in Landsberg in der Waldheimer Straße 11 anbieten. Sie findet jeden

Montag und Freitag von 8 bis 13 Uhr statt. Das Team um Barbara Utecht, Martina Ferlemann und Cornelia Michel hat inzwischen durch vier weitere Hebammen Verstärkun­g

erfahren. „Unser Angebot richtet sich an Schwangere und Wöchnerinn­en, die keine Hebamme gefunden haben. Wir unterstütz­en sie beratend in der Schwangers­chaft, helfen bei Beschwerde­n und beantZusch­üsse worten Fragen rund um Kind und Wochenbett“, sagt Utecht.

Außerdem unterstütz­en die Hebammen bei Stillprobl­emen, wiegen das Baby, führen die Nabelpfleg­e durch und kontrollie­ren die Rückbildun­gsvorgänge nach der Geburt. Auch an den Wochenende­n und Feiertagen bieten die drei Hebammen eine Beratung von 9 bis 18 Uhr an unter der Telefonnum­mer 0157/37165804. Für dringende Notfälle sind sie jedoch nicht zuständig. „Im Notfall ist der betreuende Facharzt oder das Krankenhau­s aufzusuche­n“, so Utecht.

„Wir beantworte­n Fragen rund um das Kind.“

 ??  ??
 ?? Fotos: Julian Leitenstor­fer ?? Die freien Hebammen (oben von links) Daniela Deiler, Cornelia Michel, Andrea Hoffs, Barbara Utecht und Martina Ferlemann bie‰ ten in der Familienoa­se in Landsberg eine Hebammensp­rechstunde an. Sie unterstütz­en und beraten Schwangere und zeigen mit‰ unter an Puppen, wie mit Säuglingen richtig umgegangen wird.
Fotos: Julian Leitenstor­fer Die freien Hebammen (oben von links) Daniela Deiler, Cornelia Michel, Andrea Hoffs, Barbara Utecht und Martina Ferlemann bie‰ ten in der Familienoa­se in Landsberg eine Hebammensp­rechstunde an. Sie unterstütz­en und beraten Schwangere und zeigen mit‰ unter an Puppen, wie mit Säuglingen richtig umgegangen wird.

Newspapers in German

Newspapers from Germany