Landsberger Tagblatt

Der FCA ist der passende Gegner

Bei der Niederlage gibt der FC Augsburg zunächst den aufmüpfige­n Widerständ­ler, fügt sich dann aber in die Rolle, die ihm zugedacht ist

- VON JOHANNES GRAF

Dortmund Als Michael Zorc um 14.27 Uhr seinen schwarzen LuxusSUV in der Tiefgarage der Dortmunder Fußballare­na abstellt, macht er kein fröhliches Gesicht. Ein Ordner sagt freundlich „Hallo“, dann gibt er dem BVB-Sportdirek­tor noch ein „viel Erfolg“mit auf den Weg. Zorc sagt „Danke“. Dem 58-Jährigen ist bewusst, welch bedeutsame­s Bundesliga­spiel in einer Stunde angepfiffe­n wird. Nach drei sieglosen Partien und dem Abrutschen auf Platz sieben sieht er sich einem nervösen Umfeld ausgesetzt, gegen den FC Augsburg muss die Trendwende gelingen. Weil sonst alles infrage gestellt wird. Trainer Edin Terzic natürlich, aber auch er. Im Sommer 2022 will er seine Tätigkeit beenden und ein bestelltes Feld übergeben.

Drei Stunden später hat Zorc die Gewissheit, dass in dieser Spielzeit trotz ausgewachs­ener Krise, Trainerwec­hsel und reichlich Unruhe das Saisonziel Champions-LeagueTeil­nahme noch erreicht werden kann. „Die Art und Weise war überzeugen­d. Das muss für uns der Weg sein“, betont Zorc.

Der FCA ist an diesem Nachmittag genau der richtige Gegner, um zurück in die Spur zu finden und den Ansprüchen zu entspreche­n. In der ersten Spielhälft­e gibt der Gast den aufmüpfige­n Widerständ­ler, der in Führung geht. In der zweiten Spielhälft­e erweist er sich hingegen als gefügig und ermöglicht einen ungefährde­ten 3:1 (1:1)-Erfolg.

Nach der Partie wollten sich die Protagonis­ten daher nicht groß aufregen. Die Unterlegen­en haderten nur kurz mit der verspielte­n Führung. Wohl wissend, dass ihnen eine Niederlage in Dortmund keiner übel nehmen werde. Augsburgs Trainer Heiko Herrlich wollte seine Spieler nicht kritisiere­n, attestiert­e ihnen, Kampf und Einsatz gezeigt zu haben. „Wir haben alles versucht und alles gegeben. Aber es hat einfach nicht gereicht“, meinte Herrlich und schob hinterher, was jeder beobachtet hatte: „Dortmund war einfach die bessere Mannschaft.“

Die Dramaturgi­e sah vor, dass die Augsburger früh in Führung gehen sollten. In der vergangene­n Spielzeit verhielt es sich ähnlich, damals hatte Florian Niederlech­ner den Favoriten in Dortmund geschockt. Diesmal übernahm André Hahn den Part. Weil kein Dortmunder im eigenen Strafraum Interesse zeigte, den FCA-Angreifer am Torabschlu­ss zu hindern, schickte er den Ball am fliegenden Marwin Hitz vorbei ins Netz.

Den Gegentreff­er kassierte der BVB unmittelba­r vor der Südtribüne, vor Europas größtem Stehblock. Und wer weiß, welche Wut den Stars entgegenge­schlagen wäre, hätten sich dort Fans statt schwarzer und gelber Plastiktüt­en befunden. So konnten die Dortmunder in bedächtige­r Stille die Bewältigun­g ihrer Krise aufnehmen. Die Augsburger verrammelt­en und verdichtet­en, doch der Deichbau blieb erfolglos. Mit ihren Angriffswe­llen durchdrang­en die Dortmunder die Abwehrreih­e ein ums andere Mal.

Als Augsburgs Verteidige­r Iago einen Schuss von Giovanni Reyna mit der Hand blockte, schien die Zeit des Ausgleichs gekommen. Erling Haaland donnerte den Ball vom Elfmeterpu­nkt aus jedoch ans Gebälk statt durchs Netz. Später bedauerte Augsburgs Kapitän Jeffrey Gouweleeuw zwar, die Führung nicht länger gehalten zu haben. Aber ob das die Erfolgsaus­sichten wirklich verbessert hätte? Sich allein aufs Verteidige­n zu verlassen, genügte gegen angestache­lte Dortmunder nicht. Nach dem Ausgleich durch Thomas Delaney blieb die Partie im Ergebnis offen, das spielerisc­he Übergewich­t sollte sich aber für den FCA erdrückend auswirken. Als die Augsburger nicht mehr jede Lücke zulaufen und die Dortmunder in Zweikämpfe verwickeln konnten, überrannte­n sie die Abwehrreih­e regelrecht. Jadon Sancho und Haaland enteilten vor den entscheide­nden Treffern.

Die Augsburger bemühten sich, die Partie schnell abzuhaken. Die Niederlage schien niemanden überrascht zu haben, der Blick richtete sich bereits auf die Partie gegen den

VfL Wolfsburg (Samstag, 15.30 Uhr/Sky). Sogar der sonst so kritische Torhüter Rafal Gikiewicz, der wiederholt prächtig reagiert hatte, zeigt sich diesmal zahm. „Wir gewinnen zusammen und verlieren zusammen. Gegen Wolfsburg werden wir einen neuen Anlauf nehmen.“Dortmund Hitz – Morey (78. Piszczek), Akanji, Hummels, Guerreiro (84. N. Schulz) – Brandt (75. Bellingham), Delaney – Rey‰ na, Reus (84. Dahoud), Sancho – Haaland Augsburg Gikiewicz – Oxford, Gouwelee‰ uw, Uduokhai – D. Caligiuri, Strobl, Gruezo (75. Civeja), Iago (77. Pedersen) – Hahn (65. Vargas), M. Richter (65. Jensen) – Nie‰ derlechner (65. Gregoritsc­h) Tore 0:1 Hahn (10.), 1:1 Delaney (26.), 2:1 Sancho (63.), 3:1 Uduokhai (75./Eigentor) Besondere Vorkommnis­se Haaland (Borussia Dort‰ mund) verschießt Handelfmet­er (21.) Schiedsric­hter Ittrich (Hamburg)

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Foto: Getty Images Den Augsburger­n gelang es zu selten, das Dortmunder Spiel auszuhebel­n. Einzelne Erfolgserl­ebnisse, wie jenes hier von Daniel Caligiuri gegen Thomas Delaney, waren die Ausnahme.

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