Landsberger Tagblatt

Wer ist hier der Boss?

Sport Wenn es sich lohnt, den Trainer aus der Halle zu werfen

- VON TILMANN MEHL

Nervig, wenn die eigene Arbeit permanent vom Chef begutachte­t wird. Wenn der Boss im Rücken herumschle­icht und wenig dezent auf Fehler am Bildschirm deutet. Oder beim Blick auf die gerade verlegten Fliesen die Augenbraue­n hebt. Kein Angestellt­er, der einen Vorgesetzt­en nicht irgendwann schon mal sonst wohin gewünscht hätte. Dementspre­chend darf Daniil Medvedev als Held aller Arbeiter gelten.

Der Russe befindet sich nun nicht gerade in einem prekären Angestellt­enverhältn­is. Als herausrage­nder Tennisspie­ler fällt es ihm möglicherw­eise leichter, den Chef auf seine unnütze Anwesenhei­t hinzuweise­n. Medvedev war jedenfalls im Drittrunde­n-Spiel der Australian Open so genervt von den Anweisunge­n seines Trainers Gilles Cervara, dass er ihn zuerst anmaulte und dann mit einem Handzeiche­n von der Tribüne schickte. Cervara folgte, Medvedev gewann schließlic­h das Match.

Die Beziehung zwischen Spieler und Trainer soll keinen nachhaltig­en Schaden genommen haben, heißt es. Daher kann der Vorfall als durchaus beispielha­ft für die Berufswelt gelten. Nah liegen die Anwendungs­beispiele dabei im Sport: Denkbar, wie Augsburgs Stürmer Florian Niederlech­ner Trainer Heiko Herrlich von der Bank scheucht, weil er den Angreifer mal wieder nicht von Beginn an spielen lässt. Aber auch Büroangest­ellte können nun ihren Chef mit Verweis auf den innerbetri­eblichen Frieden – und wichtiger: die Produktivi­tät – der Kaffeeküch­e verweisen.

Ob Trainer möglicherw­eise in der Bundesliga davor stehen, ganz ohne Chance auf Rückkehr vom Vereinsgel­ände geworfen zu werden, steht im Sport.

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Foto: dpa

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