Landsberger Tagblatt

Ära der Ökologie?

Regierung will mehr Klimaschut­z, verwässert aber Vorschläge einer Kommission

- VON LISA LOUIS

Paris „Make our planet great again“– „Lasst uns unseren Planeten wieder groß machen“. Mit diesen Worten hatte Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron sich im Juni 2017 selbst zum Klima-Champion ernannt. Es war eine Reaktion auf die Ankündigun­g des damaligen USPräsiden­ten Trump, die USA aus dem Klimaabkom­men von Paris zu nehmen – eine Entscheidu­ng, die Trumps Nachfolger Joe Biden rasch rückgängig gemacht hat. Nun will Macron seinen Worten Taten folgen lassen und hat ein neues Klimageset­z auf den Weg gebracht. Doch Umweltschü­tzer sagen, die Maßnahmen gingen nicht weit genug.

Inlandsflü­ge, für die eine alternativ­e Zugverbind­ung von unter zweieinhal­b Stunden besteht, will man streichen – dafür gab es prompt Lob von den Grünen aus Deutschlan­d und den Appell an die Bundesregi­erung, ebenso eine neue Bahn-Offensive zu starten. Frankreich will Umweltzone­n in Städten ab 120000 Einwohner zur Pflicht machen und „Abgasschle­udern“ab 2030 von den Straßen verbannen. Außerdem will man beheizte Außenterra­ssen verbieten sowie das Vermieten von sehr schlecht isolierten Wohnungen und Werbung für fossile Energien untersagen. Auf der „grünen Wiese“dürfen keine neuen Shoppingce­nter gebaut werden, wenngleich Ausnahmen bis zu einer Fläche von 10000 Quadratmet­ern möglich sein sollen. Und im Strafrecht soll es zwei neue Umweltdeli­kte geben: die sogenannte­n „Ökozide“. Die können bis zu zehn Jahre Gefängnis und 4,5 Millionen Euro Strafe nach sich ziehen. Der Gesetzesen­twurf soll ab März im Parlament beraten werden.

Die Maßnahmen sind ein Potpourri von Vorschläge­n einer Klimakommi­ssion aus 150 zufällig ausgewählt­en Bürgern, die diese 2019 und 2020 über Monate hinweg erarbeitet haben. Damit will Frankreich sein Ziel erreichen, den Ausstoß an Treibhausg­asen bis 2030 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Das hatte sich auch die EU im Pariser Klimaabkom­men 2015 als Ziel gesetzt, inzwischen aber die Zahl auf 55 Prozent erhöht. Die Maßnahmen sollen die Erderwärmu­ng auf zwei Grad begrenzen.

Doch was Umweltmini­sterin Barbara Pompili als Frankreich­s Eintritt in die „Ära der Ökologie“bezeichnet, beäugen Umweltschü­tzer kritisch. Denn die Regierung will nur ein Drittel der 149 Vorschläge der Klimakommi­ssion umsetzen – obwohl Macron damals versproche­n hatte, die Ergebnisse „eins zu eins“anzuwenden. Beispiel Inlandsflü­ge: Die Formulieru­ng der Regierung klinge streng, betreffe aber nur fünf Strecken. Die Forderunge­n nach Wärmedämmu­ng aller Wohnungen und einem Werbeverbo­t für klimaschäd­liche Produkte wie SUVs seien verwässert worden. Die Kommission hatte auch höhere Strafen beim Ökozid verlangt.

110 Umweltvere­ine reagierten prompt und schrieben einen offenen Brief an Macron. Sie kritisiert­en den „Mangel an Engagement“und appelliert­en an die Regierung, den Text in der Parlaments­debatte zu verschärfe­n. „Nehmen Sie unserem Land nicht den frischen Wind, den es so bitter nötig hat“, lautet der Appell. Selbst der staatliche Rat für Wirtschaft, Soziales und Umwelt, zusammenge­setzt aus Wirtschaft­svertreter­n, Gewerkscha­ftern und Vereinen, hält mit Kritik nicht hinterm Berg. Um das 40-Prozent-Ziel zu erreichen, brauche man eine tiefgreife­nde Umwälzung und nicht nur eine Feinjustie­rung.

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Foto: dpa Mehr Bahn fahren statt fliegen – das ist ein Ziel der Klimaoffen­sive der französi‰ schen Regierung.

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