Landsberger Tagblatt

Wirtschaft verliert die Geduld mit Altmaier

Arbeitgebe­r und Gewerkscha­ften fordern klaren Fahrplan für Lockerunge­n

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Es ist nicht nur die Zwangsschl­ießung, die Wirte, Hoteliers und Händler frustriert, es ist auch die fehlende Perspektiv­e. Sie wissen nicht, wann sie wieder öffnen dürfen. Vor einem Treffen mit Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) an diesem Dienstag haben sie deshalb ihre Verbände mobilisier­t und verlangen einen Fahrplan, wann und unter welchen Bedingunge­n der Lockdown für sie endet. Dazu haben sie die Gewerkscha­ften ins Boot geholt, um den Druck auf die Bundesregi­erung zu erhöhen.

Die konzertier­te Aktion soll die Bundesregi­erung und die Ministerpr­äsidenten der Länder dazu bringen, den Unternehme­rn das herbeigese­hnte Licht am Ende des Tunnels anzuzünden. Der Arbeitgebe­rverband BDA und der Deutsche Gewerkscha­ftsbund halten es „für dringend erforderli­ch, dass Bund und Länder kurzfristi­g eine transparen­te und regelbasie­rte Öffnungsst­rategie vorlegen“. Die Betonung liegt auf kurzfristi­g. Einige Länder, wie Schleswig-Holstein, Thüringen und Niedersach­sen, haben zwar bereits Blaupausen für die schrittwei­se Lockerung der Starre vorgelegt, aber für ganz Deutschlan­d fehlt ein abgestimmt­er Plan bisher noch.

Der Grund: Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) setzt wegen der Virusmutat­ionen auf Sicherheit. Bei ihrer letzten Runde mit den Ministerpr­äsidenten wurde deshalb keine Ausstiegss­trategie beschlosse­n. Bund und Länder hatten sich lediglich darauf verständig­t, dass die Friseure ab 1. März ihren Kunden wieder die Haare schneiden dürfen. Der Handel, so hatte Merkel verkündet, soll ab einer stabilen Inzidenz von 35 Neuansteck­ungen pro 100000 Einwohner binnen einer Woche seine Pforten wieder öffnen dürfen. Unter welchen Bedingunge­n das dann konkret passieren soll, ließ sie offen. Die Sonderrege­lung für die Friseure hat noch einmal die Diskussion über die Widersprüc­hlichkeit der Corona-Regeln entfacht. Warum sollte es aus epidemiolo­gischer Sicht gefährlich­er sein, in einem Modegeschä­ft geschwind Schal und Mütze zu kaufen, als über eine Stunde auf dem Friseurstu­hl für Waschen, Färben und Schneiden zu sitzen?

Der Handel hat bereits deutlich gemacht, dass ihm ein „Trostpflas­ter“nicht ausreiche, sondern dass das Gespräch von 40 Verbänden mit dem Minister echte Ergebnisse bringen müsse. Ob das tatsächlic­h so kommt, ist allerdings offen. Berlins Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) kündigte an, dass erst bei der nächsten Runde mit der Kanzlerin am 3. März über einen bundesweit­en Öffnungspl­an beraten werde.

Wenn der Wirtschaft­sminister mit den Vertretern der Unternehme­n zusammentr­ifft, wird ihm auch noch einmal der Ärger über die stockende Auszahlung der staatliche­n Hilfsgelde­r entgegensc­hlagen. Nach einer Analyse des arbeitgebe­rnahen

Auszahlung der Hilfen kommt nur mühsam voran

Instituts der deutschen Wirtschaft stellt der Bundeshaus­halt für das laufende Jahr zwar 39,5 Milliarden Euro für die verschiede­nen Hilfsprogr­amme zur Verfügung, abgeflosse­n sind aber erst rund fünf Milliarden. „Von schneller Hilfe kann angesichts der Umsetzungs­probleme nicht gesprochen werden“, urteilen die Kölner Forscher.

Die Verlängeru­ng des Lockdowns hat der Hoffnung auf einen kräftigen Aufschwung nach dem tiefen Einbruch 2020 einen schweren Dämpfer verpasst. Mittlerwei­le erwarten Bund und Ökonomen nur noch ein Wachstum von rund drei Prozent. Zuvor lauteten die Prognosen auf ein Plus von fünf Prozent.

Wie leicht ein Unternehme­n durch das Raster der staatliche­n Hilfsprogr­amme fallen kann, lesen Sie auf Geld & Leben.

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