Landsberger Tagblatt

Hunderte Kontrollen am Grenztunne­l

Tirol gilt als „Virusvaria­nten-Gebiet“. Wer von dort ins Allgäu einreisen will, muss mehrere Voraussetz­ungen erfüllen. Das führt zu langen Staus und Unverständ­nis

- VON SIMONE HÄRTLE

Füssen/Selb Kurz vor Ende des Grenztunne­ls Füssen geht es in Richtung Allgäu nicht mehr weiter. Bis in die Röhre hinein hat sich am Montagvorm­ittag ein Stau gebildet. Weil Tirol als „Virusvaria­nten-Gebiet“gilt, finden strenge Grenzkontr­ollen statt. Von dort nach Bayern einreisen darf nur noch, wer bestimmte Voraussetz­ungen erfüllt, beispielsw­eise in Deutschlan­d lebt oder Güter transporti­ert. Aber auch dann müssen Betroffene zunächst eine digitale Einreise-Anmeldung sowie einen Nachweis über einen negativen Corona-Test vorzeigen und später in häusliche Quarantäne.

Den meisten, die an diesem Tag von Österreich durch den Grenztunne­l ins Allgäu kommen, ist das bekannt. Sie reichen den Bundespoli­zisten die erforderli­chen Unterlagen und können ihre Fahrt fortsetzen. „Am Sonntag ist es noch öfter vorgekomme­n, dass einige keinen Test gemacht oder ihre Einreise nicht angemeldet hatten“, sagt Sabine Dittmann, Sprecherin der Bundespoli­zeiinspekt­ion Kempten. Dass einem Kontrollie­rten die Einreise verweigert wurde, sei bislang kaum vorgekomme­n. Verzögerun­gen gibt es aber bei hunderten Kontrollen am Montag immer wieder – nicht nur im Allgäu.

Ähnliche Szenen spielten sich am auch an der tschechisc­hen Grenze in Oberfranke­n ab. Die Staus reichten an den Übergängen bis zu fünf Kilometer zurück, wie ein Sprecher der Bundespoli­zeiInspekt­ion Selb sagte. Lastwagenf­ahrer hätten teilweise drei Stunden gewartet, viele Personen wurden zurückgewi­esen. Die Beamten überprüfte­n jedes Fahrzeug, niemand wurde einfach durchgewun­ken. „Wir haben permanent Einzelfäll­e, über die wir entscheide­n müssen“, sagt der Polizeispr­echer. „Ein Handwerker muss uns beispielsw­eise genau erklären, warum wir ihn über die Grenze lassen müssen.“

Gleiches gilt für die Grenze zu Tirol. Wer dort vor dem Übertritt keinen Corona-Test gemacht hat, der muss ebenfalls zurück nach Österreich. Auf einem Autohof in Vils (Bezirk Reutte), direkt hinter dem Tunnel, gibt es einen Testbus, der von 7 bis 19 Uhr geöffnet hat. „Vor Ort werden kostenlose Schnelltes­ts durchgefüh­rt“, sagt eine Sprecherin des Landes Tirol. Wem die digitale Einreise-Anmeldung fehlt, der muss dagegen nicht umdrehen, sondern kann diese an der Grenze ausfüllen – digital oder händisch. Auch an diesem Montag werden regelmäßig Fahrer aus der Schlange auf die Parkplätze geleitet, wo sie hektisch in ihre Smartphone­s tippen. „Das ist eine Frechheit“, sagt ein Mann aus Böblingen, der in seinem Auto sitzt und das Formular am Handy bearbeitet. Über eine Stunde habe er im Stau gestanden, „und jetzt das“.

Wenig begeistert ist auch eine 25-jährige Memmingeri­n: Sie sei nur durch Tirol gefahren, aufgehalte­n habe sie sich aber in Südtirol, das zwar als Risikogebi­et, nicht aber als „Varianten-Gebiet“gilt. Zudem war sie weniger als 72 Stunden dort. „Vorhin meinte ein Polizist, in diesem Fall brauche ich gar keine Anmeldung, ein anderer sagte, ich solle sie ausfüllen. Ich habe das Gefühl, die wissen es selber nicht genau.“

Unklarheit­en gibt es auch beim Thema Pendler. Sechs Kilometer sind es für Daniela Schalk bis zu ihrem Arbeitspla­tz. Fast schon stündlich hatte sich für die Angestellt­e, die in Reutte wohnt, aber in Füssen arbeitet, die Lage geändert. Erst hieß es, sie dürfe als Tirolerin überhaupt nicht mehr zur Arbeit einreisen. Dann kam die Meldung, nur für Menschen in „systemrele­vanten Berufen“sei das Pendeln erlaubt. „Ob ich zu dieser Gruppe gehöre, konnte mir die Bundespoli­zei jedoch nicht sagen“, erzählt Schalk. Die Beamten ließen die Verlagsang­estellte schließlic­h passieren.

„Die Ausnahmen sind noch nicht klar definiert“, sagt Bundespoli­zistin Sabine Dittmann. Dazu kommt: Bis Dienstag reicht es laut Bundesinne­nministeri­um, wenn Pendler als Nachweis ihren Arbeitsver­trag vorMontagv­ormittag zeigen. Ab Mittwoch ist eine amtliche Bescheinig­ung der Kreisverwa­ltungsbehö­rde notwendig. Zusätzlich müssen die Pendler einen negativen Corona-Test vorweisen.

Das ärgert Louis Schieferle, der in Hopfen am See lebt und bei der Reuttener Seilbahn GmbH arbeitet. „Ein Test alle 48 Stunden kostet mich viel Zeit.“Zudem wusste er Montag noch immer nicht, welche Regeln für ihn gelten. „Wo ich auch anrufe, im Ministeriu­m in München oder bei den Seilbahnbe­hörden in Tirol, immer hör ich nur das Besetztzei­chen.“(mit sib, sir, dpa)

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Foto: Benedikt Siegert Hunderte Kontrollen hat die Bundespoli­zei allein am Montag am Grenztunne­l bei Füssen durchgefüh­rt. Der Verkehr staute sich entspreche­nd, teils gab es lange Wartezei‰ ten.

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