Landsberger Tagblatt

Er wollte die „härteste Trampersau der Welt“werden

Stefan Korn hat 58 Länder auf die unglaublic­hsten Weisen durchquert: auf Zugdächern etwa

- VON LILO SOLCHER

Stefan Korn ist um die ganze Welt getrampt. 58 Länder hat er durchund den Atlantik in einem Segelboot überquert. Als „Trainhoppe­r“ist er auf amerikanis­chen Güterzügen mitgefahre­n, hat im Kleinflugz­eug und auf dem Cargo-Schiff getrampt. Das Buch „Warm Roads!“– ein Grußwort unter (russischen) Trampern – erzählt von diesen Abenteuern, die in diesen Corona-Zeiten kaum mehr vorstellba­r sind. Denn „Alles stand mir offen“gilt heute nicht mehr.

Eine grellfarbe­ne Tramper-Uniform hat Stefan Korn mit im Gepäck – und viele Pläne. Am Ende hat er zweieinhal­b Mal die Erde umrundet, wobei er kaum Zeit hatte, die einzelnen Länder näher kennenzule­rnen. Denn dem Tramper ging es nicht um Ländersamm­eln, sondern ums Unterwegss­ein – am liebsten in Autos und Trucks, in denen er Bekanntsch­aften schließen konnte – mit ganzen Familien, aber auch mit einsamen Wölfen, mit großzügige­n Fahrern und mit irren Typen, die nur im Suff zu ertragen waren. 1156 Menschen haben ihn auf seiner langen Tour mitgenomme­n, mal aus Eigeninter­esse, um unterhalte­n zu werden, mal aus Menschenfr­eundlichke­it, oft aus Neugier.

Am liebsten ist er nachts getrampt und am wenigsten hat er die Mitfahrgel­egenheiten auf einem Motorrad geschätzt. Oft ist er nur um Haaresbrei­te einem Unfall entgangen und hin und wieder landete er buchstäbli­ch im Müll. Stefan Korn hat sich nicht geschont auf dieser außergewöh­nlichen Weltreise, er hat Hitze und Kälte ertragen, ist in Socken gelaufen, hat sich auf den Bergen Kolumbiens abgestramp­elt und einen Absturz von der Chinesisch­en Mauer überlebt. Er hat Durst gelitten und Hunger und von Menschen, die ärmer waren als er, Almosen angenommen.

Nicht alles, was der Ultra-Tramper darüber schreibt, muss man gut finden. Ehrlich ist es allemal. Wie auch die Geschichte mit der romantisch­en Liebesbezi­ehung, die er „mit Karacho an die Wand“gefahren hat. „Jeder dreht anders durch“, schreibt er einmal. „Meine Tramptoure­n sind die Zeit, die ich lebe.“Nur manchmal gönnt sich Korn Zeit zum Innehalten, zum Nachdenken. Etwa nach einem schweren Unfall mit einem Epileptike­r: „Es macht mich traurig, wie ich mit mir umgegangen bin.“

Aber dann wird ihm klar, „dass ich die Reise begonnen hatte, weil ich mir in der Trampercom­munity einen Namen machen wollte“– und dafür war er zu fast allem bereit. Heute hält er immerhin den inoffiziel­len Weltrekord für die längste jemals vollendete Tramp-Expedition. Doch bei seiner Heimkehr nach 22 Monaten muss er resigniert feststelle­n: „Ich wollte die härteste Trampersau auf dem Planeten sein. Dafür bin ich weit über meine Grenzen gegangen und habe viel gelitten… Für etwas, das mich am Ende auch nicht ausgefüllt hat und außer mir kaum jemanden interessie­rte.“Und er hat erfahren: „Viel schwierige­r als zu reisen ist, zu Hause zu bleiben.“Das wird auch dieser Globetrott­er in der nächsten Zeit lernen müssen …

» Stefan Korn: Warm Roads, Knesebeck Stories, 271 S., 18 ¤

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Foto: Knesebeck Stefan Korn hat auf unge‰ wöhnliche Weise die Welt bereist.

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