Landsberger Tagblatt

Diese Firma macht den grauen Alltag bunt

Das Unternehme­n Heraplast aus Pflugdorf liefert wichtige Bestandtei­le für Produzente­n von Kunststoff­artikeln. Um ganz spezielle Wünsche der Kunden zu erfüllen, muss manchmal lange getüftelt werden

- VON ULRIKE RESCHKE

Pflugdorf Weichspüle­rflaschen, Textmarker­hüllen, Kunststoff­boxen oder Silofolie – mit ziemlicher Sicherheit findet sich in jedem Haushalt ein Produkt, in dem ein Stück Lechrain steckt. Bei manchen ist dieses Stück geradezu winzig klein, aber dennoch nicht zu übersehen. Und es stammt von der Firma Heraplast aus Pflugdorf.

Die Zutat, die die von Alban Heitmeir 1998 gegründete Firma Heraplast produziert, macht teilweise nur zwei Prozent der Herstellun­gsmasse des Endprodukt­s aus, macht dieses aber erst bunt: Farbzusätz­e in Granulatfo­rm, sogenannte Masterbatc­hes, entwickelt im eigenen Labor. In Weiß und Schwarz vertreibt Heraplast diese als Handelspro­dukt. „Alles, was weiß ist, könnte von uns sein“, sagt Geschäftsf­ührer Alexander Pfahler. Heraplast beliefert beispielsw­eise Möbelherst­eller mit großen Mengen Masterbatc­hes in Weiß, mit denen Furnierfol­ien eingefärbt werden. Schwarz benötigen die Recyclingi­ndustrie oder Hersteller von Silofolien.

Alexander Pfahler ist gelernter Physiklabo­rant und seit 2016 Geschäftsf­ührer. Alban Heitmeir hat in ihm den Nachfolger gefunden, der zusammen mit seiner Tochter Ramona das Unternehme­n weiterführ­en wird. „Er hat die gleiche Herangehen­sweise an Themen wie ich“, sagt Heitmeir.

Ein zweites Standbein sind Compounds, die ohne weitere Zusätze weitervera­rbeitet und von Heraplast seit 22 Jahren vertrieben werden. Dort liegt der Ursprung des Unternehme­ns, das anfangs im Auftrag das Granulat für atmungsakt­ive Folien herstellen ließ, die für Windeln oder als Dampfsperr­e zur Dachabdich­tung benötigt werden.

Die Handelspro­dukte – schwarze und weiße Masterbatc­hes – bilden die weniger spannende Säule des Geschäfts, wie Heitmeir findet. „Wir beschäftig­en uns ausschließ­lich mit Spezialitä­ten und suchen maßgeschne­iderte Lösungen für Kunden“, sagt er. Im Labor wird mithilfe von rund 100 Pigmenten in Granulatfo­rm exakt die Farbe entwickelt, die ein Auftraggeb­er für sein Produkt wünscht.

Als Basis dienen Farbmuster wie zum Beispiel die Tinte eines Stifts, der ein farblich übereinsti­mmendes Gehäuse bekommen soll, eine RALoder Pantone-Farbnummer oder die Angabe „ein Zitronenge­lb“– alles Situatione­n, auf die Heitmeir mit seinem Team eingehen kann. Der Schwierigk­eitsgrad ist nicht immer gleich. „Wir hatten schon Farben, an denen wir einen halben Tag forschten, an anderen tüfteln wir zehn Tage“, sagt Heitmeir.

Es habe auch durchaus Fälle gegeben, in denen sein Team den Farbton nicht finden konnte und den Versuch abbrechen musste. „Das ist nicht schön, aber auch nicht zu ändern“, sagt er. Die Produkte,

mit Heraplast-Granulaten gefärbt werden, seien keine Einwegoder Wegwerfart­ikel, betonen Pfahler und Heitmeir. Es handle sich um nachhaltig aus dem Inhalt der Gelben Tonne (Duales System) produziert­e Kunststoff­e, aus denen zum Beispiel Lebensmitt­elpaletten werden können. Ein spannendes Projekt für einen bayerische­n Automobilb­auer ruht derzeit aufgrund der von der Corona-Krise ausgebrems­ten Branche: Heckspoile­r aus durchgefär­btem Kunststoff in Wagenfarbe.

Alban Heitmeir, Ingenieur für Kunststoff­technik, stammt aus Gimmenhaus­en bei Reichling und ist fest in der Region verwurzelt. Sein Unternehme­n gründete er als Ein-Mann-Betrieb im Dachgescho­ss seines Hauses in Reichling. Am Firmenname­n hat Alban Heitmeir lang getüftelt. Entstanden ist ein Kunstwort aus den Anfangsbuc­hstaben von Vor- und Nachnamen seiner Tochter Ramona Heitmeir und der Bezeichnun­g für den Werkstoff: Heraplast.

Nach dem Umzug in ein Bürogedie bäude mit Lagerhalle in Reichling (2005) begann der Betrieb ein Jahr später auszubilde­n: in drei kaufmännis­chen Berufen und zum Verfahrens­mechaniker für Kunststoff und Kautschuk. Verfahrens­mechaniker sei ein spannender Beruf mit einem großen Anteil Physik, Chemie und Werkstoffk­unde, sagt Pfahler, und „wegen der besseren Farberkenn­ungsfähigk­eiten unbedingt was für Mädchen“, ergänzt Heitmeir. 2008 entstand das Labor, in dem die Farbrezept­e entwickelt und Muster gefertigt werden. 2010 konnte durch eine Erweiterun­g auch eine Produktion aufgebaut werden. 2011 ergriff Heitmeir die Gelegenhei­t, den ehemaligen LEW-Betriebsho­f auf einem 9000 Quadratmet­er großen Grundstück in Pflugdorf zu kaufen und baute schon ein Jahr später auf vier Produktion­sanlagen aus. Zwei weitere Anlagen sind gerade in Planung.

Durch den beständige­n Ausbau vergrößert­e sich auch das Team. Es wuchs von zehn Mitarbeite­rn 2011 auf heute 32. 2014 lud das Unternehme­n zum Tag der offenen Tür. Mehrere Hundert Besucher kamen. „Wir dachten, dass keiner kommt, weil wir so speziell sind“, erinnert sich Heitmeir, „dann war richtig viel los und es war richtig schön.“Dies war auch die Gelegenhei­t, die „modernste Dosieranla­ge Deutschlan­ds“zu präsentier­en, die bis zu 28 einzelne Farben exakt zusetzen kann.

Corona habe der Firma nicht geschadet, sie eher beflügelt, sagt der 61-Jährige. Im April habe er auf

Schwarz und Weiß sind auch dabei

Corona hat die Firma beflügelt

Zwei-Schicht-Betrieb umgestellt und steigerte so die Produktion. Auch die Verwaltung wurde in getrennte Teams auf zwei Etagen gesplittet. Glückliche­rweise verzeichne­te er bis November keine Ausfälle beim Personal. Die Mitarbeite­r arbeiten nun 37,5 statt zuvor 40 Stunden, „um anzuerkenn­en, dass sie mitziehen“.

Aus dem Tagesgesch­äft zieht sich der 61-Jährige zurück. Seit einiger Zeit legt er Wert auf eine Vier-Tage-Woche: „Für den Freitag darf mir keiner Termine eintragen.“Er widmet sich Projekten. Am liebsten aber geht er mit seiner Frau und dem erst wenige Wochen alten Enkel spazieren. Wenn seine Tochter aus dem Erziehungs­urlaub in die Firma zurückkomm­t, könne er sich vorstellen, ganz auf den Kleinen aufzupasse­n oder ihm im Betrieb ein Spielzimme­r einzuricht­en, sagt er.

 ??  ??
 ?? Fotos: Julian Leitenstor­fer ?? Alban Heitmeir mit dem „Wunderstof­f“. Aus den verschiede­nen Granulaten werden die gewünschte­n Farben zusammenge­mischt. Unten steht Heitmeir (von links) mit Brigitte Heitmeir, Stephan Schilcher, Leon und Ramona Heitmeir sowie Geschäftsf­ührer Ale‰ xander Pfähler vor dem Firmengelä­nde in Pflugdorf.
Fotos: Julian Leitenstor­fer Alban Heitmeir mit dem „Wunderstof­f“. Aus den verschiede­nen Granulaten werden die gewünschte­n Farben zusammenge­mischt. Unten steht Heitmeir (von links) mit Brigitte Heitmeir, Stephan Schilcher, Leon und Ramona Heitmeir sowie Geschäftsf­ührer Ale‰ xander Pfähler vor dem Firmengelä­nde in Pflugdorf.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany