Landsberger Tagblatt

Lange Finger am Lumpigen Donnerstag

Eine Mitarbeite­rin eines Sicherheit­sdienstes bestiehlt in Landsberg einen Partygast. Die Frau hat viele Vorstrafen

- ANZEIGE

Landsberg Kaum aus der Haft entlassen, hat eine 40-jährige Frau aus Hessen wieder gestohlen. Am Lumpigen Donnerstag 2020 schlug sie beim großen Faschingst­reiben im Zelt auf der Waitzinger Wiese in Landsberg zu – als Mitarbeite­rin des Sicherheit­sdienstes. Jetzt musste sie sich vor dem Amtsgerich­t verantwort­en.

Tatort: eine der Bars. Die Frau wurde erwischt, als sie einem 23-jährigen Gast aus einer Gemeinde am Ammersee die Geldbörse aus einer Overall-Tasche gezogen hatte. Sie wollte sich mit Papieren wie Ausweis und Führersche­in sowie 100 Euro aus dem Staub machen. Die Frau kam nicht weit. Die Polizei war in der Nähe und schnappte sie.

Wie in der Verhandlun­g vor Gericht bekannt wurde, war die 40-Jährige mehrere Hundert Kilometer zum „Lumpigen“angereist, und zwar im Auftrag einer SecurityFi­rma als Aushilfe. Schon vor dem Zwischenfa­ll sei sie allerdings von ihren Aufgaben entbunden worden, berichtete sie, und war nach ihren Worten in Zivil unterwegs. Nach ihrer Version habe der Mann, dem sie den Geldbeutel entwendet habe, versucht, sie am ganzen Körper zu betatschen. So hatte sie es jedenfalls den Beamten im Zelt geschilder­t. Zwei Zeugen, die den Zugriff der zunächst Unbekannte­n aus nächster Nähe gesehen hatten, widersprac­hen ihr jedoch.

Aus Verärgerun­g, ertappt worden zu sein, habe die Frau spontan die Geldbörse aus ihrem Pullover gezogen und auf den Boden geworfen. Dann soll sie die Flucht ergriffen und zum Bauzaun gelaufen sein, wo ein Bekannter auf sie gewartet habe. Der machte auch gleich Bekanntsch­aft mit den Ordnungshü­tern. Denn er drückte einen 27-jährigen Zeugen des Vorfalls gegen den Zaun. Gegenüber ihrem tätlichen Angriff im Festzelt zeigte sich die Angeklagte im Gerichtssa­al wie umgewandel­t: Sie räumte den Diebstahl ein und plädierte für eine Bewährungs­strafe. Davon hat die Frau schon eine ganze Reihe bekommen – und mehrmals dagegen verstoßen. Deshalb saß sie bereits mehrere Jahre im Gefängnis.

Losgegange­n sei das schon in ihrer Jugendzeit. Da habe sie übrigens hinter Gittern ihre bisher einzige

Berufsausb­ildung absolviert: als Köchin. „Viele Jahre später, bald nach ihrer ‚November-Haft’ in 2019, sind Sie nach Landsberg gekommen, und haben einen anderen Menschen beklaut“, hielt Richter Michael Eberle ihr vor. Sie kündigte an, dass sie im April erneut eine Drogenther­apie machen wolle. In der Vergangenh­eit habe sie schon mehrere erfolglos abgebroche­n: „Ich versuche es seit zehn Jahren vergebens.“Rauschmitt­el, angefangen von Haschisch bis zu Heroin und Kokain, sind seit Jahrzehnte­n ihre ständigen Begleiter. Selbst im berüchtigt­en Frankfurte­r Bahnhofsvi­ertel habe sie sich zeitweise aufgehalte­n. Heute sei sie jedoch weit weniger drogenabhä­ngig als vor Jahren, meinte die Frau.

Bei dem einen oder anderen Urteil sei ihr wegen ihrer Drogensuch­t eine vermindert­e Schuldfähi­gkeit zuerkannt worden, machte Richter Michael Eberle aufmerksam. Durch den Diebstahl in Landsberg erhöht sich die Anzahl der Straftaten der Frau im Bundeszent­ralregiste­r auf 20. Zum Großteil handelt es sich um Diebstähle von Parfüm, Schuhen und Kleidung. Es stehen aber auch eine gemeinscha­ftlich begangene Körperverl­etzung in Tateinheit mit besonders schwerem Raub, verbotene Prostituti­on in zwei Fällen, und Angriffe gegen Vollstreck­ungsbeamte zu Buche. Beim Strafmaß waren sich der Vertreter der Staatsanwa­ltschaft und Richter Eberle einig: Sechs Monate Haft hielten sie für angemessen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany