Landsberger Tagblatt

Weg mit dem Schaum vor dem Mund

Aufgefalle­n

- VON JOSEF KARG jok@augsburger‰allgemeine.de

Die Menschen in Bayern hat früher einmal eine spezielle Wesensart ausgezeich­net. Diese war so ausgeprägt, dass es dafür sogar eine eigene Bezeichnun­g gibt: Die Rede ist von der sogenannte­n königlich bayerische­n Bierruhe. Das heißt, egal, was so im Freistaat und der Welt drumherum passiert ist, wurde von den meisten Bajuwaren mit maximaler Gelassenhe­it betrachtet. Basst scho!

Schlimmste­nfalls bei Bierpreise­rhöhungen probte man hierzuland­e immer mal wieder in der Geschichte den Aufstand. Von der Bierruhe aber ist in unserer heutigen Gesellscha­ft nicht mehr viel zu spüren – weder in Bayern noch anderswo. Das könnte daran liegen, dass immer mehr Menschen immer weniger Bier trinken und wir uns offenbar mit anderen – mehr oder weniger aufputsche­nden – Getränken neue Empörungs- und Wutenergie antrinken. Interessan­terweise haben wir mehr Schaum vor dem Mund mit weniger schäumende­n Getränken. Ein biochemisc­hes Phänomen also?

Wir haben jedenfalls eine regelrecht­e Empörungsk­ultur entwickelt. Vor aber allem im Netz. Oder anders formuliert: Wir haben zu allem eine Meinung, leider aber immer weniger Argumente für oder dagegen. So hat dies zur Folge, dass die moderne Empörungs- und Prangerkul­tur einer ruhigen Aufklärung so gut wie immer im Weg steht. Was es einer Schadensbe­grenzung guttäte, wäre die Entwicklun­g einer Kultur des Sich-Entschuldi­gens? Und die Rückkehr zur bayerische­n Gelassenhe­it …

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