Landsberger Tagblatt

Corona‰Zahlen steigen trotz Lockdown wieder

Was die neue Entwicklun­g für mögliche Lockerunge­n bedeuten könnte

- VON CHRISTIAN GRIMM UND MARKUS BÄR

Berlin Überall in Deutschlan­d zieht es die Menschen in den ersten Frühlingst­agen hinaus in die Natur, in Parks und auf Spielplätz­e. Ein Land atmet durch und hofft auf bessere Zeiten. Doch das Coronaviru­s droht diese Hoffnung im Keim zu ersticken. Die Zahlen weisen trotz strenger Beschränku­ngen in die falsche Richtung. Am Sonntag meldete das Robert-Koch-Institut 7676 Neuansteck­ungen binnen eines Tages. Das sind anderthalb Tausend mehr als am Sonntag vor einer Woche. Auch die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz erhöhte sich auf bundesweit 60,2. Der Wert misst die Neuinfizie­rten pro 100000 Einwohner im Zeitraum von einer Woche. Die Reprodukti­onszahl liegt wieder über 1, was auf eine stärkere Ausbreitun­g des Virus hinweist.

Damit tritt zeitgleich zum Frühlingsw­etter die Entwicklun­g ein, vor der die Virologen und auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel gewarnt haben. Die Mutationen des Erregers machen diesen ansteckend­er, was die Wahrschein­lichkeit deutlich erhöht, dass es zu Ausbrüchen kommt. Für alle, die sich nach Normalität sehnen, aber vor allem für Wirtsleute, Händler, Hoteliers und Kinobetrei­ber sind das schlechte Nachrichte­n.

In den vergangene­n Tagen hatte die Diskussion um Öffnungen Tempo aufgenomme­n. Die vom Lockdown betroffene­n Branchen forderten ein Treffen mit der Kanzlerin und einen Stufenplan, wann sie wieder aufmachen dürfen. Doch diese Debatte war getrieben von sinkenden Infektions­zahlen. Stecken sich nun bei gleichblei­bendem Seuchensch­utz wieder mehr Menschen mit dem Coronaviru­s an, entfällt das wichtigste Argument der ÖffnungsBe­fürworter.

Bundeskanz­lerin Merkel hält es erst für vertretbar, Geschäfte, Kinos, Museen und Theater wieder aufzumache­n, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz stabil bei einem Wert von 35 liegt.

Dennoch wird es wohl dabei bleiben, dass kleine Kinder wieder zurück in Kindergärt­en und Grundschul­en gehen dürfen. In allen Parteien ist der Rückhalt dafür da. Der Chef des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, hatte am Freitag betont, dass das unter Einhaltung der Hygienekon­zepte möglich sei. Diese müssten dann aber auch strikt eingehalte­n werden, mahnte er. Um Lehrer und Schüler besser zu schützen, wird zudem eine Änderung der Impfreihen­folge diskutiert: Schon Anfang der Woche könne die Entscheidu­ng fallen, ob Beschäftig­te an Grundschul­en und Kitas schneller an die Reihe kommen sollen.

Nicht abzusehen ist derzeit, ob das durch Mutationen zurückschl­agende Virus wieder die Intensivst­ationen an die Belastungs­grenze führen wird. Derzeit kämpfen dort knapp über 3000 Corona-Patienten mit dem Tod. Anfang des Jahres waren es beinahe 6000. Die Impfungen könnten dazu beitragen, die Lage in den Kliniken beherrschb­ar zu halten. Der Präsident der deutschen Intensivme­diziner (DIVI), Gernot Marx, appelliert­e deshalb in einem Interview mit unserer Redaktion an die Bevölkerun­g: „Lassen Sie sich impfen – auch mit AstraZenec­a.“

Marx geht davon aus, dass Deutschlan­d die Corona-Pandemie so in der zweiten Jahreshälf­te unter Kontrolle bekommen kann. „Wenn sich jetzt alle Menschen bald gut durchimpfe­n lassen, dann könnte es sein, dass wir Corona Ende des dritten Quartals 2021, also im Herbst, im Griff haben“, sagte er unserer Redaktion. Die Gefährlich­keit der Mutationen treibt den Mediziner aber dennoch um. „Ich muss es klar sagen und in dieser Woche wollen wir das noch näher debattiere­n: Wir gehen von einer dritten Welle aus“, sagte er. Das ganze Interview mit dem Experten lesen Sie auf der Seite Panorama.

Newspapers in German

Newspapers from Germany