CoronaZahlen steigen trotz Lockdown wieder
Was die neue Entwicklung für mögliche Lockerungen bedeuten könnte
Berlin Überall in Deutschland zieht es die Menschen in den ersten Frühlingstagen hinaus in die Natur, in Parks und auf Spielplätze. Ein Land atmet durch und hofft auf bessere Zeiten. Doch das Coronavirus droht diese Hoffnung im Keim zu ersticken. Die Zahlen weisen trotz strenger Beschränkungen in die falsche Richtung. Am Sonntag meldete das Robert-Koch-Institut 7676 Neuansteckungen binnen eines Tages. Das sind anderthalb Tausend mehr als am Sonntag vor einer Woche. Auch die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz erhöhte sich auf bundesweit 60,2. Der Wert misst die Neuinfizierten pro 100000 Einwohner im Zeitraum von einer Woche. Die Reproduktionszahl liegt wieder über 1, was auf eine stärkere Ausbreitung des Virus hinweist.
Damit tritt zeitgleich zum Frühlingswetter die Entwicklung ein, vor der die Virologen und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel gewarnt haben. Die Mutationen des Erregers machen diesen ansteckender, was die Wahrscheinlichkeit deutlich erhöht, dass es zu Ausbrüchen kommt. Für alle, die sich nach Normalität sehnen, aber vor allem für Wirtsleute, Händler, Hoteliers und Kinobetreiber sind das schlechte Nachrichten.
In den vergangenen Tagen hatte die Diskussion um Öffnungen Tempo aufgenommen. Die vom Lockdown betroffenen Branchen forderten ein Treffen mit der Kanzlerin und einen Stufenplan, wann sie wieder aufmachen dürfen. Doch diese Debatte war getrieben von sinkenden Infektionszahlen. Stecken sich nun bei gleichbleibendem Seuchenschutz wieder mehr Menschen mit dem Coronavirus an, entfällt das wichtigste Argument der ÖffnungsBefürworter.
Bundeskanzlerin Merkel hält es erst für vertretbar, Geschäfte, Kinos, Museen und Theater wieder aufzumachen, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz stabil bei einem Wert von 35 liegt.
Dennoch wird es wohl dabei bleiben, dass kleine Kinder wieder zurück in Kindergärten und Grundschulen gehen dürfen. In allen Parteien ist der Rückhalt dafür da. Der Chef des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, hatte am Freitag betont, dass das unter Einhaltung der Hygienekonzepte möglich sei. Diese müssten dann aber auch strikt eingehalten werden, mahnte er. Um Lehrer und Schüler besser zu schützen, wird zudem eine Änderung der Impfreihenfolge diskutiert: Schon Anfang der Woche könne die Entscheidung fallen, ob Beschäftigte an Grundschulen und Kitas schneller an die Reihe kommen sollen.
Nicht abzusehen ist derzeit, ob das durch Mutationen zurückschlagende Virus wieder die Intensivstationen an die Belastungsgrenze führen wird. Derzeit kämpfen dort knapp über 3000 Corona-Patienten mit dem Tod. Anfang des Jahres waren es beinahe 6000. Die Impfungen könnten dazu beitragen, die Lage in den Kliniken beherrschbar zu halten. Der Präsident der deutschen Intensivmediziner (DIVI), Gernot Marx, appellierte deshalb in einem Interview mit unserer Redaktion an die Bevölkerung: „Lassen Sie sich impfen – auch mit AstraZeneca.“
Marx geht davon aus, dass Deutschland die Corona-Pandemie so in der zweiten Jahreshälfte unter Kontrolle bekommen kann. „Wenn sich jetzt alle Menschen bald gut durchimpfen lassen, dann könnte es sein, dass wir Corona Ende des dritten Quartals 2021, also im Herbst, im Griff haben“, sagte er unserer Redaktion. Die Gefährlichkeit der Mutationen treibt den Mediziner aber dennoch um. „Ich muss es klar sagen und in dieser Woche wollen wir das noch näher debattieren: Wir gehen von einer dritten Welle aus“, sagte er. Das ganze Interview mit dem Experten lesen Sie auf der Seite Panorama.