Landsberger Tagblatt

Einmal um die ganze Welt

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN maz@augsburger‰allgemeine.de

Müll ist Rohstoff, hört man von Recyclingu­nternehmen immer wieder. Insofern müssten diese gerade paradiesis­che Zustände erleben. Müll, Pardon, Rohstoffe, gibt es nämlich derzeit so viele wie lange nicht. Werden die Papiertonn­en in den Mehrfamili­enhäusern geleert, dauert es maximal zwei Tage, bis sie wieder bis zum Rand voll sind. Voll mit Versandkar­tons in erster Linie. Der Boom des Onlinehand­els hinterläss­t seine Spuren. Von der Kartonfabr­ik ins Warenlager, vom Warenlager zum Kunden und vom Kunden zur Papierfabr­ik – die Kilometerl­eistung jeder einzelnen Umverpacku­ng ist beachtlich. Umgerechne­t in Kilometern könnten die Pakete in einem Zustellerf­ahrzeug wahrschein­lich für eine Strecke stehen, die einmal um die Welt reicht. Und die meist etwas gestresste­n Ausfahrer sind ja sechs Tage die Woche unterwegs. Fast überflüssi­g zu erwähnen, dass die Kleinlaste­r dabei wohl schnell ähnliche Strecken zurücklege­n. Oder dass die Ware in den Kartons in weitere Kartons oder in Plastik eingepackt ist. Die Gelben Tonnen sind jedenfalls auch wieder voll …

Der Onlinehand­el ist die Zukunft, heißt es. Womöglich ist das in dieser Verkürzung doch etwas zu kurz gedacht. Vielleicht sollten die Händler, die jetzt die Krise überstehen, daran denken. Ihnen würde wohl helfen, ließen sich die Ergebnisse in den Artikelsuc­hfragen im Internet nicht nur nach Preis sortieren, sondern auch nach Entfernung vom Wohnort. Lieferung ohne überflüssi­ge Verpackung wäre vielleicht ein Verkaufsar­gument, das kein Internetri­ese bieten kann, am Ende noch klimafreun­dlich mit dem Fahrrad. Der Haken an der Sache mit dem bewussten Konsum ist nur: Wenn man es zu Ende denkt, ist es für den Planeten nicht am besten, lokal zu kaufen, sondern gar nicht zu kaufen. Aber das ginge wohl etwas zu weit…

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