Landsberger Tagblatt

Söder und die Wut der Veggies

- VON ULI BACHMEIER jub@augsburger‰allgemeine.de

Der Zorn des Publikums mündet nur noch selten in gelebter Empörung. Er mündet, seit ein beträchtli­cher Teil der gesellscha­ftlichen Kommunikat­ion auf sogenannte soziale Medien gelenkt wurde, in einen Shitstorm. Die Reaktionsg­eschwindig­keit ist höher. Der Ton derber. Die Hemmschwel­le für Beleidigun­gen niedriger. Eine Demonstrat­ion zu organisier­en erfordert einigen Aufwand. Für kollektive Wallung im Netz reichen ein paar Kraftausdr­ücke und wenige Klicks.

Der Versuch vieler Politiker, die neuen Kommunikat­ionskanäle aktiv zu nutzen, ist gefahrenge­neigt. CSU-Chef Markus Söder, eigentlich ein Profi in solchen Dingen, musste das vergangene Woche mal wieder schmerzlic­h erfahren. Seine Werbung für den politische­n Aschermitt­woch der CSU, angeblich „der größte Stammtisch der Welt“, löste einen ziemlich Shit– storm aus. Im Brustton des „Mia san mia“hatte Söder die Urhebersch­aft für das Polit-Spektakel für seine Partei reklamiert: „Die CSU hat ihn erfunden und die anderen machen es nach. Das ist wie TofuWurst oder Veggie-Burger – theoretisc­h möglich, aber sinn- und geschmackl­os.“Was er dabei nicht bedachte, ist der hohe Organisati­onsgrad der veganen Gemeinde im Netz. Der Shitstorm war perfekt. Dass „Tofu-Wurst“und „VeggieBurg­er“tatsächlic­h Widersprüc­he in sich sind, juckte niemanden.

Jetzt, zu Beginn der Fastenzeit, steigt der Würzburger Bischof Franz Jung in die Debatte in den sozialen Medien ein. Mit einer „Talkserie“auf der Internet-Plattform Instagram will er die Reichweite der kirchliche­n Botschaft in den Wochen vor Ostern erhöhen. Das Risiko, einen Shitstorm auszulösen, scheint da geringer. Übers Fasten zu reden, ist schließlic­h in höchstem Maße politisch korrekt. Und die Erregbarke­it bayerische­r Metzger hält sich in Grenzen.

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