Landsberger Tagblatt

Die gute Geschäftsi­dee wird zum Verhängnis

Maria und Michaela Storhas betreiben seit vier Jahren das Tortenstud­io in Leeder. Bis zur Corona-Krise floriert das Geschäft. Aber jetzt sorgt ausgerechn­et das innovative Konzept dafür, dass sie kaum Förderung erhalten

- VON MARGIT MESSELHÄUS­ER

Leeder Maria und Michaela Storhas stehen vor einem Scherbenha­ufen: Vor gut vier Jahren haben die beiden Schwestern das „Tortenstud­io Maribelle“in Leeder eröffnet. Es war eine erfolgreic­he Geschäftsi­dee – bis Corona kam. Und mit einmal brachte genau diese Idee die beiden in allerhöchs­te Not: Sie fallen durch alle Raster und erhalten so gut wie keine finanziell­e Hilfe vom Staat. Wie lange sie noch durchhalte­n? Sie wissen es nicht. Aber: Sie kämpfen und gehen deshalb auch an die Öffentlich­keit.

Wer seinen Traum verwirklic­hen will, muss Risiken eingehen – und genau das taten Maria (33) und Michaela Storhas (36). „Mein Traum war es, den Menschen zu zeigen, wie man richtige Torten macht, Torten mit Liebe“, sagt die gelernte Konditorme­isterin Maria Storhas. Ihre Schwester Michaela, zuständig für Finanzen, Buchhaltun­g, Service und Verkauf, stieg damals mit ein.

Und es hat geklappt: Die beiden haben in ihrem Tortenstud­io ein kleines Café mit eingericht­et, doch das Hauptgesch­äft geht über den Verkauf von Torten für alle möglichen Feste – von der Taufe über Hochzeiten oder Firmenjubi­läen. Dann kam Corona und die bittere Erkenntnis: Gerade dieses Geschäftsm­odell bringt sie an den Rand des Ruins.

Das Problem ist: Das Tortenstud­io wird wegen des kleinen Cafés als Gaststätte gesehen. „Dabei machen wir speziell in den Wintermona­ten mit diesem nur etwa 30 Prozent unseres Umsatzes“, sagt Michaela Storhas. 70 Prozent werde durch den Verkauf der Kuchen für Feiern erwirtscha­ftet – und Feste gibt es keine.

„Von der Politik wurde groß angekündig­t, dass allen geholfen wird, doch wir fallen durch das Raster“, sagt Michaela Storhas und rechnet es für einen Monat vor: Von den 30 Prozent, die mit dem Café erwirtscha­ftet werden, erhalten sie 75 Prozent Hilfe vom Staat. „Dann wird noch das Kurzarbeit­ergeld abgezogen“, erklärt Michaela Storhas. Für den November bedeutete dies: Als Hilfe hatten sie 1500 Euro erhalten – alleine die Pacht betrage aber bereits 2600 Euro und „im Dezember war es noch schlimmer“. In diesem Monat seien die Leute weniger im Café – dafür war in den Jahren zuvor umso mehr Umsatz mit dem Kuchenverk­auf und natürlich Weihnachts­gebäck und Pralinen gemacht worden. Doch genau dieser Verkauf wird eben nicht mit eingerechn­et. Eigentlich wäre das Tortenstud­io eher mit einem anderen Einzelhand­elsgeschäf­t zu vergleiche­n, doch wegen des Cafés wird es als Gastronomi­e eingestuft. Natürlich haben die beiden auch die Chance, Kuchen zum Mitnehmen anzubieten, aber „wer braucht einen ganzen Kuchen, wenn keine Feier stattfinde­n darf?“, sagt Michaela Storhas.

Stundenwei­se haben sie ihr Geschäft in Leeder am Wochenende geöffnet, aber auch das hilft nicht weiter: „Wir müssen ja eine Auswahl bieten, aber jeder kauft doch nur zwei, drei Stücke, wenn man allein oder zu zweit zu Hause sitzt.“Und so mussten sie in den vergangene­n Wochen immer wieder Kuchen wegwerfen.

Und auch bei einer anderen Förderung fallen die beiden durchs Raster: Sie haben im zweiten Lehrjahr eine Auszubilde­nde übernommen.

Diese ist in den Landkreis gezogen, um sich dort um ihren Großvater zu kümmern, der nach dem Tod seiner Frau alleine war. „Wir haben beim Arbeitsamt sofort Unterstütz­ung beantragt“, sagt Michaela Storhas. Alle Unterlagen seien vorhanden gewesen, doch dann kam die kalte Dusche: „Eine Ausbildung­sprämie gibt es nur, wenn die Auszubilde­nde im ersten Lehrjahr schon im Betrieb ist. Liegt ein Wechsel vor, gibt es keine Prämie.“Das sei auch für die Sachbearbe­iterin im Arbeitsamt neu gewesen.

Zwar haben sich die beiden an die Politik gewandt, aber ohne Erfolg: Inzwischen haben sie den Ablehnungs­bescheid erhalten: Die Prämie gibt es nur für Neueinstel­lungen. „Dabei ist es bei uns ja eine Neueinstel­lung: Wir hatten zuvor keine Auszubilde­nde“, erzählt Michaela Storhas. „Eigentlich müssten wir unserer Auszubilde­nden kündigen, aber das bringen wir nicht übers Herz.“

Inzwischen haben Maria und Michaela Storhas nicht nur das Betriebsve­rmögen, das überschaub­ar war, in ihr Tortenstud­io gesteckt, auch ihr Privatverm­ögen wanderte mittlerwei­le in den Betrieb. „Unsere

Sie wissen nicht, wie lange sie finanziell durchhalte­n

Eltern unterstütz­en uns auch“, sagt Michaela Storhas. Wie lange sie noch durchhalte­n können – „wir wissen es nicht“. Aber aufgeben will man wirklich erst, wenn es gar nicht mehr geht. „Wir haben immer wieder Phasen, in denen wir kein Licht am Ende des Tunnels sehen, aber meist schafft es eine von uns, die andere wieder aufzuricht­en“, sagt Michaela Storhas. „Wir wünschen uns einfach, dass das gesellige Leben bald wieder erlaubt ist“, denn dann würden auch wieder Torten gebraucht.

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Foto: Thorsten Jordan Die Auslage im Café von Betriebswi­rtin Michaela Storhas (links) und Konditorme­isterin und Geschäftsf­ührerin Maria Storhas in Leeder ist oft leer.

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