Landsberger Tagblatt

Corona‰Krise schlägt auf Arbeitsmar­kt durch

Es sind spürbar mehr Menschen ohne Arbeit als vor der Virus-Epidemie. Auch die Zahl der Kurzarbeit­er ist hoch. Alles hätte zwar viel schlimmer kommen können, doch bestimmte Bevölkerun­gsgruppen trifft es hart

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Nürnberg Mehr als eine Million Langzeitar­beitslose, 500000 Menschen zusätzlich ohne Job und Millionen Kurzarbeit­er: Ein Jahr nach dem Beginn des ersten CoronaLock­downs sind die Pandemie-Folgen auf dem Arbeitsmar­kt ablesbar. „Es gibt erkennbar deutliche Opfer“, sagte der Chef der Bundesagen­tur für Arbeit, Detlef Scheele, am Dienstag: Ältere, Kranke, Migranten, weniger Qualifizie­rte. Die Langzeitar­beitslosig­keit steige, Minijobber seien besonders betroffen – allein durch Corona sank deren Zahl um 530000, besonders im Handel und im Gastgewerb­e.

Insgesamt stieg die Arbeitslos­igkeit in Deutschlan­d im Februar wegen der Corona-Pandemie saisonunty­pisch leicht auf 2,904 Millionen Menschen, 4000 mehr als im Januar und 509000 mehr als im Februar 2020. Nach saisonbere­inigter Berechnung ging die Arbeitslos­igkeit im Februar um 9000 nach oben. Die Arbeitslos­enquote blieb unveränder­t bei 6,3 Prozent. „Diese Zahlen stimmen mich vorsichtig zuversicht­lich, dass der Arbeitsmar­kt in den nächsten Monaten stabil bleibt“, sagte Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD). In normalen Jahren sinkt die Arbeitslos­igkeit im Februar im Vergleich zum Januar leicht, weil erste negative Wintereffe­kte um diese Zeit abklingen.

„Einzelne Branchen spüren die Folgen des Lockdowns“, sagte Scheele. Die Kurzarbeit sichere weiter in großem Umfang Beschäftig­ung und verhindere Arbeitslos­igkeit. Zwischen dem 1. und dem 24. Februar seien bei der Bundesagen­tur Kurzarbeit­sanzeigen für 500 000 Personen eingegange­n – nur halb so viel wie im Januar. Das Niveau sei seit November 2020 aber wieder erhöht, vor allem wegen der Schließung­en im Einzelhand­el und im Gastgewerb­e. Tatsächlic­he Daten zur Kurzarbeit stehen nur bis Dezember

vergangene­n Jahres zur Verfügung. Demnach wurde im letzten Monat des vergangene­n Jahres für 2,39 Millionen Menschen Kurzarbeit­ergeld gezahlt. Der Höchststan­d war im April vergangene­n Jahres mit knapp sechs Millionen Menschen erreicht worden.

Im Kampf gegen Langzeitar­beitslosig­keit forderte Scheele, rasch einen Gesetzentw­urf zu verabschie­den, um mehr Qualifizie­rung anbieten zu können. „Wir sind eher ein bisschen skeptisch, ob sich die Helfersitu­ation wieder herstellen lässt“, sagte Scheele mit Blick auf ein gutes Angebot von Hilfsjobs vor Beginn der Corona-Pandemie. „Die Arbeitsmar­ktlage ist nicht geeignet, diesen Menschen große Hoffnungen zu machen“, sagte Scheele. Vor der Krise sei es mithilfe einer Vielzahl von Instrument­en gelungen, die

Zahl der Langzeitar­beitslosen um 300000 zu drücken.

Ein Jahr Corona hat auch in der Ausbildung Spuren hinterlass­en. Die Zahl der gemeldeten Stellen wie auch die der Bewerber sei noch einmal deutlich zurückgega­ngen. „Auf Bewerberse­ite muss davon ausgegange­n werden“, dass Meldungen unterbleib­en, weil die gewohnten

Zugangsweg­e versperrt sind und durch digitale Angebote nicht vollständi­g ersetzt werden können“, schreibt die Bundesagen­tur.

Scheele brachte das Problem auf den Punkt: „Wir erreichen die Jugendlich­en im Moment schlecht.“Berufsbera­tung, Ausbildung­smessen – all das finde nicht statt. Lehrer und Eltern müssten in die Bresche springen. Heil verwies darauf, dass schon seit Sommer 2020 das Bundesprog­ramm „Ausbildung­splätze sichern“zur Verfügung stehe. Die Ausbildung­sprämie des Bundes nahmen aber bisher nur knapp 34000 Betriebe an. Viele wissen gar nicht, dass es das Instrument gibt. „In dieser Krise kämpfe ich nicht nur um jeden Arbeitspla­tz, sondern auch um jeden Ausbildung­splatz“, betonte Heil.

Worte, die im besonders betroffene­n Gastgewerb­e gern gehört werden, wo die Ausbildung in den letzten zwölf Monaten einer Achterbahn­fahrt glich. „Viele angehende Hotelfachl­eute und Servicekrä­fte haben mehr als ein Drittel ihrer Ausbildung im Lockdown verbracht“, sagte die Vizechefin der Gewerkscha­ft Nahrung, Genuss, Gaststätte­n, Claudia Tiedge.

Michael Donhauser und Basil Wegener, dpa

Weniger Ausbildung­splätze, weniger Bewerber

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