Das Gespenst der Inflation ist zurück
Die Teuerungsrate zieht auch im Februar weiter an. Doch Experten streiten noch, ob der Trend anhält
Frankfurt am Main In Deutschland ist die Inflation im Februar nach Angaben des Statistischen Bundesamtes von 1,0 Prozent im Januar auf 1,3 Prozent angestiegen. In der Eurozone blieb sie unverändert bei 0,9 Prozent, wie die Statistikbehörde Eurostat am Dienstag in Luxemburg nach einer ersten Schätzung mitteilte. Viele Ökonomen rechnen damit, dass die Teuerung in den nächsten Monaten weiter anziehen wird. Was spricht für, was gegen steigende Verbraucherpreise?
● Mehrwertsteuer Seit dem 1. Januar 2021 gelten in Deutschland wieder die üblichen Mehrwertsteuersätze von 19 beziehungsweise 7 Prozent. Waren und Dienstleistungen werden also meist wieder teurer.
● Konsum Im Krisenjahr 2020 hielten viele Menschen ihr Geld zusammen, Schließungen im Einzelhandel und Reisebeschränkungen bremsten den Konsum zudem. Die Sparquote in Deutschland stieg auf das Rekordhoch
von 16,3 Prozent. Sobald Läden und Gaststätten wieder öffnen und es wieder mehr Möglichkeiten zu Reisen und Freizeitaktivitäten gibt, dürfte zumindest ein Teil des Konsums nachgeholt werden. Dies könnte „zu einem vorübergehenden Inflationsschub führen“, prognostiziert Nils Jannsen vom Institut für Weltwirtschaft (IfW).
● CO2Abgabe Seit Anfang 2021 ist eine CO2-Abgabe von 25 Euro je Tonne ausgestoßenem Kohlendioxid fällig, das beim Verbrennen von Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas entsteht. Das treibt die Preise fürs Heizen und Tanken nach oben. Indirekt dürften daher auch Preise für andere Güter leicht steigen.
● Rohstoffpreise Corona bremste 2020 die Wirtschaft, die Nachfrage nach Rohöl sank. Öl verbilligte sich, das drückte die Preise für Heizöl und Kraftstoffe. Zuletzt zog der Ölpreis wieder an – nach Ansicht von Ökonomen kein kurzfristiger Trend. „Allein dies sorgt rein technisch dafür, dass die Veränderungsrate der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr deutlich steigen wird“, erklärt die DZ Bank.
● Lohnzurückhaltung Ein dramatischer Jobabbau ist dank Kurzarbeit bislang ausgeblieben, aber die Arbeitslosigkeit ist gestiegen. Das schwächt die Verhandlungsposition von Gewerkschaften und Arbeitnehmern.
Die DZ Bank rechnet damit, „dass sich von der Lohnseite her wenig Kostendruck auf die Unternehmen und damit auf die Verbraucherpreise aufbauen dürfte“.
● Euro Die Gemeinschaftswährung hat insbesondere gegenüber dem Dollar an Stärke gewonnen. Importe nach Deutschland können sich dadurch verbilligen. Rohöl und andere Rohstoffe werden weltweit in der US-Währung abgerechnet. „Auch der starke Euro begrenzt den Inflationsdruck“, argumentiert INGVolkswirt Carsten Brzeski.
● Digitalisierung Die Globalisierung habe das weltweite Arbeitsangebot erhöht und und damit den Lohnanstieg gebremst, sagte jüngst EZBDirektorin Schnabel der österreichischen Zeitung Der Standard. Zudem habe die Informationstechnologie dazu geführt, dass die Transparenz bei Preisen und damit der Wettbewerb gestiegen sei. In der Corona-Krise beschleunigte sich die
Digitalisierung. „Der Digitalisierungsschub wird die Inflation dämpfen“, prognostiziert Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der Fondsgesellschaft Union Investment.
● EZB Kritiker warnen schon länger vor Folgen der Geldschwemme für die Preisstabilität. Doch bisher gibt es keine Anzeichen, dass das viele billige Geld die Inflation anheizt. Langfristig könnte es dies in Verbindung mit der demografischen Entwicklung aber tun: „Weil der Anteil der arbeitsfähigen Bevölkerung sinkt, wird Arbeit knapper, was das Lohnwachstum und damit die Inflation erhöht“, erläutert Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. „Die seit einiger Zeit zu stark steigenden Geldmengen werden dann zu einer höheren Inflation führen, wenn die große demografische Wende zu einer nennenswerten Verknappung von Arbeit führt.“Der Zeitpunkt sei aber schwer abzuschätzen.