Wenn das Homeschooling zur Belastung wird
Im Lockdown werden Schüler zu Hause unterrichtet. Sie und ihre Eltern haben dabei auch ein Jahr nach Beginn der Pandemie mit Problemen zu kämpfen. Familie Hauser aus Schondorf berichtet von ihrem nervenzehrenden Alltag
Schondorf Corona hat den Schulunterricht im Kreis Landsberg auf den Kopf gestellt. Seit knapp einem Jahr wird über weite Strecken auf sogenanntes Homeschooling gesetzt. Wann alle Schulen wieder zum Präsenzunterricht zurückkehren, ist ungewiss. Die Situation zerrt an den Nerven vieler Schüler und ihrer Eltern – wie das Beispiel der Familie Hauser aus Schondorf zeigt. Mit welchen Problemen Mutter Cynthia und ihre Töchter Cinzia und Cosima tagtäglich zu kämpfen haben.
Cosima Hauser besucht eine siebte Klasse der Landsberger JohannWinklhofer-Realschule (JWR). Wobei „besucht“momentan das falsche Wort ist: Seit Mitte Dezember wird die Zwölfjährige nur online unterrichtet. Vor ihr, auf dem Esstisch im Wohnzimmer, stapeln sich Arbeitsblätter. Und es werden immer mehr. „Ich weiß gar nicht mehr, wo ich anfangen soll“, sagt Cosima und legt ihren Kopf in die Hände. Eine Geste der Verzweiflung, die Cynthia Hauser bei ihrer Tochter in letzter Zeit oft zu sehen bekommt. „Der Berg ist einfach zu groß“, konstatiert die 50-Jährige. „Die Lehrer
„Einige Lehrer zeigen zu wenig Mitgefühl“
sprechen sich untereinander nicht ab und geben den Kindern zu viel auf. Einigen fehlt das Mitgefühl.“Auch die getrennt lebende Mutter selbst stehe unter großem Druck. „Momentan bin ich Mama, Organisatorin und Psychologin.“Die Situation drücke aufs Gemüt – in den eigenen vier Wänden gebe es Zoff.
Für die aktuelle Situation macht Cynthia Hauser die Politik – insbesondere den bayerischen Kultusminister Michael Piazolo – verantwortlich. „Er hat selbst keine pädagogische Ausbildung und keine Kinder und wenig Ahnung vom Bayerischen Schulsystem.“Zudem würde sie interessieren, wie viel an Förderungsmitteln in Sachen Corona eigentliche in das Bildungssystem gesteckt wurden.
Die Schondorferin ärgert sich noch immer darüber, dass den Kindern trotz der hohen Belastung ihre Faschingsferien gestrichen wurden. Außerdem merke, sie, dass offenbar auch viele Lehrer unter Stress stehen: An den Wochenenden würden sie regelmäßig Arbeitsblätter zusenden.
Cynthia Hauser ärgert sich insbesondere darüber, dass die Probleme beim Homeschooling, die seit Beginn der Pandemie offensichtlich bisher noch nicht gelöst wurden. Die 50-Jährige selbst hat einige Verbesserungsvorschläge parat. „Ich finde, man sollte sich lieber auf die Hauptfächer konzentrieren und die Nebenfächer fallen lassen“, sagt sie zum einen. Darüber hinaus wäre es in ihren Augen besser, wenn über das Laptop mehr Frontalunterricht stattfinden und es stattdessen weniger Hausaufgaben geben würde. Dazu müssten jedoch erst einmal die Verbindungsleitungen stabilisiert werden.
Dass in den virtuellen Unterrichtsstunden an ihrer Schule noch immer regelmäßig Probleme auftauchten, beklagt auch Siebtklässlerin Cosima. Häufig kämen Schüler nicht in die Konferenzen hinein, und es gebe anderweitige technische Schwierigkeiten.
Und dann sei da noch das Problem mit den ungebetenen Gästen, die sich Zugang zu den virtuellen Unterrichtsstunden verschaffen. „Sie rufen dann irgendwas rein und stören den Unterricht“, sagt Cosima. Unter den Schülern führe das zu Stress.
JWR-Schulleiter Herbert Woerlein bestätigt auf LT-Nachfrage, dass es zu solchen Zwischenfällen gekommen sei. Das Problem sei allerdings behoben. Inzwischen seien virtuelle Warteräume eingerichtet worden: Die Lehrer könnten auf diese Weise sicherstellen, dass wirklich nur Schüler an den Konferenzen teilnehmen. Generell sei die Corona-Pandemie auch für das JWR eine Herausforderung. „Beim ersten Lockdown waren wir relativ unvorbereitet, haben aber trotzdem unser Bestes gegeben.“Mittlerweile habe sich vieles eingespielt. Auch die Arbeitsbelastung der Kinder und Jugendlichen könnten die Lehrer an der Landsberger Realschule konseien, trollieren. Im Tool „Schulmanager“hätten sie immer im Blick, mit wie vielen Aufgaben die Schüler momentan betraut sind. Anhand einer Umfrage unter den Eltern sei außerdem ermittelt worden, ob sich diese mehr Videokonferenzen wünschen. Über 50 Prozent der Befragten gaben laut Woerlein an, mit der derzeitigen Lösung zufrieden zu sein.
Cynthia Hausers ältere Tochter Cinzia Hauser ist Schülerin der zwölften Jahrgangsstufe der Landsberger Fachoberschule (FOS). Im kommenden Jahr möchte sie noch die 13. Klasse dranhängen und das „volle Abi“schreiben. Erst einmal steht für sie allerdings das Fachabitur an.
Wann die Abschlussprüfungen tatsächlich stattfinden werden, sei jedoch wegen der unsicheren Lage nicht abzusehen. „Ich schaue einfach von Schulaufgabe zu Schulaufgabe.“Cinzia Hauser macht sich Sorgen, dass sie wegen der Pandemie schlechter abschneiden wird:
„Für die 13. Klasse brauche ich ja auch einen bestimmten Schnitt.“
Seit letzter Woche darf die 19-Jährige – wie alle anderen Schüler von Abschlussklassen und Grundschüler – wieder zur Schule gehen. Es sei schön gewesen, die Klassenkameraden wieder zu sehen. Ganz sicher fühlt sie sich wegen der Ansteckungsgefahr jedoch nicht – zumal sich die Jugendlichen in den Pausen nur draußen oder in den Klassenzimmern aufhalten dürften. Wenn alle in einem Raum sind, komme schon ein etwas ungutes Gefühl auf, sagt die 19-Jährige. Größere Sorgen macht sie sich aber um ihre kleine Schwester. „Ich fände es wichtig, zumindest die Kleinen wieder in die Schule zu lassen“, sagt sie.
Cosima, Cinzia und Cynthia wollen weiter ihr Bestes geben. Unter den momentanen Umständen sei es aber auch kein Drama, wenn eines der beiden Mädels das Jahr wiederholen müsste – unter dann hoffentlich „normalen“Bedingungen.
Hacker verschaffen sich Zugang zu Konferenzen