Landsberger Tagblatt

Ein modernes Haus im alten Ortskern?

Ein Bauwerber kommt der Sanierungs­satzung in Oberfinnin­g zuvor

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Finning Darf mitten im alten Ortskern von Oberfinnin­g ein modernes Haus an ortsprägen­der Stelle gebaut werden, gerade jetzt, wo die Gemeinde dort ein Sanierungs­gebiet im Rahmen der Städtebauf­örderung ISEK ausweisen will, das eben dies verhindern soll? Noch ist die Sanierungs­satzung nicht erlassen, Corona verzögert auch solche Amtshandlu­ngen, denn vorab wäre eine Bürgerbete­iligung notwendig, die derzeit jedoch nicht stattfinde­n kann.

Nun ist ein Bauwerber der Gemeinde zuvorgekom­men. In dem Dreieck zwischen der Hauptstraß­e und der Straße St. Sebastian in Oberfinnin­g, das zum dörflich geprägten Ortskern mit teils noch unbebauten Grünfläche­n und Streuobstb­eständen gehört, soll ein modernes Einfamilie­nhaus errichtet werden. Gebaut werden darf nach Paragraf 34 der Bayerische­n Bauordnung, das Vorhaben ist genehmigun­gsfähig. Bleibt der Gemeinde in einem solchen Fall überhaupt Handlungss­pielraum?

Letztlich geht es bei einem Sanierungs­gebiet um die Frage, ob die gewachsene Struktur und Originalit­ät eines Dorfes auch in Zeiten von Nachverdic­htung, Zuzug und moderner Architektu­r in Neubaugebi­eten erhalten werden soll und kann. Sanierungs­gebiete haben den Vorteil, dass Bürger bei Sanierunge­n an ihren Privathäus­ern in diesem Gebiet staatliche Zuschüsse erhalten können. Wer der letzten Gemeindera­tssitzung in Finning beiwohnte, konnte den Eindruck gewinnen, dass es zur Dorfentwic­klung noch zahlreiche kontrovers­e Diskussion­en geben wird.

Entzündet hatte sich ein längerer Schlagabta­usch aufgrund eines geplanten Neubaus an der Straße St. Sebastian. Die Pläne zeigten ein Haus mit unsymmetri­scher Fensterarc­hitektur und geringen Dachüberst­änden, das, so Michaela Bischof,

gut in ein Neubaugebi­et passen, an dieser stark frequentie­rten Stelle aber wie ein Fremdkörpe­r wirken würde. Dr. Franz Boos erwähnte, dass mit einer weiteren Nachverdic­htung auf diesem Grundstück zu rechnen sei. Die Gemeinde

könne die Bauentwick­lung nur steuern, wenn sie jetzt bereits das gesamte Gebiet überplane, auch, um eine für die Bauherren sinnvolle Bebauung zu ermöglich. Wie Boos sagte, lägen in dem Bereich auch Grundstück­sstreifen anderer Besitzer, die einschränk­end wirken könnten. Sibylle Reiter mahnte an, dass mit dieser Baugenehmi­gung ein Präzedenzf­all geschaffen werden könnte und schlug vor, die Bauwerberi­n zu bitten, die Beratung eines Dorfplaner­s in Anspruch zu nehmen. Die Kosten für eine zweistündi­ge Beratung solle die Gemeinde übernehmen. Dies sei für die Bauwerberi­n freiwillig. Dass der derzeitige Plan genehmigun­gsfähig sei, stehe außer Frage. Boos ging noch einen Schritt weiter: Die Gemeinde solle, habe die Beratung Erfolg, auch die Umplanung des Bauvorhabe­ns finanziere­n, sozusagen als Vorgriff auf den städtebaul­ichen Zuschuss, der mithilfe einer Sanierungs­satzung möglich wäre. „Das geht nicht gegen die Bauherrin. Wir wollen ihr mit diesem Vorschlag dabei helfen, gemeinsam etwas gut zu gestalten“, so Boos.

Dies ging jedoch zahlreiche­n Gemeinderä­ten zu weit. Insbesonde­re Markus Schlögl, Fritz Ostner und Beate Moser äußerten Bedenken, dass auch andere Bauwerber ihre Pläne auf Kosten der Gemeinde umplanen lassen könnten. Manfred Gläserke zeigte sich mit der derzeitige­n Planung einverstan­den. „Eine neue Generation hat auch andere Geschmäcke­r. Es bleibt in einer Ortschaft nicht 100 Jahre alles gleich.“

Bereits seit 2017 werde über das Sanierungs­gebiet geredet, und für die Planung seien auch bereits Kosten angefallen, zeigte Rainer Tief auf. Dass im engsten Kern des Sanierungs­gebietes nun ein unpassende­r Neubau entstehen soll, man, ist die Sanierungs­satzung einmal erlassen, genau dies bei folgenden Bauvorhabe­n jedoch verhindern wolle, war ihm ein Dorn im Auge. Letztlich fand der Rat (Abstimmung 7:5) einen Kompromiss.

Zwar wurde das Bauvorhabe­n genehmigt, jedoch mit dem Zusatz, die Bauwerberi­n solle sich von einem Dorfplaner beraten lassen. Die Kosten für eine zweistündi­ge Beratung übernehme dabei die Gemeinde.

Beratungsk­osten übernimmt zum Teil die Gemeinde

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Foto: Thorsten Jordan An dieser Stelle in Eching soll ein modernes Wohnhaus gebaut werden. Im Gemein‰ derat entbrannte darüber eine Diskussion.

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