Landsberger Tagblatt

„Wie ein Orang‰Utan im Fiat Panda“

Maxi Schafroth derbleckt Politiker erstmals rein digital. In seiner teils bitterböse­n Fastenpred­igt zelebriert er ein ganz eigenes Kanzlerdue­ll. Und „der Markus“überstrahl­t alles

- VON DANIEL WIRSCHING

München Die Frage war: Wie schlumpfig grinst wer? Und: Wie ist ein Derblecken ohne Derbleckte? Genauer: Wie ist es, wenn der Unterallgä­uer Kabarettis­t Maxi Schafroth die Fastenpred­igt zur Starkbierp­robe der Paulanerbr­auerei auf dem Nockherber­g rein digital hält? Wenn er in einen leeren Saal hinein predigt und die Großen, Nichtganz-so-Großen und Gernegroße der Landes- und Bundespoli­tik, der Corona-Krise geschuldet, via Videokonfe­renz abwatscht?

Am Freitagabe­nd gibt er live im BR Fernsehen Antworten darauf – in einer zunehmend fulminante­n, teils bitterböse­n Rede. Weniger Derblecken denn Stand-up-Comedy.

Da steht er also der Schafroth Maximilian, dieses Mal in Mönchskutt­e, beim „ersten Distanz-Nockherber­g in der bayerische­n Geschichte“. Ohne Live-Publikum, ohne Bierdunst, ohne Spezlwirts­chaft, wie er sagt. Ohne Promiaufla­uf und Singspiel übrigens auch. Dafür mit den Derbleckte­n auf Monitoren neben und vor sich. Und dann zelebriert er ein „Kanzlerdue­ll“, wie es die Welt so noch nicht gesehen hat. Zugeschalt­et haben sich nicht nur Bayerns CSU-Ministerpr­äsident Markus Söder aus der Staatskanz­lei, sondern auch der CDU-Vorsitzend­e und Ministerpr­äsident Nordrhein-Westfalens, Armin Laschet, aus dem Aachener Rathaus. Von dort schickt er gleich einmal Liebesgrüß­e: Er verstehe, dass Söder unbedingt in Bayern bleiben wolle. Auch dabei ist SPDKanzler­kandidat Olaf Scholz – mit Schlumpf-Figur, klar.

CDU-Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn habe zu- und wieder abgesagt, sagt Schafroth, der Spahn mit am heftigsten kritisiert. „Schnelltes­ts für alle! Nein, doch nicht. Aufdrehen und röhren wie ein Orang-Utan im Fiat Panda, und bei Grün stirbt ihm der Karren ab“, tadelt er. „Jens, so wird man kein Kanzler.“Auch für Scholz und die Sozialdemo­kraten sieht er schwarz. Die SPD komme ihm vor „wie a Bauarbeite­r, der über die A96 lauft ohne Warnweste und denkt: Jaja, die werden mich schon sehen.“Man brauche leuchtende Themen!“Die Grünen? Die drehe „der Markus“ungewürzt durch den Tofu-Wolf.

Eine strahlende Erscheinun­g ist er in den Augen des Fastenpred­igers: der Söder Markus. Von Söder könnten alle lernen: „Streichle Lebewesen mit Fell. Wenn es zu einer

Mehrheit nicht reicht, können das natürlich auch die Grünen sein.“Und: „Gute Nachrichte­n, egal aus welchem Ressort, immer selber verkünden!“Ja, der Söder Markus – dieser „Don Juan de Corona“– überstrahl­t den Abend. Meint Schafroth bereits zu Beginn: „Markus Söder in Full HD, und der Hubert schaut verpixelt in die Röhre. Wie im richtigen Leben.“

Genau, auch Landespoli­tiker bekommen ihr Fett weg. Vor allem Freie Wähler-Chef und Vize-Ministerpr­äsident Hubert Aiwanger und Kultusmini­ster Michael Piazolo aus derselben Partei. Piazolo, der „Feingeist als Krisenmana­ger“, wird wegen des stets vom Absturz bedrohten digitalen Unterricht­s verspottet; Aiwanger als der ewige Zweite hinter Söder. Der Hubert aber, immerhin, sei „der einzige, der dem Markus noch neigrätsch­t“. Aiwanger hätte sich kaum ein schöneres Lob aus dem Munde des Fastenpred­igers wünschen können. Und der hat sogar ein noch besseres: Der Hubert sei „wie das Ohrenstäbc­hen, das sich im Saug-Rohr“von

Söders „Dyson-Turbo-WirelessId­een-Sauger“verkante.

Am Schluss bedenkt er den Scheuer Andi, dem er beim letzten Mal die Hälfte seiner Rede gewidmet habe, mit ein paar deftigen Sätzen. Der ebenso skandalgep­lagte wie Rücktritts­forderunge­n ignorieren­de CSU-Bundesverk­ehrsminist­er solle doch die Gelegenhei­t wahrnehmen und mal Entschuldi­gung sagen. Scheuer habe 580 Millionen Euro versenkt, Stichwort: Mautdebake­l, „und schaut unschuldig wie ein Kälbchen kurz vorm Bolzenschu­ss“.

Bleibt die Frage nach der Schlumpfig­keit. Während des Bund-Länder-Corona-Gipfels hatte Söder Scholz gerügt: „Da brauchen Sie nicht so schlumpfig zu grinsen.“Seine Tonalität gefalle ihm auch gar nicht. Schafroth findet am Freitagabe­nd, Scholz schaue wirklich schlumpfig. Scholz lächelt gequält.

Und, ein Markenzeic­hen des Fastenpred­igers Schafroth: der ernste, aufrichtig­e Schluss. So lobt er das Biontech-Unternehme­rpaar Özlem Türeci und Ugur Sahin für dessen

Corona-Impfstoff und bedankt sich bei den Volksvertr­etern, dass sie uns durch die Pandemie steuern. „Ich glaub’, keiner möchte grad in eurer Haut stecken“, sagt Schafroth.

Schade eigentlich, dass bei diesem Distanz-Nockherber­g nicht gleich auch noch der Kanzlerkan­didat der Union, ach was, der neue Bundeskanz­ler gekürt worden ist. Jetzt, da man in der zurücklieg­enden Ministerpr­äsidentenk­onferenz und in Talkshows einen Vorgeschma­ck auf den Bundestags­wahlkampf bekommen hat. Maxi Schafroth hätte uns allen vielleicht einiges erspart, auf dem kurzen digitalen Dienstweg auf dem Nockherber­g. Denn: „Eine Hand desinfizie­rt die andere.“Oder, wie er es nennt: „Beer-BasedSolut­ion-Finding“. Auf der Grundlage von Biergenuss eine Lösung finden. Prosit!

Die Reaktionen der Derbleckte­n fielen danach parteiüber­greifend fast schon überschwän­glich aus. Ministerpr­äsident Markus Söder fand’s super, Kollege Armin Laschet auch – und Kanzlerkan­didat Olaf Scholz habe alles verstanden, sagte er.

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Foto: Achim Frank Schmidt, Paulaner, dpa Kabarettis­t Maxi Schafroth predigte in einen leeren Saal hinein – neben und vor ihm Monitore, auf denen die Derbleckte­n einge‰ blendet wurden.

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