Landsberger Tagblatt

Auf Geiger ist wieder Verlass

Der Oberstdorf­er holt sich im Einzel auf der Großschanz­e die Bronzemeda­ille hinter Stefan Kraft und Robert Johansson. Markus Eisenbichl­er erlebt einen Tag zum Vergessen

- VON MARCO SCHEINHOF

Oberstdorf Karl Geiger hatte Probleme. Er versuchte, sich im dichten Schneetrei­ben von Oberstdorf seine wärmende Skihose überzuzieh­en. Der Oberstdorf­er hatte es eilig, es wollte aber nicht so recht klappen. Zumal er nebenbei mit einem Auge auf die Schanze blickte, von der sich in diesen Momenten seine Konkurrent­en in die Tiefe wagten. Karl Geiger hatte es auf 132 Meter gebracht, das war ordentlich, es gab aber im ersten Durchgang Bessere.

Vor allem Stefan Kraft, der bei schlechter­en Bedingunge­n zwar nur einen halben Meter weiter gesprungen war, aber bessere Punkte bekam. Das war die Grundlage für den Österreich­er, der im zweiten Durchgang 134 Meter nachlegte und Gold gewann. Geiger aber hatte ihn im zweiten Durchgang noch mal heftig attackiert mit 132 Metern. Das reichte für Bronze hinter dem Norweger Robert Johansson. Es ist Geigers dritte Medaille bei seiner Heim-Weltmeiste­rschaft, für den

Deutschen Skiverband ist es die vierte. Auf Geiger ist einfach Verlass, er hat die Nervenstär­ke und vor allem die Qualität, im Wettkampf auf den Punkt da zu sein. „Karl hat im zweiten Durchgang alles auf eine Karte gesetzt. Ich habe noch nie einen Athleten trainiert, der eine solche mentale Stärke hat“, lobte Bundestrai­ner Stefan Horngacher. Geiger analysiert­e schon gleich wieder nach dem Glücksgefü­hl nüchtern seine Flüge. „Der erste hat mich etwas geärgert, da hatte ich eigentlich richtig guten Wind. Der zweite war dann richtig schön“, sagte der Oberstdorf­er.

Nun steht am Samstag (17 Uhr/ ZDF und Eurosport) noch der letzte Wettkampf mit dem Teamspring­en an. Geiger hofft darauf, dass seine erneute Medaille ihm sowie seinen Kollegen Markus Eisenbichl­er, Pius Paschke und Severin Freund Schwung geben wird. „Das Team ist unser wichtigste­r Wettkampf“, sagte Geiger. Eine weitere Medaille ist das Ziel, es wäre die Krönung seiner starken Heim-WM. Im Training und in der Qualifikat­ion wollte es bei ihm nie so recht klappen, er probierte vieles aus. Im Wettkampf aber war er wieder da. Wie beim Silber von der Normalscha­nze oder beim Gold mit dem Mixed-Team.

Schnell wollte sich der Oberstdorf­er nach seinem ersten Sprung wieder auf den Weg nach oben machen, er wurde jedoch zweimal auf Umwege geschickt, ehe er flotten Schrittes davonmarsc­hieren konnte. Der 28-Jährige wollte sofort mit der Konzentrat­ion für seinen zweiten Sprung beginnen. In seine Gedanken versunken saß er vor seinem Sprung da. Voll konzentrie­rt, bereit für den nächsten Coup in einer völlig verrückten Saison. Bei der Skiflug-WM hatte er in Planica schon Gold gewonnen, kurz nach seiner Rückkehr wurde er Vater, ehe ihn das Coronaviru­s stoppte. Kaum zurück im Weltcup, gewann er das Auftaktspr­ingen der Vierschanz­entournee. Und nun die drei Medaillen bei der Heim-WM.

„Megageil, dass der Karl ne Medaille macht“, freute sich Markus

Eisenbichl­er. Der Titelverte­idiger erlebte einen Tag zum Vergessen. Er startete als Letzter in den ersten Durchgang. Aus dem Nebel und Schneetrei­ben flog er nach unten – und landete zu früh. Bei 122,5 Metern, das war zu wenig. „Wozu reicht das?“rief der Stadionspr­echer in die leere Arena. „Zum Heimgehen“, antwortete Eisenbichl­er verärgert. Er war aber gleich wieder positiv. „Dann muss ich halt noch einen raushauen“, kündigte er an. Er versuchte es mit aller Macht. Er flog auf 134 Meter, stürzte aber kurz nach dem Aufsprung. Geistesgeg­enwärtig riss er den Kopf nach oben, er stützte sich mit den Händen ab und verhindert­e so eine schlimme Verletzung. Glück im Unglück also, am Ende aber wurde es nur Rang 18. „Auf die Schnauze bin i gflong“, sagte er. Und: „Das nervt mich, ich war gerade in einer guten Form. Und dann passiert so ein Tag“, sagte Eisenbichl­er. Am Samstag hat er aber die Chance zur Wiedergutm­achung. Und zusammen mit Geiger sollte das doch klappen.

 ?? Foto: Ralf Lienert ?? Der Jubel bei Karl Geiger ist groß, die dritte Medaille ist ihm seit Freitagabe­nd sicher. Auf der Großschanz­e holte sich der Oberstdorf­er Bronze hinter Robert Johansson und dem Österreich­er Stefan Kraft, der diesmal einfach nicht zu schlagen war.
Foto: Ralf Lienert Der Jubel bei Karl Geiger ist groß, die dritte Medaille ist ihm seit Freitagabe­nd sicher. Auf der Großschanz­e holte sich der Oberstdorf­er Bronze hinter Robert Johansson und dem Österreich­er Stefan Kraft, der diesmal einfach nicht zu schlagen war.

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