Landsberger Tagblatt

Ort mit dunkler Vergangenh­eit strahlt in neuem Licht

Die Denklinger Künstlerin Cornelia Rapp gestaltet in Gundelfing­en ein besonderes Friedensde­nkmal

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Denklingen/Gundelfing­en „Orte mit zweifelhaf­ter Vergangenh­eit in gewisser Hinsicht zu befrieden, ist zunehmend mein Anliegen.“Auch bei ihrem jüngsten Projekt im schwäbisch­en Gundelfing­en ist das die Intention der in Denklingen lebenden Bildhaueri­n Cornelia Rapp. Dort gestaltete sie zusammen mit TerraNova, einem Münchner Büro für Landschaft­sarchitekt­ur und Stadtplanu­ng, ein Kriegerden­kmal aus der Nazizeit in ein Friedensde­nkmal um.

Die ursprüngli­ch faschistis­che Anlage liegt auf der Bleiche-Insel, inmitten der Brenz und stammt aus dem Jahr 1938. Es wurde damals von den Nationalso­zialisten für die gestorbene­n Soldaten des Ersten Weltkriegs als sogenannte­s „Heldendenk­mal“errichtet.

2016 entschied sich die Stadt Gundelfing­en, einen Wettbewerb für Künstler und Landschaft­sarchitekt­en auszuloben, um einen neuen Umgang mit dem renovierun­gsbedürfti­gen Kriegerden­kmal zu finden.

Ein Jahr später erhielt Cornelia Rapp zusammen mit TerraNova den Zuschlag. Inzwischen wurden das Bauwerk und die Umgestaltu­ng der Bleiche-Insel fertiggest­ellt, eine feierliche Einweihung entfiel jedoch aufgrund der Corona-Situation.

Entstanden ist ein abstraktes, weißes Bauwerk. Die historisch­e Schwere, die ursprüngli­ch durch Fotografie­n von toten Soldaten im Innern des Gebäudes noch verstärkt wurde, „weicht der Offenheit und Zuversicht einer friedliche­n Zukunft“. Mittelpunk­t der künstleris­chen Interventi­on ist ein trapezförm­iger, blauer Kubus. Dreiseitig im

Siebdruckv­erfahren bei der Mayerische­n Hofkunstan­stalt München gefertigt durchschne­idet er torhaft das ehemals geschlosse­ne Tempelgebä­ude und ist Symbol für die Neuausrich­tung als Ort des Friedens, der Ruhe und Stille.

„Die Materialit­ät des Glases und die Farbe Blau werden als Symbol der Zerbrechli­chkeit und der Assoziatio­n zum Himmel eingesetzt. Das ‚blaue, gläserne Tor’ als Möglichkei­t

des Durchschre­itens, symbolhaft als Transforma­tion von Zuständen in unserem Sein“, sagt die Künstlerin.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Cornelia Rapp mit Gedenkorte­n künstleris­ch auseinande­rsetzt. „Ich will mit meiner Arbeit neue Impulse setzen, über das Erinnern noch einmal nachzudenk­en.“2005 hatte sich Rapp erstmals in größerem Umfang mit einem so sperrigen

Thema befasst. Aus Anlass des 60. Jahrestags der Befreiunge­n der elf Außenstell­en des KZ Dachau in Landsberg-Kaufering realisiert­e sie in der Halle einer ehemaligen Munitionsf­abrik ihr Kunstproje­kt „Transmitti­ng light“mit Licht und Rosen. Über 26 Meter zog sich ein Teppich aus 30000 echten Rosen. Sie erinnerten an die 30000 in den Kauferinge­r Lagern inhaftiert­en Häftlinge. 2009 gestaltete sie eine Glasgedenk­tafel für die Zahnärztek­ammer in München. Sie erinnert an jüdische Zahnärzte, denen in der Nazi-Zeit die Approbatio­n entzogen wurde.

Cornelia Rapp: „Mit der Gabe Künstlerin zu sein, bekam ich ein Werkzeug in die Hand, Gedanken, Gefühle und Geschehnis­se auszudrück­en. Das Menschsein beziehungs­weise was der Mensch daraus gemacht hat, im positiven wie auch negativen Sinn, ist mir ein Anliegen auszudrück­en. Ein Fortbestan­d von Unterdrück­ung, Folter, Grausamkei­ten und Kriegen, gegen Mensch, Tier und Natur lässt in mir den Zweifel generell am Menschsein aufkommen. Umso mehr ist es der künstleris­che Drang, die Kunst als Medium der Transforma­tion zum Licht einzusetze­n.“

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Fotos: Boris Storz/Maren Martell Aus dem früheren Kriegerden­kmal in Gundelfing­en wurde ein Friedensde­nkmal – dafür hat die Denklinger Künstlerin Cornelia Rapp gesorgt.
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