Wenn das Magnetfeld der Erde schwankt
Eine Schwächung und schließlich die Umkehrung des Erdmagnetfeldes kann die Erdatmosphäre und das Klima erheblich verändern. Das berichten Wissenschaftler in Science nach der Analyse jahrtausendealter Baum-Überreste. Die Folgen waren womöglich gravierend.
Das Erdmagnetfeld umgibt die Erde und wird durch Ströme von flüssigem Eisen im äußeren Erdkern erzeugt. Es schützt die Erde vor kosmischer Strahlung und wird von einigen Tieren zur Orientierung genutzt. Die Feldstärke schwankt permanent, die magnetischen Pole wandern und kehren sich manchmal völlig um, zuletzt kurzzeitig vor etwas mehr als 41000 Jahren, in der Wissenschaft als „Laschamp-Ereignis“bekannt: Für etwa 500 Jahre waren der magnetische Nord- und Südpol vertauscht, das Erdmagnetfeld erreichte in dieser Zeit nur etwa 28 Prozent der heutigen Stärke.
Die australischen Forscher berichten, dass das Magnetfeld in der Zeit vor der ersten Umpolung zeitweilig noch schwächer war und nur rund sechs Prozent des derzeitigen Werts betrug. Dieses Phänomen tauften sie „Adams-Ereignis“, nach dem Science-Fiction-Autor Douglas Adams. In Computermodellen simulierten die Forscher, wie sich die erhöhte kosmische Strahlung auf die Chemie der Atmosphäre auswirkte, die auch das Klima beeinflusst. Sie stellten fest, dass die Schwächung des Erdmagnetfeldes zu einem Rückgang des Ozons geführt hat: „Ungefilterte Strahlung aus dem Weltraum zerriss Luftpartikel in der Erdatmosphäre, trennte Elektronen ab und emittierte Licht – ein Prozess, der Ionisierung genannt wird.“Als klimatische Folgen der Magnetfeldschwächung könnten große Seen in Australien ausgetrocknet sein, auch höhere Oberflächentemperaturen in Europa entstanden sein und niedrigere in Nordamerika, mit dem Anwachsen des Eisschildes dort. Die erhöhten Werte von Ultraviolettstrahlung könnten zum Aussterben großer Säugetiere in Australien und sogar des Neandertalers in Europa geführt haben, so die Forscher.
Auch das heutige Klima ist vom Erdmagnetfeld beeinflusst, das seit etwa 2000 Jahren wieder schwächelt. Seit der ersten direkten Messung vor 170 Jahren ist es um etwa neun Prozent schwächer geworden. Ob sich damit eine Polumkehr ankündigt, ist umstritten. Fest steht, dass magnetische Turbulenzen sich auf unsere auf Elektronik basierende Gesellschaft gravierend auswirken dürften. Stefan Parsch