Die Frage der Woche Jetzt Bildschirm kürzen?
Das Wetter war trüb, die Moral nicht immer hoch. Die verbrachten Stunden des Kindes vor dem PC oder Tablet dagegen schon. Klar wurde da mehr gezockt als sonst. Aber was auch tun, wenn Schwimmbäder, Kinos und überhaupt alles geschlossen hat? Das sonst übliche Nachmittagsprogramm Lockdowngecancelt ist. Mit der Mama begeistert spazieren gehen? Das wäre nicht nur realitätsfern, sondern unter Umständen ebenfalls besorgniserregend.
Da man nun wieder rausgehen kann, gibt es allerdings keinen Grund, wesentlich mehr Zeit als ausgemacht vor dem Bildschirm zu verdaddeln.
Die meisten Kinder sitzen derzeit ohnehin viel zu lange vor dem Computer. Schon allein der Unterricht zu Hause bedeutet fünf Stunden minimum Glotzen auf Bildschirme. Da sind die Hausaufgaben und Referate, die zwangsläufig auch online recherchiert werden müssen, noch gar nicht gemacht. Der digitale Schulalltag ist anstrengend genug. Dementsprechend sieht zumindest das eigene Kind zuweilen nach dem Unterricht auch aus. Glasige angestrengte Augen, blass, müde.
Die Grenzen verschwimmen ohnehin: Recherchiert das Kind noch fleißig über Kreuzzüge oder ist es schon in der Spielewelt angekommen und kämpft dort längst an anderen Fronten? Wie soll man da Zeitlimits kontrollieren, zumal man ja im Homeoffice sich vielleicht auch gerade um andere Dinge kümmern muss.
Das ausgemachte Limit ist also sowieso stets überdehnt. Zumal Kinder, einmal bei Youtube oder Minecraft eingetaucht, jegliches Zeitgefühl verlieren.
Deswegen: Gegensteuern! Das Dauerdaddeln darf keine Gewohnheit werden. Es gibt so viel anderes zu erleben. Das dürfen sie nicht verpassen.
Hoffentlich sind Sie gut mit Ihrem Nachwuchs durch diese schwierigen Monate gekommen. Denn das ist ja bei den von allen einzeln und dann auch gemeinsam zu meisternden Herausforderungen die Hauptsache. Darum waren manche zuvor mitunter mühsam ausgefochtenen Regelungen wie etwa zu genehmigten Bildschirmzeiten plötzlich nicht mehr ganz so wichtig. Und? Hat sich daran jetzt schon Entscheidendes geändert?
Außer dass es sich vielleicht so anfühlt, als wäre es endlich an der Zeit, wieder zur familiären Normalität zurückzukehren? Dürfen, können, sollen die Kinder: sich einander in ihren Freundesgruppen rumtreiben, ins Fußballtraining gehen, sich im Schwimmbad austoben? Sie können in Baumärkte gehen und zum Friseur. Wow, wie geil! Aber ja, klar, das Wetter ist besser jetzt. Draußen rumradeln kann man also viel länger und viel weiter – bei noch geltenden Kontaktbeschränkungen! Das chillt die Lage natürlich beträchtlich…
Also mal im Ernst: Halten Sie durch! Heißt: Halten Sie es einfach noch ein bisschen aus, dass die Kinder mehr glotzen und daddeln als sonst. Die werden keinen bleibenden Schaden davontragen. Also machen Sie ruhig mehr Angebote, wieder was gemeinsam zu unternehmen – wenn Sie auch selbst die Kraft und die Zeit dazu haben. Und seien Sie in der Umsetzung dabei gegebenenfalls auch nachdrücklich. Aber zu denken und also zu verordnen, es sei jetzt mal gut mit den Ausnahmetoleranzen? Das sollte man doch an die dafür entscheidenden Lockerungen in der ganzen Gesellschaft koppeln. Das hilft der Akzeptanz der jetzigen Beschränkungen, der Argumentation dann bei der Rückkehr zur normalen Regelung – und also dem wichtigsten Ansinnen: weiter gut gemeinsam durch diese schwierigen Monate zu kommen.