Warum Katzen rasiert wurden
Für viele Diskussionen und Emotionen sorgt die Nachricht aus Penzing, dass dort jemand Katzen rasiert. Doris Dietz erklärt, was sie damit beabsichtigt. Was Tierärzte und der Tierschutzverein Landsberg zu dem Fall sagen
Penzing Für viele Diskussionen und Emotionen sorgten kürzlich in unserer Zeitung und in Sozialen Netzwerken Berichte, wonach Katzen ein Streifen Fell abrasiert wurde. Betroffen seien Tiere in Oberbergen und Penzing, hieß es. So mancher vermutet dahinter einen Katzenhasser. Doch der Fall stellt sich tatsächlich ganz anders dar, wie das LT nun recherchiert hat.
Für die Aktion verantwortlich ist nämlich eine ausgemachte Katzenliebhaberin: Doris Dietz aus Weil. „Ich habe selber mehrere Katzen und kümmere mich um streunende Tiere in Oberbergen und meine Aktivitäten sind im Ort bekannt. Es gab einen extremen Bestand an Katzen, deswegen habe ich Mitte 2017 – damals kam eine Tierärztin auf mich
Sehr viele frei laufende Katzen in Oberbergen
zu – angefangen, mich darum zu kümmern. Insgesamt beschäftigt mich das Thema schon zehn Jahre.“Kümmern bedeutet in Doris Dietz’ Fall, dass sie schaut, ob die Katzen gechippt oder tätowiert sind, also einem Besitzer zugeordnet werden können, auch versuche sie, den Besitzer in Gesprächen mit Anwohnern zu ermitteln. Gelingt das nicht, bringt sie die Katzen zu Tierärzten und lässt sie kastrieren.
Dass den Katzen dabei auch ein Streifen vom Genick bis zum Schwanzbeginn wegrasiert werde, begründet sie damit, dass ihr das die Arbeit erleichtere. „Ich sehe so in den Monaten danach, ob die Katze schon kastriert ist und kann sie besser auseinanderhalten, beispielsweise wenn zehn schwarze Katzen auf einem Hof leben.“Insgesamt 49 Katzen hat sie nach eigenen Angaben mit Lebendfallen bislang in Oberbergen eingesammelt und von Tierärzten operieren lassen. Heuer seien es zwei gewesen. „Probleme mit Katzenbesitzern hatte ich bislang noch nie“, äußert die Weilerin auf Nachfrage unserer Zeitung.
Verwundert über das Rasieren der Katzen äußert sich Detlef Großkopf, Vorsitzender des Tierschutzvereins Landsberg, der Doris Dietz kennt, auch weil der Verein ihr Gutscheine überlässt, dank derer die Kastrationen bezahlt werden können. „Es ist keine nachhaltige Lösung und führt zu Unruhe in der Bewie man aktuell sieht.“Üblicher sei, der Katze ein Stück Ohr zu entfernen als Kennzeichen dafür, dass sie kastriert wurde.
Ein Vorgehen, das die Landsberger Tierärztin Daniela Bach bestätigt. „Ich selbst mache es noch nicht, aber Kollegen schon“, so die Veterinärin, die mit dem Tierschutzverein Landsberg zusammenarbeitet. Für Dietz komme das aber nicht infrage, wie sie betont. „Das hat für mich etwas mit dem Recht auf körperliche Unversehrtheit zu tun. Zudem ist es kein eindeutiger Indikator, weil es bei wilden Katzen immer wieder mal zu Auseinandersetzungen kommt und es sein kann, dass dadurch ein Stück Ohr fehlt.“Sie selbst lasse Tierärzte lieber nachschauen, ob eine Narbe von einer Operation zu sehen sei.
Das habe aber seine Tücken, äußert Daniela Bach. Teils würden Narben so gut verheilen, dass nichts mehr zu sehen und die Suche der aus ihrer Erfahrung bei wilden Katzen auch nur unter Narkose möglich sei, weil Fell wegrasiert werden müsste. „Und dann bleibt noch das Problem, dass es immer noch Kollegen gibt, die die Operation über die seitliche Bauchwand durchführen. Da muss man eine viel größere Fläche absuchen. Üblich ist, den Schnitt beim Bauchnabel zu machen.“
Die Operationen im Auftrag von Doris Dietz nimmt unter anderem Frieder Steinbauer aus Scheuring vor, der seit 33 Jahren praktiziert. Der Tiermediziner befürwortet das Engagement der Weilerin und rasiert den Streifen auf deren Wunsch hin. „Katzen, die sich unkontrolliert vermehren, sind ein riesiges Problem. Auch weil sie keine natürlivölkerung, chen Feinde mehr haben. Auf dem Land ist es noch schlimmer als in der Stadt, weil sie sich auf den Hofstellen besser verstecken können“, sagt er. Hinzu komme, dass die Tiere teils noch gefüttert werden und es dann zu großen Populationen wie in Oberbergen komme. Mehrere Bundesländer haben inzwischen rechtliche Voraussetzungen geschaffen, damit die Kommunen eine Pflicht zur Kastration, Kennzeichnung und Registrierung von frei laufenden Katzen erlassen können. Bayern gehört nicht dazu.
Auf die Frage, ob er nicht fürchte, eine Katze gegen den möglichen Willen des Besitzers zu kastrieren, sagt er: „Wir bewegen uns hier sicher in einem Graubereich. Allerdings trete der Fall ganz selten auf“, sagt Steinhauer. Er appelliert an Katzenbesitzer, ihre Tiere kennzeichnen zu lassen, damit sie identifizierbar seien. Das helfe auch, wenn das Tier nach einem Unfall identifiStelle ziert und behandelt werden soll. Doris Dietz bescheinigt er, dass sie ihr ehrenamtliches Engagement „auf sehr hohem Niveau“betreibe und über die nötige Erfahrung und Geduld verfüge, soweit er das beurteilen könne. Bekannt ist Doris Dietz auch beim Veterinäramt in Landsberg. „Wir schätzen ihre Arbeit“, sagt Leiter Dr. Michael Veith.
Keine Kenntnis von den Aktivitäten von Doris Dietz in Oberbergen und den rasierten Katzen habe die Gemeinde Penzing, sagt Bürgermeister Peter Hammer auf Nachfrage des Landsberger Tagblatts. „Wir hatten nur Kontakt zu ihr, weil sie uns gebeten hat, dass wir allgemeine Informationen zur Kastration im Gemeindeblatt veröffentlichen, was wir auch getan haben.“Im Mitteilungsblatt heißt es: „Jede weitere Vermehrung von Katzen, die nicht im Rahmen einer planmäßigen Katzenzucht abläuft, ist deshalb unverantwortlich.“
Das Thema wird auch im Gemeindeblatt aufgegriffen