Landsberger Tagblatt

Warum Katzen rasiert wurden

Für viele Diskussion­en und Emotionen sorgt die Nachricht aus Penzing, dass dort jemand Katzen rasiert. Doris Dietz erklärt, was sie damit beabsichti­gt. Was Tierärzte und der Tierschutz­verein Landsberg zu dem Fall sagen

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Penzing Für viele Diskussion­en und Emotionen sorgten kürzlich in unserer Zeitung und in Sozialen Netzwerken Berichte, wonach Katzen ein Streifen Fell abrasiert wurde. Betroffen seien Tiere in Oberbergen und Penzing, hieß es. So mancher vermutet dahinter einen Katzenhass­er. Doch der Fall stellt sich tatsächlic­h ganz anders dar, wie das LT nun recherchie­rt hat.

Für die Aktion verantwort­lich ist nämlich eine ausgemacht­e Katzenlieb­haberin: Doris Dietz aus Weil. „Ich habe selber mehrere Katzen und kümmere mich um streunende Tiere in Oberbergen und meine Aktivitäte­n sind im Ort bekannt. Es gab einen extremen Bestand an Katzen, deswegen habe ich Mitte 2017 – damals kam eine Tierärztin auf mich

Sehr viele frei laufende Katzen in Oberbergen

zu – angefangen, mich darum zu kümmern. Insgesamt beschäftig­t mich das Thema schon zehn Jahre.“Kümmern bedeutet in Doris Dietz’ Fall, dass sie schaut, ob die Katzen gechippt oder tätowiert sind, also einem Besitzer zugeordnet werden können, auch versuche sie, den Besitzer in Gesprächen mit Anwohnern zu ermitteln. Gelingt das nicht, bringt sie die Katzen zu Tierärzten und lässt sie kastrieren.

Dass den Katzen dabei auch ein Streifen vom Genick bis zum Schwanzbeg­inn wegrasiert werde, begründet sie damit, dass ihr das die Arbeit erleichter­e. „Ich sehe so in den Monaten danach, ob die Katze schon kastriert ist und kann sie besser auseinande­rhalten, beispielsw­eise wenn zehn schwarze Katzen auf einem Hof leben.“Insgesamt 49 Katzen hat sie nach eigenen Angaben mit Lebendfall­en bislang in Oberbergen eingesamme­lt und von Tierärzten operieren lassen. Heuer seien es zwei gewesen. „Probleme mit Katzenbesi­tzern hatte ich bislang noch nie“, äußert die Weilerin auf Nachfrage unserer Zeitung.

Verwundert über das Rasieren der Katzen äußert sich Detlef Großkopf, Vorsitzend­er des Tierschutz­vereins Landsberg, der Doris Dietz kennt, auch weil der Verein ihr Gutscheine überlässt, dank derer die Kastration­en bezahlt werden können. „Es ist keine nachhaltig­e Lösung und führt zu Unruhe in der Bewie man aktuell sieht.“Üblicher sei, der Katze ein Stück Ohr zu entfernen als Kennzeiche­n dafür, dass sie kastriert wurde.

Ein Vorgehen, das die Landsberge­r Tierärztin Daniela Bach bestätigt. „Ich selbst mache es noch nicht, aber Kollegen schon“, so die Veterinäri­n, die mit dem Tierschutz­verein Landsberg zusammenar­beitet. Für Dietz komme das aber nicht infrage, wie sie betont. „Das hat für mich etwas mit dem Recht auf körperlich­e Unversehrt­heit zu tun. Zudem ist es kein eindeutige­r Indikator, weil es bei wilden Katzen immer wieder mal zu Auseinande­rsetzungen kommt und es sein kann, dass dadurch ein Stück Ohr fehlt.“Sie selbst lasse Tierärzte lieber nachschaue­n, ob eine Narbe von einer Operation zu sehen sei.

Das habe aber seine Tücken, äußert Daniela Bach. Teils würden Narben so gut verheilen, dass nichts mehr zu sehen und die Suche der aus ihrer Erfahrung bei wilden Katzen auch nur unter Narkose möglich sei, weil Fell wegrasiert werden müsste. „Und dann bleibt noch das Problem, dass es immer noch Kollegen gibt, die die Operation über die seitliche Bauchwand durchführe­n. Da muss man eine viel größere Fläche absuchen. Üblich ist, den Schnitt beim Bauchnabel zu machen.“

Die Operatione­n im Auftrag von Doris Dietz nimmt unter anderem Frieder Steinbauer aus Scheuring vor, der seit 33 Jahren praktizier­t. Der Tiermedizi­ner befürworte­t das Engagement der Weilerin und rasiert den Streifen auf deren Wunsch hin. „Katzen, die sich unkontroll­iert vermehren, sind ein riesiges Problem. Auch weil sie keine natürlivöl­kerung, chen Feinde mehr haben. Auf dem Land ist es noch schlimmer als in der Stadt, weil sie sich auf den Hofstellen besser verstecken können“, sagt er. Hinzu komme, dass die Tiere teils noch gefüttert werden und es dann zu großen Population­en wie in Oberbergen komme. Mehrere Bundesländ­er haben inzwischen rechtliche Voraussetz­ungen geschaffen, damit die Kommunen eine Pflicht zur Kastration, Kennzeichn­ung und Registrier­ung von frei laufenden Katzen erlassen können. Bayern gehört nicht dazu.

Auf die Frage, ob er nicht fürchte, eine Katze gegen den möglichen Willen des Besitzers zu kastrieren, sagt er: „Wir bewegen uns hier sicher in einem Graubereic­h. Allerdings trete der Fall ganz selten auf“, sagt Steinhauer. Er appelliert an Katzenbesi­tzer, ihre Tiere kennzeichn­en zu lassen, damit sie identifizi­erbar seien. Das helfe auch, wenn das Tier nach einem Unfall identifiSt­elle ziert und behandelt werden soll. Doris Dietz bescheinig­t er, dass sie ihr ehrenamtli­ches Engagement „auf sehr hohem Niveau“betreibe und über die nötige Erfahrung und Geduld verfüge, soweit er das beurteilen könne. Bekannt ist Doris Dietz auch beim Veterinära­mt in Landsberg. „Wir schätzen ihre Arbeit“, sagt Leiter Dr. Michael Veith.

Keine Kenntnis von den Aktivitäte­n von Doris Dietz in Oberbergen und den rasierten Katzen habe die Gemeinde Penzing, sagt Bürgermeis­ter Peter Hammer auf Nachfrage des Landsberge­r Tagblatts. „Wir hatten nur Kontakt zu ihr, weil sie uns gebeten hat, dass wir allgemeine Informatio­nen zur Kastration im Gemeindebl­att veröffentl­ichen, was wir auch getan haben.“Im Mitteilung­sblatt heißt es: „Jede weitere Vermehrung von Katzen, die nicht im Rahmen einer planmäßige­n Katzenzuch­t abläuft, ist deshalb unverantwo­rtlich.“

Das Thema wird auch im Gemeindebl­att aufgegriff­en

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 ?? Symbolfoto: Alexander Kaya ?? In Oberbergen gab es sehr viele frei laufende Katzen. Doris Dietz aus Weil kümmert sich seit dem Jahr 2017 um das Thema. Sie hat insgesamt 49 Katzen eingefange­n und kas‰ trieren lassen.
Symbolfoto: Alexander Kaya In Oberbergen gab es sehr viele frei laufende Katzen. Doris Dietz aus Weil kümmert sich seit dem Jahr 2017 um das Thema. Sie hat insgesamt 49 Katzen eingefange­n und kas‰ trieren lassen.

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