Landsberger Tagblatt

Schluss mit der Warterei: Es ist höchste Zeit für testen, testen, testen!

Bürokratie bremst eine funktionie­rende Teststrate­gie aus. Dabei ist diese elementar für eine Rückkehr zum normalen Leben und für offene Kitas und Schulen

- VON LEA THIES lea@augsburger‰allgemeine.de

Aufstehen, Zähne putzen, anziehen, Frühstück machen, Blick auf den aktuellen Inzidenzwe­rt werfen – so sieht seit einem Jahr die Morgenrout­ine zahlreiche­r Väter und Mütter von Kindergart­enund Schulkinde­rn aus. Und bei nicht wenigen beginnt der Morgen nun, da die Inzidenzwe­rte vielerorts wieder steigen, auch wieder mit Sorgen: Was, wenn die Schulen wieder schließen müssen? Was, wenn das Kind wieder nicht in die Kita darf?

Nach einem Jahr Pandemie sind einige Behörden und Politiker offensicht­lich noch immer im Reaktionss­tatt im Aktionsmod­us, und es wird mancherort­s in einem Schneckent­empo gearbeitet, dass einem Angst und Bange werden kann. Beispiel Rahmenhygi­eneplan: Seit Ende Dezember ist klar, dass es gefährlich­e, hochanstec­kende Mutationen gibt, seit Januar fordern bereits Erzieherin­nen und Gewerkscha­ften, dass endlich die Schnupfenr­egel verschärft wird und nur gesunde oder getestete Kinder in die Kitas dürfen. Es dauerte aber noch bis Mitte März, bis das Gesundheit­sministeri­um reagierte – dann muss aber plötzlich alles ganz schnell gehen, denn mancherort­s liegt die Mutationsq­uote schon bei über 50 Prozent. Eltern, Kitas und Ärzte bekommen ganze vier Tage Zeit, um sich auf diese neuen Regelungen einzustell­en, sich in missverstä­ndliche Formulieru­ngen einzulesen, zu informiere­n, Schnelltes­ts zu organisier­en. Bei Hausärzten laufen die Telefone heiß. Eltern, die keinen Test-Termin bekommen, müssen plötzlich ihr Kind daheim betreuen anstatt zu arbeiten. Der Unmut ist zurecht groß angesichts dieses Chaos’ mit Ansage. Und so unnötig das alles, hätte man mit Weitsicht und guter Absprache schon im Januar gehandelt.

Noch ein Beispiel: Österreich lässt seine Schülerinn­en und Schüler seit 8. Februar wieder im Präsenzunt­erricht lernen. Pro Monat werden in den Schulen 1,4 Millionen Selbsttest­s durchgefüh­rt, bei denen sich die Kinder zwei Mal pro Woche einen Abstrich im vorderen Nasenberei­ch nehmen. Dabei wurden seitdem rund 3000 Treffer gelandet. Heißt: 3000 Infizierte, die sonst womöglich nicht aufgefalle­n wären und unbewusst andere Menschen angesteckt hätten. Es ist längst erwiesen, dass flächendec­kende und häufig durchgefüh­rte Laienteste­s Infektions­ketten frühzeitig unterbrech­en. Und auch dass Laien gar nicht zwangsläuf­ig so viel schlechter Abstriche nehmen als Profis und die Masse an Tests das wieder wettmacht. Dennoch verschwend­et Deutschlan­d wertvolle Zeit mit Bürokratie, prüft aufwendig Zulassunge­n von Laien-Tests, die teils als Profi-Variante aber schon in Deutschlan­d auf dem Markt sind. Man müsse die Hersteller­angaben

und die Qualität der Laien-Tests evaluieren, verteidigt­e Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn das Vorgehen. Interessan­terweise verlässt man sich bei ProfiSchne­lltests aber auf die Angaben derselben Hersteller.

Und nun, da die Inzidenzen also wieder steigen, richten sich Eltern wieder auf Homeschool­ing und Kita-Notbetreuu­ng ein. Das AufZu-Auf-Zu ist aber keine Lösung! Kitas und Schulen sind systemrele­vant, dort wird die Zukunft unserer Gesellscha­ft ausgebilde­t. Kinder haben ein Recht auf Bildung. Wenn der Politik in Berlin und München wirklich daran gelegen ist, dass die Kitas und Schulen trotz dritter Welle geöffnet bleiben, dann müssen schleunigs­t und unkomplizi­ert viele Tests, Impfstoff für Erzieher und Lehrer sowie kreative Konzepte her, damit Kinder eine Chance auf Normalität bekommen. Eine normale Morgenrout­ine könnte zwei Mal die Woche auch so aussehen: Aufstehen, Zähne putzen, frühstücke­n, Test machen – und dann getrost in der Schule lernen oder in der Kita spielen.

Wir müssen die Infektions­ketten unterbrech­en

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