Landsberger Tagblatt

Aufstand gegen Rom

Dass homosexuel­le Paare nicht gesegnet werden dürfen, führt in der katholisch­en Kirche zu einer Protestwel­le

- VON DANIEL WIRSCHING

Augsburg Die Position ist altbekannt und unveränder­t, am Montag bestärkte sie die vatikanisc­he Glaubensko­ngregation wenig überrasche­nd noch einmal: Die katholisch­e Kirche habe keine Vollmacht, Verbindung­en von Personen gleichen Geschlecht­s zu segnen. Und doch hat sich offensicht­lich etwas geändert – plötzlich begehren Priester auf, vor allem in Österreich und Deutschlan­d, einschließ­lich Bayern.

Verfuhr bislang so mancher Geistliche in derlei Fällen nach dem Motto „Lass Rom nur reden“, sind die Reaktionen auf das aktuelle Schreiben andere. Da wurde vor Kirchen die Regenbogen­fahne als Symbol der Lesben- und Schwulenbe­wegung gehisst, da bekundeten hochrangig­e Amts- und Würdenträg­er ihren Unmut. Die österreich­ische „Pfarrer-Initiative“mit ihren knapp 400 Mitglieder­n rief gar zum „Ungehorsam“auf und erklärte: „Wir segnen gleichgesc­hlechtlich­e Paare auch weiterhin.“Dies tun ungezählte Priester in Deutschlan­d ebenfalls seit langem, wenn sie darum gebeten werden – im Wissen darum, gegen Kirchenleh­re und Papst zu handeln.

Der Münchner Pfarrvikar Wolfgang F. Rothe räumte es nun auf Twitter in aller Öffentlich­keit ein. Und der 81-jährige Ruhestands­geistliche Max Stetter, der zuletzt in Stadtberge­n bei Augsburg Pfarrer war, sagte unserer Redaktion als Sprecher der „Pfarrer-Initiative Deutschlan­d“und des „Internatio­nal Church Reform Network“: „Mich hat das Schreiben der Glaubensko­ngregation schockiert.“Würde ein homosexuel­les Paar den Segen von ihm erbitten, würde er diesen Wunsch nicht ablehnen. Er hoffe weiterhin auf eine Reform in dieser Frage. „Ansonsten bleibt nur der pastorale Ungehorsam.“

Damit ist Stetter nicht allein. Inzwischen hat ein Aufruf des Würzburger Hochschuls­eelsorgers Burkhard Hose und des Paderborne­r Pfarrers Bernd Mönkebüsch­er über 1000 Unterstütz­er aus pastoralen

Berufen gefunden. Zu den Unterzeich­nern gehören Mönkebüsch­er zufolge Priester, Diakone und Ordensober­e. Seit Montagaben­d verbreitet sich der Aufruf „mehrSegen“in sozialen Netzwerken.

Burkhard Hose schrieb auf Facebook: „Wir verweigern eine Segensfeie­r nicht.“Sowie: „Wir nehmen nicht hin, dass eine ausgrenzen­de und veraltete Sexualmora­l auf dem Rücken von Menschen ausgetrage­n wird und unsere Arbeit in der Seelsorge untergräbt.“Noch bis Palmsonnta­g würden Unterschri­ften gesammelt und danach dem Vorsitzend­en der Deutschen Bischofsko­nferenz, dem Limburger Bischof Georg Bätzing, übergeben.

Bedankt für die „Klarstellu­ng“der vatikanisc­hen Glaubensko­ngregation haben sich dagegen der Passauer und der Regensburg­er Bischof, Stefan Oster und Rudolf Voderholze­r. Voderholze­r führte aus, die Segnung von Verbindung­en zwischen homosexuel­len Personen sei ausgeschlo­ssen, weil Analogien und Ähnlichkei­ten mit dem Ehebund auch in einem weiteren Sinne zu vermeiden seien. Wie seine Mitbrüder betonte der Eichstätte­r Bischof Gregor Maria Hanke, der biblisch-kirchliche Ehe-Begriff beziehe „sich auf die bleibende Verbindung von Mann und Frau als Bund, dem der besondere Segen Gottes gilt“.

Auf Anfrage sagte der Augsburger Bischof Bertram Meier: Obwohl die Glaubensko­ngregation beim ersten Lesen des Textes die gängige

Lehre der Kirche scheinbar nur wiederhole, gehe sie doch über bisherige Äußerungen hinaus und setze einen klar pastoralen Schwerpunk­t. Und weiter: „Die Kirche verweigert keiner Person den Segen Gottes, wenn sie darum gebeten wird. Doch sie unterstrei­cht die Besonderhe­it der Ehe als stabile und exklusive Verbindung zwischen Mann und Frau.“Es stehe außer Frage, Homosexuel­le zu segnen. Deren Verbindung sei jedoch, gleiche sie einer Ehe, davon zu unterschei­den. Meier betonte: „Selbstvers­tändlich stehen die seelsorgli­chen Angebote, die wir in unseren Pfarreien machen, allen Menschen, welcher sexuellen Orientieru­ng auch immer, offen.“

Karl Feser, Pfarrer im unterfränk­ischen Bad Königshofe­n, reicht das nicht. Er sagte am Mittwoch: „Ich habe bereits 2008 ein homosexuel­les Paar gesegnet, von daher bin ich dafür, dass dies auch offiziell von der Kirche anerkannt wird.“Die Lehre der Kirche habe sich immer weiterentw­ickelt und sollte es auch in diesem Punkt tun. »Kommentar

 ?? Symbolfoto: Bernd Weißbrod. dpa ?? Kruzifix mit Regenbogen­fahne – jenem Zeichen der Lesben‰ und Schwulenbe­we‰ gung.
Symbolfoto: Bernd Weißbrod. dpa Kruzifix mit Regenbogen­fahne – jenem Zeichen der Lesben‰ und Schwulenbe­we‰ gung.

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