Mit Spenden 5120 Mahlzeiten finanziert
Der Dießener Bildhauer Matthias Rodach leistet in Lipa/Bihac in Bosnien humanitäre Hilfe für Flüchtlinge. An der EU-Außengrenze leben sie dort derzeit in ausgebrannten Ruinen, in Zelten und unter Planen
Dießen Der Bildhauer Matthias Rodach ist von Lipa/Bihac nach Dießen zurückgekehrt, mit im Gepäck viele Bilder, Eindrücke und emotionale Erlebnisse. Am 7. Februar ist er mit seinem VW-Bus und einem Anhänger, voll beladen mit Materialspenden wie Kochtöpfen, Smartphones, Kleidung, Schuhen, Zelten und Schlafsäcken zu den Flüchtlingen im Grenzland von Bosnien aufgebrochen
Auch waren 8 000 Euro an Spenden zusammengekommen, die Rodach vor Ort zielgerichtet einsetzen konnte. 6 000 Euro konnte er in Bihac in 11900 Bosnische Mark tauschen und Lebensmittel für zwei Wochen kaufen. „Mit dem Geld konnten wir 5120 Essen finanzieren“, freut sich Matthias Rodach.
Dies sei umso wichtiger zu diesem Zeitpunkt gewesen, da das Kochkollektiv Frach, mit dem Rodach kooperiere und das ebenfalls freiwillige Helfer vor Ort habe, zu diesem Zeitpunkt über keine finanziellen Mittel mehr verfügt habe. Mit den Spenden kaufte Rodach auch Material, um Regale zur Lagerung der Hilfsmittel zu zimmern: „Zum Glück wurde ich dabei von zwei jungen tschechischen Männern, Petr und Adriel, unterstützt, die auch als Helfer nach Bihac gekommen waren. So ging die Arbeit viel schneller als geplant voran.“
So entstand beispielsweise auch ein Regal für die Organisation Pomociba, die aus Opfertieren kräftigendes Essen für die Armen in Bihac kocht und ausliefert und zudem einen Secondhandladen betreibt. Was es mit den Opfertieren auf sich hat, hat Matthias Rodach auch in Erfahrung bringen können: „Im Islam muss ein Reicher einmal im Jahr ein Tier opfern und es an Arme spenden. Da es durchaus auch Reiche im 50000 Einwohner großen Bihac gibt, wird dort jede Woche mindestens ein Tier geopfert.“Auch diese Organisation unterstützte der Bildhauer mit Spendengeldern und hofft, damit die Spaltung innerhalb der Bevölkerung von Bihac etwas kitten zu können.
Durch eine weitere Aufgabe, die Essensverteilung, kam der Dießener in direkten Kontakt mit den Flüchtlingen, die bei winterlichen Temperaturen in Zelten, unter Planen oder in alten, ausgebrannten oder vom Krieg übrig gebliebenen Ruinen leben. Essen und Essensgutscheine auszugeben ist außerhalb des Lagers illegal. Wer dabei erwischt wird, muss innerhalb einer Woche ausreisen. „Da ich ohnehin bald meine Heimreise antreten wollte, ging ich das Risiko ein“, berichtet der Helfer.
Die Bilder, die er von den Unterkünften zeigt, erzählen Geschichten von bitterer Armut. Zwischen Schutt und Müll stehen Zelte, in einer ehemaligen fensterlosen Halle kokelt ein Lagerfeuer. In graffitibeschmierten kahlen Räumen hocken die Flüchtlinge auf Isomatten, die ein wenig die Kälte des Bodens abmildern, vor ihnen große Wasserflaschen. Eine gänzlich zerstörte Fabrik, von der teilweise kaum mehr als die Außenmauern stehen, gibt 165 Menschen Unterkunft. Notdürftig halten sie mittels vorgehängter Planen und Tücher Blicke und Wind ab und schaffen sich etwas Privatsphäre.
„Überall brennen offene Feuer, um die sich die Menschen scharen, um sich aufzuwärmen, zu kochen oder einen Tee zu trinken“, erzählt Rodach. „Der Rauch dieser Feuer mischt sich mit den Abgasen der Stadt und bildet eine massive Rauchglocke.“
Da das Kochkollektiv Frach nicht für die Flüchtlinge kochen darf, werden Foodpacks zusammengestellt und verteilt. Sie enthalten Reis, Linsen, Mehl, gekochte Tomaten, Gewürze, Zwiebeln und Knoblauch, Kartoffeln sowie Erbsen oder Möhren. Auch ein pakistanisches Restaurant gibt Essenspakete an die Flüchtlinge aus. Vieles, was der Künstler aus Dießen vor Ort im Gebiet, in dem die Flüchtlinge dem Winter trotzen, erfährt, ist bei uns nicht bekannt. So zum Beispiel die verminten Wälder beim Flüchtlingscamp Lipa oder die dort angesprochene Korruption der International Organisation for Migration und dass Personen dieser Gruppe und nicht die Flüchtlinge das Feuer im vorherigen Camp in Lipa gelegt hätten.
In Grenzgebieten wie diesem liegen Gut und Böse nahe beieinander. Zum einen sind die dort gestrandeten Menschen auf ihrer Flucht in die Europäische Union schutzlos Übergriffen ausgeliefert. „Immer wieder dringen Faschisten in die Ruinen ein und greifen die Migranten brutal an, teils mit Todesfolge“, berichtet Rodach.
Doch gibt es auch hilfsbereite Einheimische vor Ort. Einer davon ist Zlatan Kovacevic. Der im Bosnienkrieg Kriegsversehrte hat die
Das Geld für das Essen kommt aus Dießen
Bittere Armut zwischen Schutt und Müll
Organisation SOS-Bihac gegründet. Sie leistet vor allem medizinische Notversorgung bei Flüchtlingen, die bei ihrem Versuch, über die Grenze nach Kroatien zu gelangen, von der Grenzpolizei zusammengeschlagen und ihrer Habseligkeiten und ihrer Kleidung beraubt, wieder zurückgeschickt werden. Auch SOS-Bihac konnte Rodach mit den gesammelten Spenden finanziell unterstützen.
Zwar ist Rodach nun wieder zurück am Ammersee, doch will er sich weiterhin für die Flüchtlinge in Lipa und Bihac in Bosnien einsetzen und bittet die Bevölkerung deshalb um Spenden.
OSpendenkonto: Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe und interkulturelle Friedensarbeit e.V. IBAN: DE21 3905 0000 0000 3170 08 BIC: AACSDE33 Sparkasse Aachen. Verwendungszweck: SOSBihac oder Bihac, Frach