Landsberger Tagblatt

Für Bene geht es immer vorwärts

Der sechsjähri­ge Bene Stumpf hat das Down-Syndrom. Das Leben seiner Geschwiste­r und Eltern bereichert der Bub. Im Alltag stößt die Familie aber auch auf Probleme

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Landsberg „Ohne Bene würde was fehlen“, sagt Clara (8). Denn auch wenn er manchmal „nervt“, verbreitet ihr zwei Jahre jüngerer Bruder doch so viel Liebe, Fröhlichke­it, aber auch Fürsorglic­hkeit wie kaum ein anderes Kind. Obwohl oder vielleicht gerade weil Bene das DownSyndro­m hat, das am Sonntag, 21. März, mit einem Welttag ins Bewusstsei­n gerückt wird.

Die Diagnose kam für Simone Stumpf völlig überrasche­nd. Vier Tage lang hatte die Familie aus dem Landkreis gefeiert, dass Bene, nach einer sehr schwierige­n Schwangers­chaft als Frühgeburt auf die Welt gekommen, auf dem Wege der Stabilisie­rung war. Da teilte ihr der Arzt quasi im Vorbeigehe­n mit, dass Bene ein Chromosom zu viel hat – eine Trisomie 21.

Damals war die Erzieherin „sehr geschockt“. Doch die Eltern fingen sich relativ schnell. Schließlic­h sei Bene genauso ein von Gott gewolltes Kind, betonen Simone und Martin Stumpf. Und er gibt so viel zurück.

Schwierig war für das Ehepaar die Reaktion einiger Bekannter, die Benes Ankunft schlichtwe­g ignorierte­n. Wahrschein­lich, weil sie nicht wussten, ob sie zur Geburt „so eines

Kindes“überhaupt gratuliere­n sollten, meint Simone Stumpf. Sie erzählt auch von den Menschen, die in Benes Kinderwage­n schauten, aber dann nichts sagten.

Zum Glück kam das Ehepaar bald in Kontakt mit anderen betroffene­n Eltern, die ihre Erfahrunge­n mit ihnen teilten. So war auch schnell klar, dass Bene nach der Frühförder­ung die Heilpädago­gische Kindertage­sstätte 1 der Lebenshilf­e besuchen sollte.

Zum einen gibt es dort speziell ausgebilde­tes Personal, das ihm hilft, sein Potenzial ganz auszuschöp­fen. Zum anderen bekommt

Bene dort alle erforderli­chen Therapien, betonen die Eltern. Sie freuen sich über die großen Fortschrit­te, die Bene gemacht hat: Er lernte innerhalb kürzester Zeit zu laufen und seit seiner Herz-OP vor einem Dreivierte­ljahr macht er das sogar sehr ausdauernd. Auch die selbststän­dige Lebensbewä­ltigung, die Sprache und die Motorik werden kontinuier­lich gefördert, sodass es immer vorwärtsge­ht. Bene liebt seinen Kindergart­en und besonders das therapeuti­sche Reiten und das Schwimmbad.

Am meisten aber verehrt Bene „Dida“(„die da“), wie er seine zwei Jahre jüngere Schwester Paula nennt. Sie hat einen besonderen Draht zu ihrem Bruder, erklärt Simone Stumpf. Paula weiß meist intuitiv, was Bene gerne machen will, spielt mit ihm Tierarzt, Kaufladen, Reiter- oder Bauernhof. „Manchmal ärgert er mich auch, aber dann renne ich einfach weg“, sagt Paula.

Die anderen drei Schwestern lieben ihren kleinen Bruder ebenfalls. Nervig sei nur, dass er oft nicht versteht, wenn sie keinen Besuch in ihrem Zimmer möchten. Und dass er als eingefleis­chter Pippi-Langstrump­f-Fan immer wieder den gleichen Film sehen will, meint Anna (9). Die Eltern finden es schade, dass Bene keinen eigenen Freundeskr­eis hat, sondern lediglich über die Freunde seiner Schwestern eingebunde­n ist. Lediglich bei einer Familie im Dorf ist er einfach „als Kind willkommen“, darf auf das Trampolin und zu den Hühnern – obwohl er sich nicht so gut verständig­en kann.

Simone Stumpf freut sich generell über alle Menschen, die Bene nicht nur stumm beäugen, sondern direkt mit ihm und nicht mit ihr über ihn sprechen. Denn der Sechsjähri­ge versteht sehr viel und hat extrem feine Antennen für Stimmungen. So verweigert­e er sich beim Kinderzahn­arzt, als die Helferin fragte, wieso seine Zähne gerichtet werden sollten, wo er doch eh behindert sei.

In der nächsten Praxis machte er toll mit, weil er einfach angenommen wurde und die Mitarbeite­r dort Benes „Wert als Mensch“sehen, so die Eltern. In diesem Sinne ist für sie „das Down-Syndrom Gottes Gegenentwu­rf zur Leistungsg­esellschaf­t“. Sie finden es besonders schön, dass Bene so im Augenblick lebt und dies wohl auch beibehalte­n wird.

„Durch Bene ist die ganze Familie viel präsenter geworden, hält mehr zusammen und kann sich auch mehr über kleine Dinge freuen“, sagen die Eltern. Außerdem ist Bene der Erste, der trösten will, wenn es einem Familienmi­tglied schlecht geht. Und derjenige, der beim Spaziergan­g fremde, vor allem ältere Menschen anlächelt und so für Freude sorgt.

Der Bub liebt seinen Kindergart­en

 ?? Foto: Familie Stumpf ?? Der sechsjähri­ge Bene (links) hat das Down‰Syndrom. Mit seinen Schwestern (von links) Anna, Clara Paula und Maria baut er gerne Lego. Im Hintergrun­d: Mutter Simone Stumpf.
Foto: Familie Stumpf Der sechsjähri­ge Bene (links) hat das Down‰Syndrom. Mit seinen Schwestern (von links) Anna, Clara Paula und Maria baut er gerne Lego. Im Hintergrun­d: Mutter Simone Stumpf.

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