Snowdance funktioniert auch digital
Festival-Chef Tom Bohn zieht im LT eine erste Bilanz und wirft einen Blick auf die kommenden Tage
Landsberg Seit Samstag läuft das achte Landsberger SnowdanceFilmfestival, das in der Corona-Pandemie erstmals digital stattfindet. Im Gespräch mit dem Landsberger Tagblatt zieht Organisator Tom Bohn eine erste Bilanz und blickt auf die kommenden Tage. Dann soll unter anderem ein besonderes Schauspielcasting stattfinden. In einer Liveshow gibt Drehbuchautor Ulrich Herrmann außerdem Einblicke in die Arbeit der Jury.
Bis kurz vor Beginn des Festivals hatte Tom Bohn noch gehofft, dass das Landsberger IndependentFilmfestival nicht ganz ohne Besucher auskommen muss und einige Filme vor Publikum im Stadttheater gezeigt werden können. Nach den Beschlüssen beim Corona-Gipfel am Montag hat sich diese Hoffnung zerschlagen. Der Landsberger Regisseur zieht dennoch eine durchweg positive erste Bilanz: „Wir hätten nie gedacht, dass so viele Leute die Filme gucken werden.“Schon nach dem ersten Tag seien die Kosten gedeckt gewesen. Doch noch immer würden viele Festivaltickets gekauft, mit denen während der kompletten neuntägigen Veranstaltung Filme und Liveshows in der Snowdance-Mediathek gestreamt werden können. Durch das neue Format sei ersichtlich, dass die diesjährigen Filme sehr gut ankämen: „Wir können verfolgen, wie lange die Leute die Filme anschauen. In den seltensten Fällen gehen sie vorzeitig raus“, sagt Bohn.
Auch von den Filmemachern käme positive Resonanz auf die digitale Snowdance-Premiere – die harte Arbeit in den vergangenen Monaten zahlt sich für Bohn und sein Team also aus. Für das Online-Festival war sogar eine eigene Software entwickelt worden. Es gebe Anfragen von anderen Filmschaffenden, diese ebenfalls nutzen zu können. Das alles tröste über die Enttäuschung hinweg, dass das Filmfestival in diesem Jahr eben doch ohne Zuschauer auskommen muss. „Es ist auch jetzt schon die Entscheidung gefallen, dass Snowdance in den kommenden Jahren als Hybrid stattfinden wird“, sagt Bohn. Auch wenn wieder Zuschauer zugelassen sind, sollen die Liveshows zusätzlich auf der Webseite gestreamt werden und die Filme in einer Mediathek abrufbar sein.
Erst einmal steht aber in den kommenden Tagen noch einiges auf dem Programm. Bei „Snowdance Top 13“wollen am Freitagnachmittag 13 Schauspieler ihr Können auf der Bühne des Stadttheaters unter Beweis stellen. Nach drei Minuten geht das Mikrofon aus, die Auftritte werden anschließend von einer Jury bewertet. Die besten Drei dürfen am Abend im Rahmen der Liveshow noch einmal auftreten. Der Gesamtgewinner wird Samstagabend verkündet.
Dann sollen auch die Siegerfilme ausgezeichnet werden. Das Landsberger Tagblatt überreicht dieses Jahr den Preis für den besten Dokumentarfilm. Drehbuchautor und Jurychef Ulrich Herrmann gab in einer der täglich stattfindenden Liveshows im Olympia Filmtheater Einblicke in die Arbeit des dreiköpfigen Gremiums, das neben ihm aus den beiden Schauspielern Hans Sigl und Annika Blendl besteht. Es habe großen Spaß gemacht, so Herrmann, da dieses Jahr viele starke Filme dabei waren. Vor allem visuell hätten die Beiträge überzeugt, was auch daran liege, dass die Kosten für qualitativ hochwertiges Equipment mittlerweile gut händelbar seien.
Es sei schon erstaunlich, was die Filmemacher mit relativ wenig Geld auf die Beine gestellt hätten – aber das mache Independent-Filme auch aus: „Sie befreien sich von allen Fesseln“, sagt Ulrich Herrmann. Auch deswegen gibt es bei den Filmen in der Mediathek kaum thematische Überschneidungen, einige könnten nicht unterschiedlicher sein: In der türkischen Produktion Toprak, der mit einem Budget von nur 10000 Euro gedreht wurde, geht es um einen jungen Mann, der mit seinem geliebten Onkel in der Provinz lebt, sich aber nach Bildung sehnt. „Either Side of Midnight – One Night in New York“ist eine Liebeserklärung an die amerikanische Metropole, die laut Herrmann den Charme und die Größe der Stadt toll widerspiegele.
Neben den Spielfilmen sind beim diesjährigen „Snowdance“zehn Dokus und 31 Kurzfilme auf Abruf verfügbar.