Die Spur des Geldes
In der Masken-Affäre laufen alle Fäden bei Thomas Limberger zusammen. Er verteilte die Provisionen an die Abgeordneten Sauter und Nüßlein. Nun sitzt der Unternehmer in U-Haft
Augsburg Wer den Spuren der dubiosen Geschäfte der Abgeordneten Alfred Sauter und Georg Nüßlein folgt, landet unwillkürlich irgendwann bei einem Mann mit Wohnsitz im Münchner Nobelvorort Grünwald. Thomas Limberger ist eine Schlüsselfigur in der Masken-Affäre, die seit einem Monat die deutsche Politik erschüttert und der CSU ein neues Amigo-Problem beschert hat. Bei dem 53-Jährigen laufen alle Fäden zusammen. Über sein undurchsichtiges Firmengeflecht landeten horrende Provisionen bei den beiden Politikern. Seit Donnerstag sitzt er unter dringendem Bestechungsverdacht in Untersuchungshaft.
In der Schweiz stand Limberger Mitte der 2000er Jahre als Topmanager im Scheinwerferlicht. Erfolgreich, aber nicht unumstritten. Seit seiner Rückkehr nach Deutschland agiert er eher im Verborgenen. Er jongliert als Investor mit Millionen und knüpft als Vorstandschef des Lobbyvereins Internationaler Wirtschaftssenat gewinnbringende Kontakte. Limberger gilt als blendender Netzwerker an der unscharfen Trennlinie zwischen Wirtschaft und Politik. Er hat ein gutes Gespür für lukrative Geschäfte und ist Herr über ein weitverzweigtes Firmengeflecht mit Standorten unter anderem in der Karibik und auf den britischen Kanalinseln. Im Frühjahr 2020, als die erste Corona-Welle Deutschland erreicht, gründet Limberger mit einem Frankfurter Anwalt ein weiteres Unternehmen. Sitz der Aesculap Kontor GmbH ist Liechtenstein. Wie aus den amtlichen Unterlagen hervorgeht, ist sind der Zweck dieser Firma der Handel mit Waren aller Art – insbesondere im Bereich Gesundheitsvorsorge, medizinisches Zubehör, Sanitätsbedarf und Schutzbekleidung – sowie Beratungs- und Vermittlungstätigkeiten. Aesculap ist in der griechischen Mythologie der Gott der Heilkunst. Schon nach wenigen Monaten wird das Unternehmen wieder abgewickelt – es hat offenbar seinen Sinn erfüllt.
Ins Visier der Ermittler gerät Aesculap Kontor wegen eines ominösen Schreibens aus Deutschland. Der Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein stellt über eine seiner Firmen 660000 Euro für Beratungstätigkeiten in Rechnung. Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich dabei um eine Provision dafür handelt, dass der damalige CSU-Politiker einem hessischen Masken-Hersteller staatliche Aufträge zugeschanzt hat.
Bezahlt wurde das Geld wiederum von einer anderen Firma mit Sitz in der Karibik – sie heißt Pluto, und auch sie gehört Thomas Limberger. Der Verdacht: Die komplizierte Konstruktion könnte dazu gedient haben, die Geldflüsse zu verschleiern. Der bayerische Landtagsabgeordnete Alfred Sauter soll über dieselben verschlungenen Wege sogar 1,2 Millionen Euro erhalten haben. Das Geld landete bei einer Firma mit Sitz im Landkreis Günzburg, die den Kindern des Politikers gehört und von einem CSU-Parteifreund treuhänderisch verwaltet wird.
Alle drei Männer gelten als Beschuldigte. Die beiden Politiker bestreiten die Vorwürfe, gaben aber dennoch alle Parteiämter auf, Nüßlein trat sogar aus der CSU aus. Und Limberger ist nicht mehr Vorstandsvorsitzender des Internationalen Wirtschaftssenats. Dass er nun in Untersuchungshaft genommen wurde, hat das Oberlandesgericht München nach unseren Recherchen mit Fluchtgefahr begründet. Die Ermittler fürchteten offenbar, dass sich der international vernetzte Unternehmer ins Ausland absetzen könnte. Außerdem bestand die Gefahr, dass er Spuren verwischen oder schmutziges Geld aus den hunderte Millionen Euro schweren Masken-Deals beiseiteschaffen könnte. Auf Limbergers Konten könnten noch weitere Millionen liegen, die nicht mehr als Provisionen verteilt werden konnten, weil die Finanzaufsicht in Liechtenstein Verdacht schöpfte. Dieser Gefahr beugte die Generalstaatsanwaltschaft nun vor, indem sie Vermögenswerte sicherte. Nach Recherchen unserer Redaktion hätte auch
Nüßlein 1,2 Millionen Euro kassieren sollen – doch zur zweiten Überweisung kam es nicht mehr. Zudem sollten weitere Vermittler in ähnlicher Größenordnung mitkassieren.
„Follow the money“sagen Ermittler gerne, wenn sie krummen Geschäften auf die Schliche kommen wollen. Folge dem Geld. In der Masken-Affäre scheint Thomas Limberger der Mann zu sein, bei dem alle Geldströme zusammen- und wieder auseinanderlaufen. Noch unklar ist die Rolle der hessischen Textilfirma, die dank der Vermittler nach unseren Recherchen 55 Millionen Masken an Ministerien und Behörden verkauft und damit mehr als 200 Millionen Euro eingenommen hat. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Frankfurter Anwalt, mit dem Limberger später Aesculap Kontor gründete, dem Masken-Hersteller angeboten hatte, dicke staatliche Aufträge zu vermitteln. Limberger soll dann wiederum sein Netzwerk in die Politik aktiviert haben, um zu helfen. Spätestens an dieser Stelle kamen Sauter und Nüßlein ins Spiel. Sauter galt als cleverer Strippenzieher im Landtag mit einem direkten Draht in die Bayerische Staatsregierung. Nüßlein standen als Gesundheitsexperte und Vize der Unionsfraktion in Berlin viele Türen offen. Solche Kontakte waren Gold wert in einer Zeit, in der Ministerien und Behörden mit mehr oder weniger seriösen Angeboten für medizinische Schutzausrüstung regelrecht überschwemmt wurden.
Liegen auf Limbergers Konto noch weitere Millionen?