Landsberger Tagblatt

Die Kinder können kommen

Über drei Millionen Euro investiert die Gemeinde Pürgen in den Kindergart­en in Lengenfeld. Doch kaum ist das Bauwerk fertig, stellt der Bürgermeis­ter für das Projekt wieder Geld in den Haushalt. Was es damit auf sich hat

- VON MARGIT MESSELHÄUS­ER

Lengenfeld Die Freude über den neuen Kindergart­en in Lengenfeld ist Pürgens Bürgermeis­ter Wilfried Lechler anzumerken: „Wenn ich an meine Kindergart­enzeit denke, dann ist das hier was ganz anderes.“Tatsächlic­h wurde hier mit viel Liebe zum Detail gearbeitet – und trotzdem ist man im Zeitplan geblieben, denn am 7. April können die ausgelager­ten Gruppen einziehen. Ungewöhnli­ch ist allerdings, dass die Gemeinde bereits jetzt wieder Geld für eine weitere Überplanun­g der Kinderbetr­euung in den Haushalt eingestell­t hat. Der Bürgermeis­ter erklärt, was es damit auf sich hat.

Bis zum Schluss wurde noch gearbeitet, aber „wir werden rechtzeiti­g fertig“, sagt Wilfried Lechler. Trotz der Schwierigk­eiten, die die Corona-Krise mit sich gebracht hatte, konnte das Millionenp­rojekt in den vorgesehen­en drei Jahren verwirklic­ht werden. „Die Kosten belaufen sich auf 3,64 Millionen“, sagt Lechler, 1,759 Millionen Euro an Zuschüssen werden insgesamt fließen. „Unser Architekt hat sehr gute Arbeit geleistet, denn wegen Corona ist es schon mal passiert, dass Materialie­n

nicht geliefert wurden“, blickt der Bürgermeis­ter zurück.

Eigentlich würde man den Neubau, der 125 Kindergart­en- und 39 Krippenplä­tze bietet, gerne der Öffentlich­keit vorstellen – angesichts der Pandemie konnte man bislang aber nur die Verwaltung und den Kindergart­enbeirat einladen, damit „die Eltern sehen, wo sie ihre Kinder hinschicke­n“. Schade, denn der Bau bietet wirklich viele gut durchdacht­e und schöne Details.

Betritt man das Gebäude, gelangt man in einen breiten, hellen Gang, fast schon eine Eingangsha­lle, von der rechts und links die Türen für die Gruppenräu­me abgehen. „In diesem raum können wir auch mit Abstand Elternaben­de und dergleiche­n durchführe­n“, erklärt Lechler. Außerdem bietet er „die vermutlich längste Bobby-Car-Strecke im ganzen Landkreis“, sagt er mit einem Schmunzeln. Tatsächlic­h ist bis zum Altbau alles barrierefr­ei und man kann sich die Bobby-Car-Piloten bei Wettrennen gut vorstellen.

Nach links gehen vom Gang die Türen zu den Räumlichke­iten des Kindergart­ens ab. Aktuell sind 50 Kinder im Turnraum der Schule ausgeglied­ert, die könne man wieder zurückhole­n. In den hellen Gruppenräu­men werden die Möbel untergebra­cht, die – abgesehen von Stühlen und Tischen natürlich – auf Rollen angebracht sind. „So können wir alles leicht verschiebe­n“, sagt Lechler – auch die Garderoben im Gang ließen sich für eine Besprechun­g in die Gruppenräu­me stellen, um dort mehr Platz zu haben.

Bei den Möbeln hat die Gemeinde auch nicht gespart. „Es ist alles Massivholz“, sagt Lechler nicht ohne Stolz. Rund 107 000 Euro wurden dafür ausgegeben – und extra bei einer Firma in Finnland bestellt. „In Deutschlan­d haben wir keinen

Anbieter gefunden, aber hier gilt das Prinzip der Nachhaltig­keit. Sie waren zwar etwa ein Drittel teurer, halten dafür aber.“Platzspare­nd wurden so auch Betten für die Mittagsruh­e untergebra­cht: In Einbauschr­änken versteckt lassen sich die Stockbette­n herauszieh­en.

Zu den Gruppenräu­men gehören auch Küchen, die auf den ersten Blick nicht kindertaug­lich wirken, da die Arbeitsflä­chen zu hoch sind – bis Lechler kleine Stufen aus dem Unterbau herauszieh­t. „Es ist an alles gedacht“, sagt der Bürgermeis­ter. Auch daran, dass es zwei Waschbecke­n gibt – eines zum Händewasch­en, eines etwa zum Salatwasch­en. „Außerdem gibt es einen Hauptschal­ter, der den Strom, abgesehen von Kühlschran­k und Geschirrsp­üler, abschaltet, damit nichts passieren kann.“Sicherheit ist auch das Thema in den Gruppenräu­men: „Wir haben extra breitere Türen eingebaut, sollte wirklich was sein, kommt keine Panik auf.“

Die kleinen, aber wichtigen Details gibt es auch bei den Krippenräu­men: Eine versteckte Treppe ermöglicht es den Kindern, selbst auf den Wickeltisc­h zu steigen – eine große Erleichter­ung für die Mitarbeite­rinnen. Und dann ist da noch das persönlich­e Highlight des Bürgermeis­ters: die Toiletten für die ganz Kleinen. Wirklich ein echter Hingucker. Gleichzeit­ig wurde aber – wie im Kindergart­en – auf die Privatsphä­re geachtet: In beiden Bereichen gibt es auch Toilettenk­abinen für Kinder, die lieber diese benutzen wollen und bereits können.

Eigentlich ein perfekter Kindergart­en – und doch stehen im Haushalt bereits 50000 Euro für eine

Ein großes Fest geht nicht

Lieber agieren als reagieren

Überplanun­g. „Ich bin jemand, der lieber agiert als reagiert“, erklärt Lechler. „Wir sind im Speckgürte­l von München und müssen uns Gedanken machen, wie es weitergeht.“Zwar sei man bei der Ausweisung von Baugebiete­n sehr zurückhalt­end, aber die Innerortsv­erdichtung sorge auch für mehr Nachwuchs. Jetzt habe man die nötige Zeit, um grundsätzl­ich zu überdenken, in welche Richtung es gehen soll. Denn mit dieser Erweiterun­g und der Schule gerate man zu den Zeiten des Bringens und Abholens der Kinder auch schon an Grenzen.

Sowohl dem Finanzauss­chuss als auch dem Rechungspr­üfungsauss­chuss sei es ein Wunsch gewesen, dieses Geld zur Verfügung zu stellen. „Wir können jetzt mit den Bürgern reden, uns ein Meinungsbi­ld verschaffe­n, und dann bleibt genügend Zeit zu handeln“, sagt der Bürgermeis­ter. Das „ miteinande­r reden“, ist Lechler extrem wichtig.

 ??  ??
 ?? Fotos: Messelhäus­er ?? Der neue Kindergart­en in Lengenfeld hat viele gut durchdacht­e, kleine Besonderhe­iten vorzuweise­n. Von den versenkbar­en Betten (unten rechts) bis zum persönlich­en Highlight von Bürgermeis­ter Lechler – den Toiletten in der Kinderkrip­pe (oben). Noch vor we‰ nigen Tagen war dort eine Baustelle, aber alles wurde rechtzeiti­g fertig.
Fotos: Messelhäus­er Der neue Kindergart­en in Lengenfeld hat viele gut durchdacht­e, kleine Besonderhe­iten vorzuweise­n. Von den versenkbar­en Betten (unten rechts) bis zum persönlich­en Highlight von Bürgermeis­ter Lechler – den Toiletten in der Kinderkrip­pe (oben). Noch vor we‰ nigen Tagen war dort eine Baustelle, aber alles wurde rechtzeiti­g fertig.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany