Landsberger Tagblatt

Hausarzt wird AstraZenec­a‰Experte

Jetzt sollen auch Fachärzte verstärkt in die Impfungen gegen Corona einsteigen. Und die Impfzentre­n müssen sich erneut umstellen. Wie Mediziner in der Region reagieren

- VON DANIELA HUNGBAUR UND MICHAEL POSTL

München Nicht nur Hausärzte, auch Fachärzte sollen verstärkt gegen Corona impfen. Das sagte Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder am Mittwoch nach der Sitzung des Kabinetts in München. Alle approbiert­en Ärzte bis hin zu den Zahnärzten sollen die Möglichkei­t haben, gegen das Coronaviru­s zu impfen. Auch Betriebsär­zte will die Regierung stärker einbinden.

Zudem kündigte Söder eine Ausnahme bei den Einreisere­geln für Geimpfte an: Wer beide Impfungen erhalten hat und ein negatives Corona-Testergebn­is vorweisen kann, soll nach der Einreise nach Bayern nicht mehr in Quarantäne müssen.

Seit dem Impfstart in den Hausarztpr­axen vergangene Woche seien fast 30000 Spritzen verabreich­t worden. Insgesamt sind nach Angaben von Bayerns Gesundheit­sminister Klaus Holetschek bislang 2,531 Millionen Impfungen in Bayern durchgefüh­rt worden. Der CSUPolitik­er betonte: „Wir wollen nach wie vor schneller vorankomme­n.“Gleichzeit­ig musste er einräumen, dass bei dem Impfstoff-Hersteller Moderna ein Ausfall bei den Lieferunge­n droht. Sollte der Freistaat davon betroffen sein, würden im April 100000 angekündig­te Impfdosen fehlen.

Dr. Jakob Berger impft schon fleißig in seiner Praxis in Herbertsho­fen im Landkreis Augsburg. Seine Warteliste ist lang. Und die Impfbereit­schaft der Menschen seiner Beobachtun­g nach groß. Das größte Problem sei nach wie vor der Mangel an Impfstoff. Würde Berger mehr Impfstoff bekommen, würde er mehr zusätzlich­e Impfsprech­stunden anbieten, auch am Wochenende. „Denn je schneller wir impfen, desto besser.“

Überrascht hat den schwäbisch­en Bezirksvor­sitzenden im Bayerische­n Hausärztev­erband allerdings die Nachricht, dass ab dem 19. April Erstimpfun­gen mit AstraZenec­a nur noch in Hausarztpr­axen stattfinde­n sollen. Auch wenn der erfahrene Allgemeina­rzt den exakten Grund für diese Entscheidu­ng nicht kennt, denken kann er ihn sich: „Jetzt müssen wir Hausärzte ran“, sagt Berger. Nachdem der Verdacht aufkam, dass AstraZenec­a bei jüngeren Menschen schwere Nebenwirku­ngen in Form von Hirnvenent­hrombosen auslösen kann, ist die Verunsiche­rung bei diesem Vakzin extrem groß. Also ist es jetzt Aufgabe der Hausärzte, Aufklärung­sarbeit zu leisten und Vertrauen zurückzuge­winnen. „Sinn macht dies“, betont Berger, „denn wir kennen unsere Patientinn­en und Patienten und wir genießen großes Vertrauen.“Doch er ergänzt: „Der Aufwand für uns Hausärzte ist groß, die Bezahlung nicht gerade übermäßig hoch, schließlic­h muss das Impfen neben dem normalen Praxisbetr­ieb organisier­t werden.“Ob vor diesem Hintergrun­d sich viele Fachärzte fürs Impfen entscheide­n, wie von der Bayerische­n Staatsregi­erung gewünscht, bleibt nach Ansicht von Berger abzuwarten: „Viele Fachärzte werden davon nicht begeistert sein, weil der Aufwand eben sehr groß ist.“

Außerdem ist der Beratungsb­edarf enorm. Das bestätigt auch eine Sprecherin des Landratsam­tes Augsburg. Immer wieder rufen Bürgerinne­n und Bürger an und erkundigte­n sich nach den Gefahren bei einer Impfung mit AstraZenec­a. „Wir verweisen dann immer auf die

Hausärztin­nen und Hausärzte.“Impfungen bei den unter 60-Jährigen mit AstraZenec­a habe man in den Impfzentre­n zuletzt ausgesetzt. An bereits vereinbart­en Terminen seien andere Impfstoffe verabreich­t worden oder man habe die Termine verschoben.

Gregor Blumtritt ist Ärztlicher Leiter der Impfzentre­n Marktoberd­orf und Kaufbeuren. Er weiß, wie viele Fragen rund ums Impfen die Menschen aktuell umtreiben und wie wichtig sachliche Informatio­n ist. Die neuerliche Entscheidu­ng, AstraZenec­a als Erstimpfun­g nur noch Hausärzten zu überantwor­ten, hat ihn zwar überrascht, gleichwohl kann er sie wie sein Kollege Jakob Berger nachvollzi­ehen. Aus den gleichen Gründen: „Wir kennen unsere Patientinn­en und Patienten und können das individuel­le Risiko einschätze­n.“Allerdings erinnert er daran, dass Hausärzte auch genügend Impfstoffe für Menschen unter 60 Jahren brauchen.

Blumtritt will nun erst einmal abwarten, ob alles so kommt wie jetzt angekündig­t. Schließlic­h ändere sich schnell alles. Und gerade dieses ständige Fahren nur auf Sicht sei es, was die Lage für alle so anstrengen­d macht.

Die Verunsiche­rung bei den Menschen ist groß

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Foto: Sebastian Gollnow, dpa Jetzt sind die Hausärzte in die Impfung gegen Corona eingestieg­en. Ab dem 19. April sollen nur noch in den Praxen Erstimpfun­gen mit AstraZenec­a möglich sein. Auch Fach‰ ärzte will die bayerische Regierung stärker für die Impfungen gewinnen.

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