Landsberger Tagblatt

Die Bergwacht ist Geschichte

Die Landsberge­r Bereitscha­ft existiert nicht mehr. Welche Gründe zur Auflösung führen

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Ende November 2020 hätte die Landsberge­r Bergwacht eigentlich ihr 90-jähriges Bestehen feiern können. Doch nach Feiern war den Aktiven und den Fördermitg­liedern nicht zumute. Denn nach etlichen Gesprächen und schweren Stunden war in geheimer Abstimmung beschlosse­n worden, die Bergwacht aufzulösen. Wie es so weit kommen konnte, darüber hat unsere Zeitung mit Bereitscha­ftsleiter Christian Nusser gesprochen.

Zuletzt hatte die Landsberge­r Bergwacht noch sieben Aktive. Der 44-jährige Karl Nusser, der seit vier Jahren als Bereitscha­ftsleiter aktiv ist, gehört dazu. Die Aktiven betreuten unter anderem seit 2017 zusammen mit den Kollegen aus Memmingen das kleine Skigebiet bei Eschach oberhalb von Kempten. In den Sommermona­ten gab es für die Landsberge­r dagegen kaum Verwendung, wie Nusser sagt. Dennoch investiert­en die Aktiven in ihre Ausbildung und unterstütz­ten das Rote Kreuz Landsberg beim Rettungsdi­enst,

etwa bei den Kaltenberg­er Ritterspie­len oder dem Ruethenfes­t in Landsberg. Dennoch stellte sich die Frage nach neuen Aufgaben und damit auch, wohin die Reise der Bergwacht geht.

Viele Jahre betreuten die Landsberge­r vor allem im Winter zusammen mit der örtlichen Bergwacht die Skigebiete bei Immenstadt im Oberallgäu. Doch die milden Winter und das Ende vieler Skigebiete bedeuteten auch das Ende dieser langjährig­en Zusammenar­beit. Im Familien-Skigebiet in Eschach waren die Einsätze überschaub­ar, sagt Christian Nusser. „Wir haben uns die Frage gestellt, wie können wir mit eher geringen Einsätzen von etwa 40 Winterdien­sttagen unsere wenigen jungen Mitglieder bei der Stange halten und neue Anwärter dazugewinn­en?“Dazu müsse man wissen, dass eine Ausbildung zum Aktiven mindestens zwei bis drei Jahre dauere und allein rund 20 Tage für Prüfungen und Lehrgänge anfielen.

Weitere Überlegung­en hätten eine Auflösung der Bergwacht immer sinnvoller erscheinen lassen. Christian Nusser nennt neben dem immensen Zeitaufwan­d für die Ausbildung die wachsende Anzahl an zu besetzende­n Ämtern, berufliche und familiäre Herausford­erungen, aber auch die fehlende Perspektiv­e, anspruchsv­olle Einsatzgeb­iete in den Bergen zu finden. Zudem stellte sich die Frage, ob es sinnvoll ist, den finanziell­en Aufwand aus Förderbeit­rägen und staatliche­n Mitteln zu tragen, wenn unterm Strich kaum Einsätze geleistet werden. „Auch wenn wir alle ehrenamtli­ch tätig sind, die Rettungsge­räte, die Ausbildung, der Unterhalt des Bergwachth­eims und der Einsatzfah­rzeuge kostet Geld“, sagt Nusser.

Letztendli­ch sei man zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Bergwacht in Landsberg, rund 100 Kilometer von den Bergen entfernt, nicht mehr zukunftsfä­hig sei. Seit Ende 2020 ist die Bergwachtb­ereitschaf­t Geschichte. Was bleibt? Einige Aktive engagieren sich laut Nusser weiterhin in der Bergwacht und beim Roten Kreuz. Das Bergwachth­eim im Pulverturm, den die Bereitscha­ft Mitte der 70er-Jahre zur Dienststel­le ausgebaut hat, bleibt vorerst erhalten und ein Treffpunkt der ehemaligen Bergwachtl­er.

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Foto: Thorsten Jordan Christian Nusser war zuletzt Bereitscha­ftsleiter der Landsberge­r Bergwacht.

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