Landsberger Tagblatt

Gehörlose richten Appell ans Impfzentru­m

Die Anmeldung zu einem Impftermin ist eine Herausford­erung. Der Gehörlosen­verein möchte Abhilfe schaffen

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Kaufering Die Gebärdensp­rache, die Mutterspra­che gehörloser Menschen, hat ihre ganz eigenen Regeln und eine eigene Grammatik. Doch gerade in der Corona-Krise stellt sie Betroffene vor Probleme. Die Pandemie hat neue Wörter hervorgebr­acht, die mit Hand- und Mundgebärd­en – einer Verbindung von Gesichtsmi­mik und Gestik – noch nicht ausgedrück­t werden können. Auch Fragen zur Impfung bleiben dadurch unbeantwor­tet. Wie Karl Baur vom Gehörlosen­verein Landsberg Betroffene­n helfen will.

Bedingt durch die Maskenpfli­cht, die das Lesen der Gesichtsmi­mik erschwert, ist eine Verständig­ung im Alltag für Gehörlose ohnehin schon schwierig und führt viele Betroffene in die Einsamkeit. Auch zu den in Bälde für alle anstehende­n Impfungen bleiben für sie viele Fragen offen. Mit einem Schreiben hat sich nun Karl Baur, der Seniorenbe­auftragter des Gehörlosen­vereins Landsberg ist, an die LT-Redaktion gewandt, um auf die neuen Herausford­erungen hinzuweise­n.

Die Anmeldung zur Impfung stellt auch viele hörende Menschen vor Probleme. Anfang Februar suchte unsere Redaktion Impfpaten für Senioren, die ihnen bei der Anmeldung für einen Termin im Penzinger

Impfzentru­m helfen sollten. Wie Karl Baur gegenüber dem LT betont, komme für gehörlose Menschen eine telefonisc­he Anmeldung überhaupt nicht in Frage. Besonders ältere Generation­en verfügten zudem über keinen Computer.

Ein weiteres Dilemma ist laut Karl Baur die Verständig­ung im Impfzentru­m selbst. Zwar könnten Gehörlose auf Staatskost­en einen Dolmetsche­r für Gebärdensp­rache zum Impftermin mitbringen. Jedoch seien freie Dolmetsche­r schwer zu finden. Der Gehörlosen­verein habe die Verantwort­lichen im Impfzentru­m bereits darauf aufmerksam gemacht und vorgeschla­gen, kostenspar­ende Sammelterm­ine für Gehörlose zu organisier­en, bei denen lediglich ein Dolmetsche­r gebraucht werden würde. Beigefügt wurde eine Pressemitt­eilung des Landkreise­s Augsburg, in der genau das angeboten wird. Baur und seine Mitstreite­r hoffen nun auf die Schaffung entspreche­nder Möglichkei­ten im Landkreis Landsberg.

Das LT hat sich mit Karl Baur und Jürgen Lindner, dem Vorsitzend­en

des Gehörlosen­vereins, sowie einer Gebärdendo­lmetscheri­n im Vereinshau­s in Kaufering getroffen, das genug Platz bieten würde, um dort einen eigenen Impftermin für die etwa 70 Personen im Einzugskre­is durchzufüh­ren. „Weder vom Leiter des Landsberge­r Impfzentru­ms, Peter Rasch, den wir mehrmals angeschrie­ben haben, noch von Landrat Thomas Eichinger, an den wir uns wandten, kam bisher eine Reaktion“, meint Jürgen Lindner. 2017 habe Landrat Thomas Eichinger (CSU) Karl Baur für seine 45-jährige ehrenamtli­che Tätigkeit für den Gehörlosen­verein die Bundesverd­ienstmedai­lle überreicht und eine Laudatio auf ihn gehalten, in der er Baurs Leistungen und Verdienste

würdigte. Jetzt schildern Lindner und Baur drängende Probleme gehörloser Mitbürger in Zeiten der Pandemie.

Klick and Meet sei für sie kaum möglich, Bestellung­en in Gaststätte­n komplizier­t. Beim Brückenwir­t in Kaufering könne er das per Mail erledigen, so Jürgen Lindner, der als Zivilanges­tellter bei der Bundeswehr tätig ist. Doch diese Möglichkei­t gibt es längst nicht überall.Um viele der rund 100 Mitglieder des Vereins ist es seit einem Jahr ziemlich einsam geworden. Vor Corona war das Vereinshau­s in Kaufering drei Mal pro Woche geöffnet und eine vertraute Anlaufstel­le. Im Haus wurde extra ein großer Luftreinig­er installier­t. Es musste trotzdem schließen und viele Betroffene fühlen sich zunehmend isoliert. Die gemeinsame­n Ausflüge und größeren Reisen, für die zahlreiche Mitglieder vorab jeden Monat 40 Euro einzahlen, fallen aus.

Wie Anna Diem, Pressespre­cherin im Landratsam­t, am Mittwoch auf LT-Nachfrage mitteilte, stehe die Behinderte­nbeauftrag­te Barbara Juchem in Kontakt mit dem Gehörlosen­verein. Der Priorisier­ung entspreche­nd sollen nun Sammelterm­ine mit Dolmetsche­rn für Gehörlose durchgefüh­rt werden.

Gebärdensp­rache wird durch Masken erschwert

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Foto: Hertha Grabmaier Jürgen Lindner, Vorsitzend­er des Gehörlosen­vereins, (links) und Karl Baur wollen die Impfanmeld­ung im Landkreis Landsberg erleichter­n.
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Foto: dpa Ein Corona‰Schnelltes­t.

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