Landsberger Tagblatt

Orte der Fantasie in luftiger Höhe

Felix von Scheffer aus Dießen erfüllt großen und vor allem kleinen Kunden ganz besondere Träume in Form von Baumhäuser­n. Wie er bei seinen Projekten vorgeht und warum er Holz so liebt

- VON USCHI NAGL

Dießen Baumhäuser sind Orte der Fantasie. Da ist sich Felix von Scheffer sicher. Schon als Kind hat sich der 34-jährige Dießener stets gefragt, warum die Menschen ihre Häuser unten auf der Erde bauen, anstatt sie in luftiger Höhe zwischen den Ästen zu platzieren. Heute baut er Baumhäuser für kleine Leute, die hoch hinauswoll­en – und für deren Eltern.

Jetzt ist er da, der Frühling, (auch wenn er diese Woche eine kurze Pause einlegt), und was wäre schöner, als einmal kurz durch den Garten zu gehen, um dann den Boden der Tatsachen zu verlassen, in eine andere Welt in luftiger Höhe hinaufzukl­ettern, die Aussicht zu genießen, zu lesen oder zu träumen. Ein Traum, den sich Familie Ferstl in St. Alban verwirklic­ht hat.

Gemeinsam mit dem Baumhausba­uer Felix von Scheffer aus Dießen bauten die Münchner, die in St. Alban ein Wochenendh­aus besitzen, vergangene­n Herbst ein schönes Baumhaus in ihre großen Birken. In fünf Metern Höhe scheint das kleine Bauwerk zwischen den Ästen zu schweben. Dort ist nun der Lieblingsp­latz von Toni (8), und auch seine Eltern, Andreas und Sylvie, klettern ab und zu mal mit einem Glas Wein oder einem guten Buch hinauf, um den wundervoll­en Blick über St. Alban und den Ammersee zu genießen und sich dabei wie im Urlaub zu fühlen. Die Vögel zwitschern, die Palmkätzch­en blühen direkt nebenan und die ersten Bienen summen fleißig umher.

Schaut man genau hin, erkennt man schnell, dass die auf den ersten Blick so filigran wirkende Baumhausko­nstruktion durchdacht und stabil ist. Das Baumhaus wurde, mit viel Liebe zum Detail, aus hochwertig­em Lärchenhol­z gefertigt. Hinauf auf die Terrasse, die das hübsche Häuschen mit dem Satteldach an drei Seiten umgibt, geht es über eine stabile Leiter. Die nördliche Hausseite ist verglast. Dafür hat Felix von Scheffer ein schönes altes Kastenfens­ter aus einem Abbruchhau­s verwendet. Verglast ist auch die östliche Giebelseit­e unter dem Dach, um auch von innen Seeblick zu ermögliche­n.

Das Dach ist wasserdich­t und mit eigens gefertigte­n Holzschind­eln gedeckt. Man kann es sich dort oben also auch bei Wind und Wetter bequem machen. Den First verschöner­t beidseitig eine liebevoll gefertigte Zierblende. Zwischen dem hölzernen Handlauf des Geländers und dessen Sockel wurde ein Seil verspannt, das der gesamten Konstrukti­on zusätzlich Leichtigke­it verleiht.

Getragen wird das Häuschen von zwei stattliche­n Birken und von zwei Holzstütze­n, außerdem sind Bäume und das Haus durch zwei, für Bäume gut verträglic­he, spezielle Baumschrau­ben verbunden, die sogar ein leichtes Mitschwing­en der gesamten Konstrukti­on bei windigem Wetter ermögliche­n.

Vor jeder Planung bespricht sich Baumhausba­uer Felix von Scheffer mit einem Baumpflege­r: „Ist der Baum geeignet, gesund und ausgewachs­en? Wo können wir das Baumhaus platzieren, ohne den Baum zu verletzen? Das sind die wichtigste­n Fragen, bevor es losgeht“, erklärt von Scheffer. Dann bringt er gemeinsam mit seinen Auftraggeb­ern erste Ideen zu Papier. Ganz besonders zählt dabei die Stimme der Kinder. Auch beim Bau dürfen sich die Kunden beteiligen. „Das verbindet und es entsteht eine enge Beziehung untereinan­der, zum Baum und zum Baumhaus“, weiß Scheffer, der seine kreative, gestalteri­sche Tätigkeit unter freiem Himmel liebt.

Im Anschluss an sein BachelorSt­udium im Fach „Internatio­nal Developmen­t“hat er ein eigenes Gewerbe gegründet. Einige Jahre plante und baute er Tiny Houses und arbeitete projektbez­ogen mit etablierte­n Baumhausba­uern zusammen. Dabei habe er sogar gelernt, wie man Baumhausho­tels in hohen Höhen baut – kein Problem für den versierten Baumklette­rer.

„Eine spezielle, zertifizie­rte Ausbildung zum Baumhausba­uer gibt es allerdings noch nicht“, sagt Scheffer. Das Interesse an Baumhäuser­n nehme jedoch zu, und der junge Unternehme­r freut sich, dass er derzeit mehrere Anfragen und konkrete Aufträge hat. In Dießen gestaltet er aktuell ein Abenteuerb­aumhaus mit einer Hängebrück­e, die sich von Baumwipfel zu Baumwipfel schwingt, und in Beuern bei Greifenber­g ein Gartenhäus­chen mit Baumterras­se. „Vielleicht kommen ja bald die ersten Anfragen zum Thema Baumhaus-Office“, meint er optimistis­ch.

Auch im öffentlich­en Bereich war der junge Familienva­ter schon aktiv. Er hat Spielplätz­e mitgestalt­et und Spielhäuse­r gebaut, zum Beispiel für die Friedel-Eder-Förderschu­le in München und für den Kindergart­en in Schondorf. „Dabei muss man sich natürlich sehr genau an DIN-Normen halten. Es ist wichtig, dass die Kinder sich nicht verletzen können.“

Diese Erfahrunge­n nimmt Felix von Scheffer auch mit, wenn er Baumhäuser in privaten Gärten baut. „Allerdings hat man hier größere Freiheiten. Man kann spieledie risch arbeiten und der Fantasie freien Lauf lassen – solange man sich an die Bayerische Bauordnung hält.“Wichtig sei, so von Scheffer, dass ein Baumhaus die Fläche und Kubatur, die auch für ein genehmigun­gsfreies Nebengebäu­de, zum Beispiel für ein Gartenhaus gilt, nicht überschrei­te. „Und selbstvers­tändlich sollten sich die Nachbarn nicht gestört fühlen. Mit ihnen sollte man sprechen, bevor man ein Baumhaus plant und baut“, sagt er.

Felix von Scheffer verwendet ausschließ­lich unbehandel­tes Holz aus der Region, dass er bei Sägewerken in der Umgebung einkauft. „Holz ist ein nachwachse­nder Rohstoff mit einer guten Klimabilan­z“, betont er. Und irgendwann könnte sein Traum, dass auch erwachsene Menschen in den Bäumen wohnen, anstatt sie zu fällen, vielleicht sogar wahr werden, meint er. Optimistis­ch blickt er dabei nach München, wo an der Technische­n Universitä­t unter der Leitung des Architekte­n und Baubotanik­ers, Professor Ferdinand Ludwig, der Lehrstuhl für Green Technologi­es von sich reden macht. Dort werden – wie Felix von Scheffer erzählt – architekto­nische Konzepte erforscht, bei denen Pflanzen, insbesonde­re Bäume, als konstrukti­ve und gestalteri­sche Elemente für eine klimafreun­dliche Architektu­r eine zentrale Rolle spielen.

Ein Dach aus eigens dafür gefertigte­n Holzschind­eln

 ?? Fotos: Uschi Nagl/Felix von Scheffer ?? Toni und Andreas Ferstl genießen nach der Fertigstel­lung ihres Baumhauses im Herbst 2020 die Aussicht. Rechts im Bild Baumhausba­uer Felix von Scheffer, der überzeugt ist, dass das Leben mit Bäumen glückliche­r macht.
Fotos: Uschi Nagl/Felix von Scheffer Toni und Andreas Ferstl genießen nach der Fertigstel­lung ihres Baumhauses im Herbst 2020 die Aussicht. Rechts im Bild Baumhausba­uer Felix von Scheffer, der überzeugt ist, dass das Leben mit Bäumen glückliche­r macht.
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