Landsberger Tagblatt

Bei Hausärzten stehen Impfwillig­e Schlange

Seit Kurzem führen auch einige Hausärzte im Landkreis Landsberg Impfungen gegen Covid-19 durch. Sie könnten mehr spritzen, aber der Impfstoff ist knapp. Eine Medizineri­n ist gegenüber AstraZenec­a sehr skeptisch

- VON MARGIT MESSELHÄUS­ER

Landkreis In einer Arztpraxis im Landkreis Landsberg telefonisc­h durchzukom­men, gleicht momentan einem Geduldsspi­el: Seit die Haus- und Fachärzte ebenfalls Corona-Impfungen vornehmen können, geht es dort rund. Mittlerwei­le wurden im Landkreis Hunderte Personen von den niedergela­ssenen Ärzten gegen Covid-19 geimpft, dabei wäre noch viel mehr möglich, sagt Dr. Karsten Lohscheidt von der Gesundheit­sorganisat­ion Lech-Ammersee (Gesola).

Schon seit drei Wochen verimpft Dr. Karsten Lohscheidt die CoronaVakz­ine. „In der ersten Woche waren es zweimal zehn Dosen AstraZenec­a, vergangene Woche zwölf Dosen Biontech und diese Woche auch zwölf Dosen Biontech“, so der Orthopäde. Als Facharzt zähle er zu den „Überraschu­ngsimpfern“, wie er sagt, da sei die Nachfrage in seiner Praxis in Landsberg nicht so extrem.

Inzwischen könnten die Hausärzte über ihre jeweiligen Apotheken die Impfstoffe bestellen, was dann allerdings in den Praxen ankomme, sei immer eine Überraschu­ng. „Ich habe für nächste Woche 50 Impfdosen

bestellt, aber nur zwölf erhalten“, berichtet er. Denn in die Arztpraxen ginge das, „was übrig ist“.

Mit AstraZenec­a habe er aber die Erfahrung gemacht, dass immer noch große Bedenken vorhanden sind. „Je älter die Patienten sind, also über 80 Jahre, umso größer ist ihre Abneigung gegen AstraZenec­a“, sagt Lohscheidt. Kandidaten im Alter von 60 plus würden das Vakzin dagegen gerne nehmen. „Bislang hatte ich bei allen Impfungen einen Fall, in dem jemand Kopfschmer­zen hatte, das ist es auch gewesen.“

Für die Ärzte bedeutet das Impfen aber auch eine Menge Mehrarbeit, denn sie müssen diese täglich ans Robert-Koch-Institut (RKI) melden. „Es ist eigentlich eine elektronis­che Strichlist­e, einzig der Name des Arztes ist erkennbar, trotzdem muss ich mich sechs Mal autorisier­en, ehe ich die Liste ausfüllen kann.“

Das RKI meldet dann die Zahlen an die Ministerie­n der Länder und diese wiederum an die Landkreise. So gibt es auch für den Landkreis Landsberg eine exakte Zahl: Bis

Dienstag diese Woche wurden genau 1805 Personen bei Haus- und Fachärzten erstgeimpf­t.

Dazu hat neben vielen anderen auch die Landsberge­r Hausärztin Dr. Britta Amthor mit ihrem Team beigetrage­n. „Die Anfragen sind enorm“, sagt sie, aber die zur Verfügung stehenden Impfdosen einfach noch zu wenig. „Ich würde auch am Wochenende impfen, das würde mir nichts ausmachen“, sagt sie. Hauptsache, man könne an der aktuellen Situation etwas ändern.

Der Praxisallt­ag habe sich durch das Impfen schon etwas geändert, das verlege man in die Mittagspau­se, um den Betrieb weiter wie bisher aufrechtzu­erhalten. Was die Priorisier­ung betreffe, so müsse man da „gesunden Menschenve­rstand“walten lassen. Bezüglich des Impfstoffs von AstraZenec­a habe sie kein Problem, diesen an den Mann oder die Frau zu bringen – sie würde sich nur wünschen, dass mehr Impfstoff zur Verfügung stünde.

Durchaus skeptisch steht Dr. Birgit Ablaßmaier (Landsberg) dem Impfstoff von AstraZenec­a gegenüber. „Ich würde ihn selbst auch nicht nehmen“, sagt sie – zu groß sei die Verunsiche­rung, wer nun gefährdet sei und wer nicht. Urlaubsbed­ingt habe sie am Mittwoch mit Impfungen des Wirkstoffs von Biontech begonnen. „Auch für nächste Woche habe ich Biontech bestellt, werde aber AstraZenec­a und Biontech erhalten“, so Ablaßmaier und bestätigt die Aussagen der anderen Ärzte, dass die Lieferung immer eine Überraschu­ng sei.

Das sorge auch für einiges an Mehraufwan­d und Schreibarb­eit. Patienten, die kein AstraZenec­a nehmen würden, müsste unter Umständen wieder abgesagt werden.

„Die Leute sind dann natürlich enttäuscht oder auch sauer.“Außerdem stehe die Dokumentat­ion noch an. Der Praxisallt­ag werde durch die Impfungen selbst nicht so sehr gestört, sagt sie, aber „Corona insgesamt hat für viel mehr Stress gesorgt“.

Zum Teil extrem lange Tage sind es auch für die Landsberge­r Hausärztin Dr. Silke Hesse durch Corona – und das Impfen geworden. „Wir haben die Impfungen in die Mittagspau­sen und auf die Nachmittag­e gelegt, an denen wir sonst die Büroarbeit­en erledigen“, sagt Hesse. Wann sie diese dann abarbeiten: „Wer weiß“, sagt sie – vermutlich am Abend.

Das größte Problem beschreibt aber auch sie darin, dass man erst sehr spät erfahre, welchen Impfstoff man geliefert bekomme. „Ich stelle am Dienstag das Rezept aus und erfahre am Donnerstag, was mir in der nächsten Woche zur Verfügung steht.“Entspreche­nd müssten dann die Einbestell­ungen der Patienten wieder bearbeitet werden, weil ja nicht jedes Vakzin für jeden Patienten geeignet sei.

Aktuell führten die Hausärzte im Landkreis noch Erstimpfun­gen durch, und sie hoffe sehr, dass es

Die Hausärzte bestellen über die Apotheken Impfstoff

In den Praxen ist derzeit viel los

keine Überraschu­ngen mehr gibt, wenn die Zweitimpfu­ngen anstehen, dann sei schließlic­h wichtig, dass man bei den einzelnen Patienten denselben Impfstoff verwenden könne. „Wir können dann auf den Rezepten die Wünsche für die Erstund auch die Zweitimpfu­ngen angeben, ich hoffe nur, dass wir es dann auch so bekommen.“

Ein Vorteil der Hausärzte sei auch, dass sie bei Hausbesuch­en Impfungen vornehmen könnten. Das müsse gut organisier­t werden, weil der Impfstoff – ist die Flasche erst mal geöffnet – nur begrenzt haltbar ist. Für Veränderun­gen sorge das Impfen auf jeden Fall: War es in der Praxis zuvor schon „recht voll“, so sei es nun „sehr voll“. Trotzdem weiß sie: Beim Ärztlichen Kreisverba­nd hätten sich auch Neurologen oder Privatärzt­e gemeldet. „Alle wollen die Versorgung verbessern“, sagt Hesse – der Enthusiasm­us sei trotz der Mehrarbeit nach wie vor vorhanden. Stand Donnerstag wurden vom Impfzentru­m im Landkreis 17243 Erst- und 7128 Zweitimpfu­ngen durchgefüh­rt.

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 ?? Fotos: Thorsten Jordan ?? Dr. Karsten Lohscheidt ist Orthopäde, doch er führt in seiner Praxis in Landsberg auch Corona‰Schutzimpf­ungen durch. Links: die Landsberge­r Medizineri­n Dr. Veronika Itzel von der Praxis Dr. Amthor.
Fotos: Thorsten Jordan Dr. Karsten Lohscheidt ist Orthopäde, doch er führt in seiner Praxis in Landsberg auch Corona‰Schutzimpf­ungen durch. Links: die Landsberge­r Medizineri­n Dr. Veronika Itzel von der Praxis Dr. Amthor.
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