Bei Hausärzten stehen Impfwillige Schlange
Seit Kurzem führen auch einige Hausärzte im Landkreis Landsberg Impfungen gegen Covid-19 durch. Sie könnten mehr spritzen, aber der Impfstoff ist knapp. Eine Medizinerin ist gegenüber AstraZeneca sehr skeptisch
Landkreis In einer Arztpraxis im Landkreis Landsberg telefonisch durchzukommen, gleicht momentan einem Geduldsspiel: Seit die Haus- und Fachärzte ebenfalls Corona-Impfungen vornehmen können, geht es dort rund. Mittlerweile wurden im Landkreis Hunderte Personen von den niedergelassenen Ärzten gegen Covid-19 geimpft, dabei wäre noch viel mehr möglich, sagt Dr. Karsten Lohscheidt von der Gesundheitsorganisation Lech-Ammersee (Gesola).
Schon seit drei Wochen verimpft Dr. Karsten Lohscheidt die CoronaVakzine. „In der ersten Woche waren es zweimal zehn Dosen AstraZeneca, vergangene Woche zwölf Dosen Biontech und diese Woche auch zwölf Dosen Biontech“, so der Orthopäde. Als Facharzt zähle er zu den „Überraschungsimpfern“, wie er sagt, da sei die Nachfrage in seiner Praxis in Landsberg nicht so extrem.
Inzwischen könnten die Hausärzte über ihre jeweiligen Apotheken die Impfstoffe bestellen, was dann allerdings in den Praxen ankomme, sei immer eine Überraschung. „Ich habe für nächste Woche 50 Impfdosen
bestellt, aber nur zwölf erhalten“, berichtet er. Denn in die Arztpraxen ginge das, „was übrig ist“.
Mit AstraZeneca habe er aber die Erfahrung gemacht, dass immer noch große Bedenken vorhanden sind. „Je älter die Patienten sind, also über 80 Jahre, umso größer ist ihre Abneigung gegen AstraZeneca“, sagt Lohscheidt. Kandidaten im Alter von 60 plus würden das Vakzin dagegen gerne nehmen. „Bislang hatte ich bei allen Impfungen einen Fall, in dem jemand Kopfschmerzen hatte, das ist es auch gewesen.“
Für die Ärzte bedeutet das Impfen aber auch eine Menge Mehrarbeit, denn sie müssen diese täglich ans Robert-Koch-Institut (RKI) melden. „Es ist eigentlich eine elektronische Strichliste, einzig der Name des Arztes ist erkennbar, trotzdem muss ich mich sechs Mal autorisieren, ehe ich die Liste ausfüllen kann.“
Das RKI meldet dann die Zahlen an die Ministerien der Länder und diese wiederum an die Landkreise. So gibt es auch für den Landkreis Landsberg eine exakte Zahl: Bis
Dienstag diese Woche wurden genau 1805 Personen bei Haus- und Fachärzten erstgeimpft.
Dazu hat neben vielen anderen auch die Landsberger Hausärztin Dr. Britta Amthor mit ihrem Team beigetragen. „Die Anfragen sind enorm“, sagt sie, aber die zur Verfügung stehenden Impfdosen einfach noch zu wenig. „Ich würde auch am Wochenende impfen, das würde mir nichts ausmachen“, sagt sie. Hauptsache, man könne an der aktuellen Situation etwas ändern.
Der Praxisalltag habe sich durch das Impfen schon etwas geändert, das verlege man in die Mittagspause, um den Betrieb weiter wie bisher aufrechtzuerhalten. Was die Priorisierung betreffe, so müsse man da „gesunden Menschenverstand“walten lassen. Bezüglich des Impfstoffs von AstraZeneca habe sie kein Problem, diesen an den Mann oder die Frau zu bringen – sie würde sich nur wünschen, dass mehr Impfstoff zur Verfügung stünde.
Durchaus skeptisch steht Dr. Birgit Ablaßmaier (Landsberg) dem Impfstoff von AstraZeneca gegenüber. „Ich würde ihn selbst auch nicht nehmen“, sagt sie – zu groß sei die Verunsicherung, wer nun gefährdet sei und wer nicht. Urlaubsbedingt habe sie am Mittwoch mit Impfungen des Wirkstoffs von Biontech begonnen. „Auch für nächste Woche habe ich Biontech bestellt, werde aber AstraZeneca und Biontech erhalten“, so Ablaßmaier und bestätigt die Aussagen der anderen Ärzte, dass die Lieferung immer eine Überraschung sei.
Das sorge auch für einiges an Mehraufwand und Schreibarbeit. Patienten, die kein AstraZeneca nehmen würden, müsste unter Umständen wieder abgesagt werden.
„Die Leute sind dann natürlich enttäuscht oder auch sauer.“Außerdem stehe die Dokumentation noch an. Der Praxisalltag werde durch die Impfungen selbst nicht so sehr gestört, sagt sie, aber „Corona insgesamt hat für viel mehr Stress gesorgt“.
Zum Teil extrem lange Tage sind es auch für die Landsberger Hausärztin Dr. Silke Hesse durch Corona – und das Impfen geworden. „Wir haben die Impfungen in die Mittagspausen und auf die Nachmittage gelegt, an denen wir sonst die Büroarbeiten erledigen“, sagt Hesse. Wann sie diese dann abarbeiten: „Wer weiß“, sagt sie – vermutlich am Abend.
Das größte Problem beschreibt aber auch sie darin, dass man erst sehr spät erfahre, welchen Impfstoff man geliefert bekomme. „Ich stelle am Dienstag das Rezept aus und erfahre am Donnerstag, was mir in der nächsten Woche zur Verfügung steht.“Entsprechend müssten dann die Einbestellungen der Patienten wieder bearbeitet werden, weil ja nicht jedes Vakzin für jeden Patienten geeignet sei.
Aktuell führten die Hausärzte im Landkreis noch Erstimpfungen durch, und sie hoffe sehr, dass es
Die Hausärzte bestellen über die Apotheken Impfstoff
In den Praxen ist derzeit viel los
keine Überraschungen mehr gibt, wenn die Zweitimpfungen anstehen, dann sei schließlich wichtig, dass man bei den einzelnen Patienten denselben Impfstoff verwenden könne. „Wir können dann auf den Rezepten die Wünsche für die Erstund auch die Zweitimpfungen angeben, ich hoffe nur, dass wir es dann auch so bekommen.“
Ein Vorteil der Hausärzte sei auch, dass sie bei Hausbesuchen Impfungen vornehmen könnten. Das müsse gut organisiert werden, weil der Impfstoff – ist die Flasche erst mal geöffnet – nur begrenzt haltbar ist. Für Veränderungen sorge das Impfen auf jeden Fall: War es in der Praxis zuvor schon „recht voll“, so sei es nun „sehr voll“. Trotzdem weiß sie: Beim Ärztlichen Kreisverband hätten sich auch Neurologen oder Privatärzte gemeldet. „Alle wollen die Versorgung verbessern“, sagt Hesse – der Enthusiasmus sei trotz der Mehrarbeit nach wie vor vorhanden. Stand Donnerstag wurden vom Impfzentrum im Landkreis 17243 Erst- und 7128 Zweitimpfungen durchgeführt.