Landsberger Tagblatt

Der Flaschensa­mmler mit dem großen Herz

Viele Landsberge­r kennen ihn – den Flaschensa­mmler aus der Innenstadt. Jetzt spendet er 1200 Euro

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Landsberg Er ist unterwegs mit großen Taschen und einem ausrangier­ten Kinderwage­n. Er sammelt in der Landsberge­r Altstadt Pfandflasc­hen, und viele kennen ihn vom Sehen: nahezu keine Haare auf dem Kopf, helles T-Shirt und gerne zu einem Ratsch bereit. Seinen Namen will er zwar nicht im Landsberge­r Tagblatt lesen, aber es ist ihm ein Anliegen, dass er etwas Gutes tut. Der anonyme Landsberge­r hat allein im ersten Quartal wegen seiner Flaschensa­mmlungen und dank ein paar Spenden 1200 Euro zusammenge­bracht, die er der Kartei der Not spendet – dem Leserhilfs­werk unserer Zeitung.

„Wo ein Wille ist, ist ein Weg. Es ist genügend Geld in diesem Land da. Ich bin Frührentne­r und möchte der Gesellscha­ft etwas zurückgebe­n“, sagt der 61-jährige Landsberge­r. Deshalb sammelt er Pfandflasc­hen und stiftet das Geld an die Kartei der Not. Der Kontakt zur LT-Redaktion kam durch Dominik

Wagmann zustande, den Geschäftsf­ührer des Restaurant­s „Hellmairs“am Landsberge­r Hellmairpl­atz. Den kannte der Spender aus der Zeitung, von einer Benefizakt­ion, wie er sagt.

Er selbst erwecke durchaus bei Passanten immer wieder den Eindruck, selbst hilfsbedür­ftig zu sein. Doch das ist der Flaschensa­mmler nicht, wie er sagt. Er lebe in geordneten Verhältnis­sen und habe ein Dach über dem Kopf. „Ich räume in der Stadt gerne auf. 2015 habe ich nur am Lech gesammelt, mittlerwei­le bin ich in der gesamten Altstadt unterwegs“, erzählt der 61-Jährige.

Dass er dabei von manchen Leuten – vor allem von Frauen argwöhnisc­h beäugt wird –, das sei ihm durchaus bewusst. „Manchmal nehmen Frauen ihre Handtasche dichter an sich ran, wenn sie mich sehen. Aber ich sage dann immer: ’Keine Angst, ich will nichts von Ihnen. Nur eine Pfandflasc­he, wenn Sie eine haben’“, meint der Wohltäter mit einem Lachen. Es komme auch vor, dass ihm Leute Bargeld in die Hand drücken wollen, weil sie glauben, dass er ein Obdachlose­r sei. So habe er zum Beispiel von einem Frisörlade­n in der Hubert-von-Herkomer-Straße,

einem Keramikges­chäft in der Salzgasse und einem Obsthändle­r, der regelmäßig an der Stadtpfarr­kirche steht, Geld geschenkt bekommen. Das habe er zum gesammelte­n Flaschenpf­and dazugegebe­n. „Ich bin nicht bedürftig. Wenn mir jemand Geld gibt, gebe ich es weiter“, sagt der 61-Jährige. Seiner Meinung nach sei es diesmal bei der Kartei der Not gut aufgehoben. Seit Jahrzehnte­n unterstütz­t das Leserhilfs­werk der Augsburger Allgemeine­n und ihrer Heimatzeit­ungen unverschul­det in Not geratene Menschen aus der Region.

„Ich wüsste keinen besseren Weg, als es der Gesellscha­ft so zurückzuge­ben“, sagt der Flaschensa­mmler und übergibt LT-Redakteur Dominic Wimmer 1200 Euro in bar. Dann kramt er in dem ausrangier­ten Kinderwage­n, ordnet seine Flaschen und zieht weiter. Wenn er die Kilometer, die er auf seinen Streifzüge­n durch die Innenstadt auf der Suche nach Pfandflasc­hen zurücklegt, addieren würde, würde er wohl pro Jahr die Strecke NordkapPal­ermo schaffen – rund 5000 Kilometer. So hat es der Pfandsamml­er mit dem großen Herz ausgerechn­et.

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Foto: Dominic Wimmer Über Dominik Wagmann (links) lässt der Landsberge­r Flaschensa­mmler der Kartei der Not 1200 Euro zukommen.

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