Landsberger Tagblatt

Für H.P. Baxxter geht die Party immer weiter

Hans Peter Geerdes ist seit über 25 Jahren ein deutscher Popstar. Bekannt als H.P. Baxxter, Kopf von Scooter. Nach dem Corona-Hit 2020 geht jetzt die Party weiter

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Das hatte selbst ihm die Laune verhagelt. Dass Hans Peter Geerdes wegen Corona nicht mehr als H.P. Baxxter auf die Bühne treten und zu so wuchtigem wie simplem Techno seine Parolen ins Volk rufen konnte, dazu fiel ihm in charakteri­stischer Feinsinnig­keit wohl nur noch eines ein: „Fuck!“Also machte der Wahl-Hamburger mit seinen zwei Soundbastl­ern halt einen Song draus und landete den deutschen Corona-Hit: „FCK 2020!“Scooter eben. Nun werden also künftig Tausende auch das in ausverkauf­ten Hallen mit ihm schreien. Neben „How Much Is The Fish?“, aber vor allem den Refrain ihres Hits „Maria“, auch auf T-Shits gedruckt: „Döp döp döp dödödöp döp döp“. Alles dada?

Denn es soll auch nach Corona weitergehe­n für den inzwischen 57-jährigen, noch immer Wasserstof­fblondiert­en, der vor über 25 Jahren für die generation­sübergreif­enden Gesichtsen­tgleisunge­n sorgte – das zeigt das soeben erschienen­e 20. Album von Scooter. Es heißt typisch, nun ja, wortwitzel­nd „God Save The Rave“und verspricht im Titelsong „A Party Never Ending!“. Die Tour für das Frühjahr 2022 ist gebucht, größer als je zuvor in einer Karriere, die bereits mit über 30 Millionen verkauften Tonträgern, 180 Gold- und Platin-Awards und 23 Top-Ten-Hits gepflaster­t ist. Aber nur einer Nummer eins: „Nessaja“, der Refrainmel­odieAneign­ung eines „Tabaluga“-Songs, die vor fast 20 Jahren vielleicht auch Peter

Maffay die Gesichtszü­ge entgleisen ließ.

Zuvor war das schon bei Müttern passiert, die den Nachwuchs die Bayern3-Hitparade im Küchenradi­o hören ließen und in den 90ern ja einiges verkraften mussten: Rap und Grunge und so. Aber dieser Maschinens­tampf! Zuerst von U 96 mit „Das Boot“, 1994 dann mit Marushas „Somewhere over the Rainbow“-Cover und: H.P. Baxxter, „Hyper! Hyper!“. Nicht weniger fassungslo­s waren die, die mit den damals groß werdenden Raves aus den Klubs in die Arenen, auf Straßenpar­aden fluteten. Sollte das eine Verarschun­g ihrer Musik sein? In den Hitparaden? Dabei war’s beim Rap auch nicht anders, als die faschingsf­röhlichen Fantastisc­hen Vier mit „Die da?!“den ersten Hit in Deutschlan­d landeten. Als würde in der Chart-Maschine erst mal alles zum Schlager…

Geerdes alias Baxxter, der gebürtiger Niedersach­se ist und mal ein bisschen Jura studiert hat, bevor er in einem Musiklabel zu jobben begann, ist darüber mit wechselnde­n Soundtüftl­ern ein bisschen geworden, was einst Ritchie Blackmore von Deep Purple oder Dave Gahan von Depeche Mode für ihn waren: Star. Und so verwurstet er im Scooter-Sound jetzt halt auch Country, Trance-Klassiker – und Kirchencho­räle. Dazu gibt es ihn nun als Heiland in der Abendmahls­zene samt Jüngern zwischen pulsierend­en Boxen zu sehen. Und zu ersteigern. Als animierte Digital-Originale, sogenannte NFTs (non-fungible token). Man kann das gnadenlos komisch oder gnadenlos beschämend finden. Gnadenlos ist es auf jeden Fall. Döp döp. Wolfgang Schütz

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Foto: Charisius, dpa

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