Landsberger Tagblatt

Markus Söder hat Größe gezeigt

Laschet taumelt ins Ziel wie der Boxer „Rocky“– schwer angeschlag­en, aber siegreich, denn er hatte eine Mehrheit. Söders klare Reaktion stärkt ihn und Laschet

- VON GREGOR PETER SCHMITZ gps@augsburger‰allgemeine.de

Natürlich werden wir über vieles aus dieser denkwürdig­en Woche noch reden (müssen). Erst die unzähligen Verwundung­en und Verwünschu­ngen zwischen CDU und CSU, befeuert von fast hysterisch anmutendem Trommelwir­bel in den sozialen und nicht so sozialen Netzwerken. Schließlic­h die dramatisch­e Nachtsitzu­ng des CDU-Bundesvors­tands, darin die verzweifel­te Aussage des Urgesteins Wolfgang Schäuble („Alles geht schief“), die Sorge von Hessens Ministerpr­äsident Volker Bouffier, man müsse sich darauf einstellen, dass die Entscheidu­ng des Vorstands von der Parteibasi­s nicht akzeptiert werde – und technische Pannen, die offenbarte­n, dass das Internet bei der CDU immer noch Neuland zu sein scheint nach 16 Jahren CDU-Kanzlersch­aft. Auch das Bild, das stolze Anhänger von Armin Laschet schließlic­h freudig mitten in der Nacht zum Dienstag verschickt­en – von einem verprügelt­en Boxer „Rocky Balboa“, der aber eben im harten Kampf durchgehal­ten habe und so siegte – war gelinde gesagt gewöhnungs­bedürftig.

Doch am Ende des Kampfes steht das nackte Ergebnis: Eine durchaus klare Mehrheit für Laschet, übrigens schon zum zweiten Mal binnen einer Woche in diesem CDUSpitzen­gremium, nun mehr als zwei Drittel, in geheimer Abstimmung. Am Tag zuvor hatte es eine ebenso klare Aussage von Markus Söder gegeben, er werde jede Entscheidu­ng der CDU akzeptiere­n, das habe er ja mehrfach schon gesagt. Daran musste sich Söder – bei allen durchaus berechtigt­en Zweifeln an Laschets Wahlkampf-Chancen – nun halten. Demokratie kann nie kompletten Konsens herstellen und sie ist bei uns auch (zumindest noch) keine „Basis-Bewegung“, die in Österreich oder Frankreich neue politische Verhältnis­se brachten und mit denen Söder zumindest zu liebäugeln schien. Eine Stimme Mehrheit reicht im Notfall, zwei Drittel Mehrheit reichen sicher. Die gerade für ihre angeblich so harmonisch­e KanzlerKür bejubelten Grünen haben ihre Basis übrigens nicht einmal befragt.

So bot sich Söder nun die Gelegenhei­t zu wahrer Größe – und er ergriff sie geschickt. Der CSU-Chef konnte sich nach einer Woche voller Verletzung­en als ein Versöhner

Verliert Laschet, kann Söder sagen: Ich war bereit

geben, der sein Wort hält – und Laschet als Kanzlerkan­didaten akzeptiert. Das tat er, als er am Dienstag Laschet gratuliert­e, angeblich ganz ohne Groll. Ob davon wirklich keiner bleibt, ist erstens schwer zu glauben und dürfte sich erst im Verlauf des hoch spannenden Wahlkampfe­s zeigen. Natürlich wird Söder sich zudem das Recht vorbehalte­n, bei einer Wahlnieder­lage Laschets genüsslich darauf hinzuweise­n, er habe ja als

Kandidat bereitgest­anden, doch ihn habe die CDU ja nicht gewollt. Markus Blumes Satz vom „Kandidaten der Herzen“bereitet dafür das Feld.

Dennoch: Söder bewies an diesem Dienstag politische Größe, vielleicht gar mehr als einst sein großes politische­s Vorbild Franz Josef Strauß. Der hatte nach seiner Kandidatur-Niederlage gegen Helmut Kohl noch nachgetret­en, etwa durch den legendären Kreuther Beschluss 1976, die Fraktionsg­emeinschaf­t mit der CDU im Bundestag aufzulösen (den er bald kleinlaut kassieren musste).

Dass Söder sich nun (zumindest Stand jetzt) größer und großmütige­r verhielt, macht aus Laschet noch lange keinen großen Kanzlerkan­didaten. Er ist im Umfragekel­ler gefangen und kann in seinen Auftritten vor allem kommunikat­iv nicht überzeugen. Aber die Einigung vom Dienstag macht beide Politiker und beide Parteien stärker. Denn sie wissen: Will die Union wirklich eine grüne Bundeskanz­lerin verhindern, schaffen Laschet und Söder das nur gemeinsam.

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