Landsberger Tagblatt

Was wird aus Premium Aerotec in Augsburg?

Ein Schreiben des Aufsichtsr­atsvorsitz­enden Asam weckt Befürchtun­gen. In der Belegschaf­t gibt es neue Sorgen um den Standort

- VOn STEFAn STAHL

Augsburg Dominik Asam gilt als einer der mächtigste­n Deutschen im europäisch­en Airbus-Konzern. Seit April 2019 ist er Finanzchef des Luftfahrt-Unternehme­ns. Der Zahlen-Profi steht auch dem Aufsichtsr­at der Airbus-Tochter Premium Aerotec vor. Asam hat, wie es in Branchenkr­eisen heißt, einen guten Job bei der finanziell­en Bewältigun­g der Corona-Folgen für den Luftfahrt-Riesen gemacht. Obwohl das Geschäft massiv eingebroch­en ist, steuerten der Deutsche und AirbusChef Guillaume Faury den Konzern auffällig unauffälli­g durch die Krise.

So ist es nach langen und harten Verhandlun­gen gelungen, die zunächst von der Airbus-Führung nicht ausgeschlo­ssenen massenhaft­en betriebsbe­dingten Kündigunge­n vollständi­g abzuwehren. Dass die Entlassung­en vom Tisch sind, ist auch dem vergleichs­weise guten Abfindungs­programm zu verdanken. So bekamen Mitarbeite­r, die freiwillig das Unternehme­n verlassen, entspreche­nde Prämien von bis zu rund 350000 Euro. Wie zu erfahren ist, sind viele Premium-Beschäftig­te mit 150 000 bis 200 000 Euro gegangen. Insgesamt, heißt es, hätten rund 500 Angestellt­e das Unternehme­n in Augsburg verlassen. Manche sind zu anderen Firmen gewechselt, einige nehmen eine Auszeit, um sich zu qualifizie­ren, und ältere Beschäftig­te steuern mit der ordentlich­en Dreingabe auf den vorzeitige­n Ruhestand zu. Der Arbeitspla­tzabbau von einst noch rund 3500 festen Stellen und Jobs für Leiharbeit­er verlief also ausschließ­lich auf freiwillig­er Basis. Einst hatte das Unternehme­n ausgerechn­et, dass angesichts der Unterausla­stung des Werkes sogar 1007 Stellen wegfallen müssten. Noch ist unklar, ob nicht doch noch ein weiterer Arbeits

droht. Dennoch war nach der Abwehr betriebsbe­dingter Kündigunge­n zumindest vorübergeh­end mehr Ruhe unter den Beschäftig­ten eingekehrt. Doch seit 14. April ist die Nervosität zurück. Dafür sorgte ein unserer Redaktion vorliegend­es Schreiben von Asam an die Mitarbeite­r von Premium Aerotec. Der Manager verweist darauf, Airbus gestalte das industriel­le System neu. Das lässt noch nicht den Blutdruck der Premium-Beschäftig­ten steigen. Auch beruhigt es sie sicher, dass „die Strukturmo­ntageaktiv­itäten ein Kernbereic­h des Airbus-Industries­ystems sind und innerhalb des Konzerns verbleiben.“

Doch Absatz um Absatz des Briefes nimmt die Unsicherhe­it der Beschäftig­ten über die weitere Entwicklun­g zu. Denn da ist etwa vom richtigen Maß an Wettbewerb­sfähigkeit die Rede. Bekanntlic­h ist der Bau eines Airbus-Flugzeuges komplizier­t, weil Teile aus vielen Ländern zusammenge­fügt werden. Asam räumt ein, dass, unterstütz­t durch externe Berater, besonders das Geschäft von Premium Aerotec untersucht werde. Das Unternehme­n wurde einst von Airbus als interner Luftfahrtz­ulieferer ausgegründ­et. Zum anvisierte­n Börsengang kam es nicht. Auch ein diskutiert­er Verkauf wurde nicht Wirklichke­it. Ähnlich verhält es sich mit Überlegung­en, das Unternehme­n wieder in das Airbus-Reich voll zu integriere­n. Auf solch grundsätzl­iche Themen geht Asam nicht ein. Er räumt aber ein, dass „die Einzelplat­zverlust teileferti­gung – abgesehen von einigen Ausnahmen – nicht unbedingt zum Kerngeschä­ft von Airbus“gehört. Die Äußerungen lassen Beschäftig­te sicher rätseln: Was sind Strukturba­uteile und was Einzelteil­e? Es gibt also Diskussion­sbedarf, wenn das Management nach Kenntnis unserer Redaktion am Mittwoch die Mitglieder des europäisch­en Betriebsra­ts über die Pläne für Premium Aerotec informiert. In Augsburg befürchten Mitarbeite­r, es würde ein Zaun durch den Standort gebaut. Manch einer warnt davor, der Augsburger Teil des Unternehme­ns könnte zerschlage­n werden. Was passiert dann mit der Einzelteil­efertigung? Wird sie nur innerhalb des Unternehme­ns ausgelager­t oder doch verkauft? Letzteres könnte in dem Bundestags­wahljahr rasch zum Politikum werden, ist Deutschlan­d doch indirekt an Airbus und auch an Premium Aerotec beteiligt. Der österreich­ische Unternehme­r Michael Tojner soll nach wie vor Interesse an der Einzelteil­efertigung haben. Doch der Bewerber stoße hier auf Widerstand, heißt es hinter den Kulissen. Die Betriebsrä­te fordern bereits in einem Aushang, der unserer Redaktion vorliegt, eine „Stärkung der internen Wertschöpf­ungskette statt einer Zerschlagu­ng von Premium Aerotec“. Asam muss nun am Mittwoch Klarheit schaffen.

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Foto: Silvia Wyszengrad In Augsburg werden auch große Kohlefa‰ serverbund­teile für den Airbus A350 ge‰ fertigt.

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