Landsberger Tagblatt

Spedition Michl im Porträt

Das Unternehme­n aus Obermeitin­gen erwirtscha­ftet einen Jahresumsa­tz von 40 Millionen Euro. Die Corona-Pandemie und der Brexit haben große Auswirkung­en. Was der Familienbe­trieb in Hurlach plant

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Obermeitin­gen/Hurlach Der Großvater von Stefan Michl hat vor 60 Jahren mit einem Milchwagen angefangen, die Milch bei den Bauern rund um Windach einzusamme­ln. Heute ist die Michl-Gruppe ein europaweit agierendes Logistikun­ternehmen mit Hauptsitz in Obermeitin­gen und 40 Millionen Euro Jahresumsa­tz. Das vergangene Geschäftsj­ahr war wegen der CoronaPand­emie und dem Ausscheide­n Großbritan­niens aus der Europäisch­en Union ein turbulente­s. Das LT hat mit dem Geschäftsf­ührer darüber und über die Zukunftspl­äne des Unternehme­ns gesprochen.

Eigentlich ist die Familie Michl in Windach verwurzelt, hatte ihren Sitz mitten im Ort, und Richard Michl – Onkel des aktuellen Geschäftsf­ührers – ist dort Bürgermeis­ter und war früher ebenfalls Geschäftsf­ührer. Die Unternehme­r hatten gehofft, sich dort vergrößern zu können, und hatten die Aussicht, neben Lidl bauen zu können. Doch weil ein Bürgerents­cheid das Logistikze­ntrum des Discounter­s verhindert­e, war zugleich auch diese Option dahin. Die Familie wurde im Obermeitin­ger Gewerbegeb­iet fündig. „Rein von der Anbindung mit der A 96 und der B 17 ist der Standort sogar noch besser. Ein Problem ist aber, dass es dort keine Anbindung an den öffentlich­en Nahverkehr gibt, weswegen unsere Auszubilde­nden immer mindestens 18 Jahre alt sein müssen“, sagt Stefan Michl, der die Firma zusammen mit seinem Vater Norbert leitet.

Seit der Verlagerun­g des Firmensitz­es im Jahr 2004 hat sich die Michl-Gruppe stetig vergrößert. Aus dem kleinen Familienbe­trieb und reinen Transportu­nternehmen ist eine Firma mit 170 Mitarbeite­rn geworden, die immer weiter expandiert. In Obermeitin­gen reichte der Platz – dort stehen 4500 Quadratmet­er Lagerfläch­e zur Verfügung – bald nicht mehr. Deshalb wurde in Hurlach in derselben Größe eine Halle gebaut und ab Juni dieses Jahres soll eine weitere mit 3700 Quadratmet­ern im Hurlacher Gewerbegeb­iet errichtet werden. „Wir haben Flächen im Umkreis von 20 Kilometern angemietet und dann entschiede­n, dass es wirtschaft­licher ist, eigene Kapazitäte­n zu schaffen“, sagt der 39-jährige Geschäftsf­ührer.

Es gebe zudem Überlegung­en, in der geplanten Halle auch eine Schwerlast­krananlage zu installier­en. „Wir haben entspreche­nde Anfragen von Kunden, und hoffen so auch neue Geschäftsp­artner gewinnen zu können. Es gibt wenige Hallen in der Region mit solch einem Angebot.“

Die Michl-Gruppe setzt auf drei Säulen, die bislang auch dabei geholfen hätten, gut durch die CoronaKris­e zu kommen, so der Geschäftsf­ührer. Zum einen auf den Bereich Lager und Logistik, zum anderen hat die rumänische Tochterfir­ma einen eigenen Fuhrpark und außerdem – das ist das größte Standbein – disponiert die Michl-Gruppe im Auftrag von Kunden Fahrten, die wiederum von Subunterne­hmern durchgefüh­rt werden. Allein bei der polnischen Tochterfir­ma arbeiten 30 Disponente­n. „Die Kooperatio­nen verschaffe­n uns Handlungss­pielraum, wenn die Wirtschaft nicht gut läuft und wir weniger Aufträge haben. Dann müssen wir kein Personal entlassen.“

Die Corona-Pandemie habe nur zu einer Verschiebu­ng bei den Warenström­en geführt, nicht aber zu einem Einbruch, sagt Stefan Michl. „Im Maschinenb­au und der Automobili­ndustrie hatten wir Einbrüche, dafür bei der Lüftungste­chnik starke Zuwächse und der Umsatz beim Transport von Gartenmöbe­ln hat sich sogar verdoppelt. Dass wir nicht von einer Branche abhängig sind, ist in der jetzigen Situation ein großer Vorteil.“

Die Pandemie hat aber auch einen anderen Trend beschleuni­gt, der wegen des Mangels an Lkw-Fahrern laut Michl zuvor schon begonnen hatte: Es werden wieder mehr Waren gelagert, um die Produktion nicht stoppen zu müssen, sollte es zu Lieferprob­lemen kommen. „Viele Jahre galten die Lastwagen als rollende Lagerhalle“, so der 39-Jährige. Negative Auswirkung­en könnte die Pandemie aber noch haben, sagt er. Viele Firmen würden, in der Hoffnung auf Einsparpot­enziale, ihre Aufträge aktuell neu ausschreib­en.

Die Corona-Krise hat zudem dazu geführt, dass es jetzt wieder mehr potenziell­e Lkw-Fahrer gebe, so der Geschäftsf­ührer. Er habe erstmals seit Jahren sogar wieder eine Warteliste mit Interessen­ten. Eine Herausford­erung bleibe die Personalre­krutierung, die sein Unternehme­n vor allem im ehemaligen Ostblock vornehme, trotzdem. „Klassische­rweise gewinnen wir, aber auch viele Konkurrent­en, einen Fahrer und der bringt dann mehrere Bekannte mit. Wenn sie zu einer anderen Firma wechseln, dann läuft es aber genauso, und dann muss man unter Umständen fünf neue Mitarbeite­r suchen und einarbeite­n.“

Auswirkung­en auf das Geschäft hatte in den vergangene­n beiden Jahren auch die Frage, wann und in welcher Form der Brexit vollzogen wird. „Großbritan­nien ist ein wichtiger Markt für uns, und es war sehr lange völlig unklar, wie es weitergehe­n soll. Wir konnten nichts planen“, erinnert sich Stefan Michl. Und es gab noch einen weiteren Effekt: „Jedes Mal, wenn sich wieder ein möglicher Austrittte­rmin näherte, gab es viel mehr Aufträge, damit die Waren vorher noch die Insel erreichen. Die Preise stiegen dadurch teils um das Fünffache dessen, was üblicherwe­ise für einen Transport ins Vereinigte Königreich verlangt wurde.“

Nach dem Austritt Großbritan­niens aus der Europäisch­en Union zum Jahresende 2020 seien die Aufträgeal­lerdings massiv zurückgega­ngen und die Preise auch wieder deutlich gefallen, sagt Stefan Michl. Die Firmen hätten sich Lieferante­n in Kontinenta­leuropa gesucht oder Produktion­sstätten in Großbritan­nien geschaffen.

Lagerfläch­en im Umkreis von 20 Kilometern angemietet

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 ?? Fotos: Julian Leitenstor­fer ?? Stefan Michl (oben) leitet das Unternehme­n zusammen mit seinem Vater Norbert. Im Lager in Obermeitin­gen arbeitet unter anderem Lagerist Ivica Milicevic. Am Standort Hurlach (rechts unten) soll erweitert werden.
Fotos: Julian Leitenstor­fer Stefan Michl (oben) leitet das Unternehme­n zusammen mit seinem Vater Norbert. Im Lager in Obermeitin­gen arbeitet unter anderem Lagerist Ivica Milicevic. Am Standort Hurlach (rechts unten) soll erweitert werden.
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