Derivate: Wende für ExKämmerer?
Das Landgericht München erklärt die spekulativen Zinswetten der Stadt Landsberg für unwirksam. Das wirkt sich auch auf das Strafverfahren gegen Manfred Schilcher aus
Landsberg/Augsburg Die Wende in der Landsberger Derivate-Affäre, könnte auch die Wende im Strafverfahren gegen den früheren Kämmerer Manfred Schilcher bedeuten. Wie Oberstaatsanwalt Matthias Nickolai, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Augsburg, auf Nachfrage unserer Zeitung bestätigt, hat die Staatsanwaltschaft vor wenigen Tagen eine Einstellung des Verfahrens wegen Untreue beim zuständigen Landgericht in Augsburg beantragt. Doch an die Einstellung ist auch eine Bedingung geknüpft.
Am Dienstag vergangener Woche hatte das Landgericht München die Zinswetten, die die Stadt Landsberg in den 2000er-Jahren mit der Bank Hauck & Aufhäuser abgeschlossen hatte, für unwirksam erklärt berichtete). Das Gericht folgte dabei einer vorläufigen Einschätzung, die es im Februar gegeben hatte. Damit hat die Bank derzeit keine Möglichkeit, die zuletzt geforderten 5,88 Millionen Euro Verlustausgleich von der Stadt einzufordern. Doch das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
unterlegene Gegenseite hat die Möglichkeit, die nächste Instanz anzurufen. Stadtjustiziarin Petra Mayr-Endhart sprach denn auch vorsichtig von einem „Etappensieg“für die Stadt.
Mit der Entscheidung des Landgerichts MünchenI sind auch die Aussichten von Ex-Kämmerer Manfred Schilcher gestiegen, straffrei und ohne finanzielle Folgen aus der Affäre kommen zu können. Das Gericht hatte die Derivat-Geschäfte der Stadt mit der Bank von vorne herein als unwirksam erachtet, weil es sich nicht um kommunalrechtlich zulässige Zinsoptimierungsgeschäfte, sondern um Spekulationen gehandelt habe. Und diese wurden vom Landratsamt als nicht genehmigungsfähig beurteilt.
Wenn das Geschäft nichtig wäre, würde daraus auch kein Schaden entstehen können und der Vorwurf der Untreue wäre nicht mehr zu halten, hatte Joachim Feller, der Anwalt von Manfred Schilcher, bereits Mitte Februar gegenüber unserer Zeitung erklärt. Wegen Untreue war Schilcher vor drei Jahren vom Landgericht Augsburg zu einer Bewährungsstrafe von 18 Monaten verurteilt worden, was auch eine
Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach sich gezogen hätte. Außerdem machte die Stadt Schadensersatzansprüche in Millionenhöhe gegen ihn geltend. Die Bewährungsstrafe wurde 2019 vom Bundesgerichtshof aufgehoben, der Fall wurde an das Landgericht Augsburg zurückverwiesen. Laut Feller habe das Gericht ein neues Gutachten beauftragt, um zu klären, ob ein Schaden entstanden und bezifferbar sei.
Dieser Schaden ist mit der Entscheidung des Landgerichts MünchenI vorerst vom Tisch, das die Zinswetten als unwirksam beurteilt hat. Mitte Februar hatte Joachim Feller aufgrund der aktuellen Entwicklungen einen Freispruch seines Mandanten angestrebt. In diesem Fall – aber auch bei einer möglichen Einstellung des Verfahrens – dürften seiner Meinung nach auch die noch im Raum stehenden beamtenrechtlichen Folgen für Manfred Schilcher erledigt sein.
Wie Oberstaatsanwalt Matthias Nickolai unserer Zeitung auf NachDie frage sagt, strebt die Staatsanwaltschaft – auch in Hinblick auf die Dauer des Verfahrens – eine Einstellung des Verfahrens gegen Manfred Schilcher gegen Zahlung einer Geldbuße im mittleren fünfstelligen Bereich an. Das sei nach dem zivilrechtlichen Urteil aus München beim Landgericht in Augsburg so beantragt worden.
Solange über die Klage der Bank gegen die Stadt keine endgültige Entscheidung vorliegt, dürfte allerdings auch offen bleiben, wie es mit der Schadenersatzforderung der Stadt an ihren früheren Kämmerer Manfred Schilcher weitergeht, in dessen Amtszeit die Swap-Geschäfte getätigt wurden. Diese wäre wohl erst dann endgültig vom Tisch, wenn die Stadt tatsächlich ungeschoren aus der Sache herauskäme. Dabei geht es nicht nur um die aktuell im Raum stehenden 5,88 Millionen Euro, sondern auch um die weiteren 2,55 Millionen Euro, die die Stadt bereits bis 2011 als Verlustausgleich bezahlt hatte. Dieses Geld möchte die Stadt zurückhaben, und dazu liegt bereits eine Klage vor. Auch in diesem Fall verweist die Stadt darauf, falsch beraten worden zu sein.
Stadt fordert Schadenersatz von ihrem ExKämmerer