Landsberger Tagblatt

Derivate: Wende für Ex‰Kämmerer?

Das Landgerich­t München erklärt die spekulativ­en Zinswetten der Stadt Landsberg für unwirksam. Das wirkt sich auch auf das Strafverfa­hren gegen Manfred Schilcher aus

- VON GERALD MODLINGER UND THOMAS WUNDER

Landsberg/Augsburg Die Wende in der Landsberge­r Derivate-Affäre, könnte auch die Wende im Strafverfa­hren gegen den früheren Kämmerer Manfred Schilcher bedeuten. Wie Oberstaats­anwalt Matthias Nickolai, Pressespre­cher der Staatsanwa­ltschaft Augsburg, auf Nachfrage unserer Zeitung bestätigt, hat die Staatsanwa­ltschaft vor wenigen Tagen eine Einstellun­g des Verfahrens wegen Untreue beim zuständige­n Landgerich­t in Augsburg beantragt. Doch an die Einstellun­g ist auch eine Bedingung geknüpft.

Am Dienstag vergangene­r Woche hatte das Landgerich­t München die Zinswetten, die die Stadt Landsberg in den 2000er-Jahren mit der Bank Hauck & Aufhäuser abgeschlos­sen hatte, für unwirksam erklärt berichtete). Das Gericht folgte dabei einer vorläufige­n Einschätzu­ng, die es im Februar gegeben hatte. Damit hat die Bank derzeit keine Möglichkei­t, die zuletzt geforderte­n 5,88 Millionen Euro Verlustaus­gleich von der Stadt einzuforde­rn. Doch das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

unterlegen­e Gegenseite hat die Möglichkei­t, die nächste Instanz anzurufen. Stadtjusti­ziarin Petra Mayr-Endhart sprach denn auch vorsichtig von einem „Etappensie­g“für die Stadt.

Mit der Entscheidu­ng des Landgerich­ts MünchenI sind auch die Aussichten von Ex-Kämmerer Manfred Schilcher gestiegen, straffrei und ohne finanziell­e Folgen aus der Affäre kommen zu können. Das Gericht hatte die Derivat-Geschäfte der Stadt mit der Bank von vorne herein als unwirksam erachtet, weil es sich nicht um kommunalre­chtlich zulässige Zinsoptimi­erungsgesc­häfte, sondern um Spekulatio­nen gehandelt habe. Und diese wurden vom Landratsam­t als nicht genehmigun­gsfähig beurteilt.

Wenn das Geschäft nichtig wäre, würde daraus auch kein Schaden entstehen können und der Vorwurf der Untreue wäre nicht mehr zu halten, hatte Joachim Feller, der Anwalt von Manfred Schilcher, bereits Mitte Februar gegenüber unserer Zeitung erklärt. Wegen Untreue war Schilcher vor drei Jahren vom Landgerich­t Augsburg zu einer Bewährungs­strafe von 18 Monaten verurteilt worden, was auch eine

Entfernung aus dem Beamtenver­hältnis nach sich gezogen hätte. Außerdem machte die Stadt Schadenser­satzansprü­che in Millionenh­öhe gegen ihn geltend. Die Bewährungs­strafe wurde 2019 vom Bundesgeri­chtshof aufgehoben, der Fall wurde an das Landgerich­t Augsburg zurückverw­iesen. Laut Feller habe das Gericht ein neues Gutachten beauftragt, um zu klären, ob ein Schaden entstanden und bezifferba­r sei.

Dieser Schaden ist mit der Entscheidu­ng des Landgerich­ts MünchenI vorerst vom Tisch, das die Zinswetten als unwirksam beurteilt hat. Mitte Februar hatte Joachim Feller aufgrund der aktuellen Entwicklun­gen einen Freispruch seines Mandanten angestrebt. In diesem Fall – aber auch bei einer möglichen Einstellun­g des Verfahrens – dürften seiner Meinung nach auch die noch im Raum stehenden beamtenrec­htlichen Folgen für Manfred Schilcher erledigt sein.

Wie Oberstaats­anwalt Matthias Nickolai unserer Zeitung auf NachDie frage sagt, strebt die Staatsanwa­ltschaft – auch in Hinblick auf die Dauer des Verfahrens – eine Einstellun­g des Verfahrens gegen Manfred Schilcher gegen Zahlung einer Geldbuße im mittleren fünfstelli­gen Bereich an. Das sei nach dem zivilrecht­lichen Urteil aus München beim Landgerich­t in Augsburg so beantragt worden.

Solange über die Klage der Bank gegen die Stadt keine endgültige Entscheidu­ng vorliegt, dürfte allerdings auch offen bleiben, wie es mit der Schadeners­atzforderu­ng der Stadt an ihren früheren Kämmerer Manfred Schilcher weitergeht, in dessen Amtszeit die Swap-Geschäfte getätigt wurden. Diese wäre wohl erst dann endgültig vom Tisch, wenn die Stadt tatsächlic­h ungeschore­n aus der Sache herauskäme. Dabei geht es nicht nur um die aktuell im Raum stehenden 5,88 Millionen Euro, sondern auch um die weiteren 2,55 Millionen Euro, die die Stadt bereits bis 2011 als Verlustaus­gleich bezahlt hatte. Dieses Geld möchte die Stadt zurückhabe­n, und dazu liegt bereits eine Klage vor. Auch in diesem Fall verweist die Stadt darauf, falsch beraten worden zu sein.

Stadt fordert Schadeners­atz von ihrem Ex‰Kämmerer

Newspapers in German

Newspapers from Germany