Was der Seele wohltut
Das aktuelle Buch von Erzabt Wolfgang Öxler lädt zum Innehalten ein
St. Ottilien Wolfgang Öxler trat 1979 den Missionsbenediktinern bei und ist seit 2012 Erzabt von St. Ottilien. Vor Kurzem ist sein neues Buch „Haltestellen für die Seele“erschienen. Es stellt eine Symbiose seiner feinfühligen Texte und der Fotografien von Andrea Göppel her.
Gerade in Krisenzeiten sind sie wichtig, unsere Wurzeln, so die Botschaft von Erzabt Wolfgang. „Wer gut verwurzelt ist, der hat einen festen Stand und guten Halt, wenn Krisen und Lebensstürme an einem rütteln.“Wer verwurzelt ist, kenne seinen Platz im Leben und wisse, wohin er gehört. Aber Wurzeln brauchen auch Pflege. „Woraus lebe ich? Dahinter steckt die Frage, was mich wirklich nährt in meinem Alltag. Bin ich ein Flachwurzler oder ein Tiefwurzler? Flachwurzler bleiben nahe an der Oberfläche. Die Not unserer Zeit ist die Globalisierung der Oberflächlichkeit. Tiefwurzler dagegen wissen, dass man sein Leben nicht verlängern, aber vertiefen kann.“Mit Gedanken wie diesen, formuliert in einer sanften, klaren Sprache, ruft Erzabt Wolfgang auf, gegenwärtig und wachsam zu sein und an seiner inneren Einstellung zu arbeiten: „Es gilt, den rechten Augenblick zu erkennen. Genieße gerade auch in schwierigen Zeiten die Augenblicke der Ruhe.“
Egal auf welcher Seite der Leser das 180 Seiten starke Buch aufschlägt, es springt immer ein Satz ins Auge, der hängen bleibt, und die Gedanken auf eine Reise schickt. Manchmal ist es auch ein Bild, das zur Meditation einlädt oder einfach ein Lächeln ins Gesicht oder einen Lichtstrahl in die Seele zaubert, ob so viele schöner Momente, die die Fotografin Andrea Göppel mit ihrer Kamera eingefangen hat. Durch die Linse ihrer Kamera erspäht sie das Besondere im Detail – seien es Lichtreflexe auf alten Steinplatten oder im Wasser, sonnendurchflutete oder nebeldurchwirkte Landschaften oder auch nur die Schlichtheit eines alten Holzrades.
In „Haltestellen für die Seele“verwebt der Erzabt seine eigenen Gedanken und Erlebnisse mit Bibeltexten, Inhalten von Autoren und Dichtern wie Hilde Domin, Antoine de Saint Exupéry oder auch Eckart von Hirschhausen, Zitaten aus dem Talmud oder Gedanken der Friedensnobelpreisträgerin Mutter Teresa. Er appelliert, das Leben zu leben, anstatt zu funktionieren, um in der eigenen Mitte zu bleiben – angesichts der neuen Volkskrankheit „Burnout“ein äußerst aktuelles Thema. In der Mitte bleibt laut Erzabt Wolfgang, wer sich immer wieder fragt, worum es in seinem Leben geht. „Der Lebenserfolg hat nichts mit dem Lebenssinn zu tun´... Oftmals
dreht sich das Leben nur um den Besitz ... Wir häufen vieles an, aber es fehlt uns ein Wofür.“
Die Seele, so sagt Wolfgang Öxler, komme oft mit unserem äußeren Tempo nicht mehr mit. Die Welt werde immer schnelllebiger, aber unsere Seele reise langsam. „Damit die Seele nachkommen kann, braucht sie Haltestellen.“Um mit seiner Seele in Berührung zu kommen, gibt der Erzabt auch Anleitungen, so etwa zum Glücklichsein, er gibt Übungen auf oder Fragen, die sich jeder einmal stellen sollte, wie „Wofür kannst du dich noch begeistern?“. Wolfgang Öxler bricht auch eine Lanze für die Lücke. Leben wir nicht gerade auch in einer Lücke, einer Lücke zwischen „Vor-Corona“und „Nach-Corona“und bietet sie vielleicht auch neben allen Einschränkungen und Ängsten mehr Zeit für den Blick aufs Wesentliche? „Haltestellen für die Seele“könnte den Blick dafür schärfen.