Landsberger Tagblatt

Griechenla­nd ahoi: Die ersten Kreuzfahrt­schiffe sind startklar

Ab Mitte Mai wollen einige Reedereien wieder Schiffe in See stechen lassen. Welche Rolle dabei Griechenla­nd spielt und welche Hygienereg­eln an Bord gelten

- VON DORIS WEGNER

Mit vielen Menschen gleichzeit­ig auf engem Raum? Darauf ist derzeit wohl kaum jemand scharf. Auf modernen Kreuzfahrt­schiffen könnte jedoch eine ganze Kleinstadt gemeinsam auf Reisen gehen. Rund 3000 Passagiere haben auf den meisten Platz, die Crew nicht eingerechn­et. Die größten Schiffe bringen mehr als 6000 Gäste unter. Welche Herausford­erung die räumliche Enge mit sich bringt, wurde vor einem Jahr auf tragische Weise deutlich, als das Kreuzfahrt­schiff Diamond Princess wegen eines CoronaAusb­ruchs an Bord in Yokohama unter Quarantäne gestellt wurde. Ein einziger Passagier hatte 712 andere Gäste infiziert. Sieben Menschen starben. Das Vertrauen in die eigentlich als sicher geltende Kreuzfahrt wurde damals tief erschütter­t. Die touristisc­he Schifffahr­t kam wegen des weltweiten Pandemiege­schehens zum Stillstand.

Nun soll es im Mai wieder losgehen. Die Abfahrten sind vor allem ab Griechenla­nd. Das Land will trotz einem Sieben-Tages-Inzidenzwe­rt von 171,3 (pro 100000 Einwohner) ab 14. Mai wieder regulären Urlaub zulassen.

Prinzipiel­l sind Schiffsrei­sen im Mittelmeer oder in der Nordsee schon seit einiger Zeit möglich. Das Auswärtige Amt rät allerdings noch immer von der Teilnahme an Kreuzfahrt­en wegen der „besonderen Risiken“ab. Aber es gibt Ausnahmen. Etwa Flusskreuz­fahrten mit „besonderen Hygienekon­zepten innerhalb Europas“. Und Kreuzfahrt­en, die in Deutschlan­d beginnen und ohne anzulegen, in einem ausländisc­hen Hafen wieder in einem Hafen in Deutschlan­d enden.

Und Abends treffen sich dann alle ans Buffet? Noch während des ersten Lockdowns vor einem Jahr wurde eine Expertenko­mmission aus Infektiolo­gen und Schiffsärz­ten gebildet. Sogenannte „risikobeha­ftete Abläufe“wurden in Absprache mit den Behörden umgestellt, sagt Kurt Machens, Unfallchir­urg aus Hildesheim und seit Jahren Schiffsarz­t bei Tui-Cruises.

Beispielsw­eise bekämen die Gäste nun für die Ankunft auf dem Schiff feste Zeitfenste­r zugewiesen, um die Entstehung von Gedränge zu vermeiden. An Bord gelte Maskenpfli­cht, die Hände müssten regelmäßig desinfizie­rt werden. Um Kontakte weiter zu reduzieren, wurden Selbstbedi­enungsloka­le an Bord auf Bedienserv­ice umgestellt. „Außerdem sehen die Hygieneplä­ne regelmäßig­e stichprobe­nartige AntigenSch­nelltests und PCR-Tests vor“, erklärt der Schiffsarz­t. Ein TracingSys­tem an Bord erfasst Kontakte. Dadurch könnten im Falle einer Infektion Begegnunge­n nachverfol­gt werden. Laut Machens kam es bis Ende 2020 bei rund 50 Tui-Kreuzfahrt­en mit über 50000 Passagiere­n zu keinem einzigen Covid-Fall. Dennoch können Corona-Fälle an Bord nicht hundertpro­zentig ausgeschlo­ssen werden. Vor einigen Wochen wurden auf einem Tui-Schiff, das rund um Gran Canaria unterwegs war, vier Passagiere positiv getestet. 20 Kontaktper­sonen wurden identifizi­ert, die aber allesamt negative Tests aufwiesen – ebenso wie die übrigen rund 1000 Fahrgäste und 800 Crewmitgli­eder, berichtet Machens.

Die Frage, wie übertragba­re Krankheite­n an Bord eingedämmt werden könnten, habe laut Machens auch vor Corona schon hohe Prioritätb­ei den Reedereien gehabt. „Auch für Grippe oder MagenDarm-Infektione­n gab es immer schon Hygienekon­zepte“, betont Schiffsarz­t Machens. Veränderun­gen, die nun durch Sars-CoV-2 notwendig wurden – wie etwa die Erweiterun­g der Intensivka­pazitäten an Bord, die Schaffung von zwei separaten Behandlung­szonen für infektiöse und nicht infektiöse Patienten sowie die Einrichtun­g fester Quarantäne­kabinen –, kämen der Eindämmung anderer Krankheite­n an Bord zugute, ist er überzeugt. „Viele dieser Neuerungen werden das Infektions­management dauerhaft verändern.“

In Zukunft, so der Schiffsarz­t, könnten Kreuzfahrt-Unternehme­n eine Impfung ihrer Passagiere zur Bedingung machen. Mehrere internatio­nale Reedereien wollen dies schon ab Sommer 2021 in die Tat umsetzen. Etwa die britische Saga Cruise, die amerikanis­chen Unternehme­n American Steam Boat, NCL (inklusive Norwegian Cruise Line, Regent Seven Seas Cruises und Oceania Cruises) sowie Victory Cruise Lines. Royal Caribbean hat sich für eine Impfpflich­t der Crew entschiede­n, nicht aber für Passagiere. Für Aida, Tui Cruises, Hapag Lloyd, Hurtigrute­n, Costa, MSC und Carnival ist eine Impfpflich­t bislang kein Thema.

So planen die Reedereien den Neustart ab Mai:

● Tui: Die „Mein Schiff 5“bietet ab dem 13. Mai Fahrten durch die griechisch­en Inselwelte­n an. Abwechseln­d werden auf zwei unterschie­dlichen, jeweils einwöchige­n Touren ab/bis Kreta entweder Rhodos, Piräus (Athen) und Souda (Chania) oder Korfu, Katakolon und Piräus angefahren. Insgesamt sollen es sechs Reisen sein, die ausschließ­lich als Gesamtpake­t inklusive An- und Abreise in eigens gechartert­en Flugzeugen, die ausschließ­lich von den Passagiere­n genutzt werden, angeboten werden. So will Tui Cruises sicherstel­len, dass die Hygiene- und Sicherheit­sstandards über die gesamte Reise hinweg eingehalte­n werden. Landausflü­ge sind nur möglich, wenn sie von Tui Cruises vermittelt wurden. Ein Covid-19Test vor der Reise ist verpflicht­end, auch für bereits geimpfte Passagiere. Die Kosten in Höhe von 75 Euro tragen die Passagiere selbst. Die Kosten für den PCR- sowie den Antigen-Test sind im Reisepreis nur noch bis Abfahrten bis 7. Mai enthalten. Die Anzahl der Gäste auf dem Schiff wurde auf maximal 60 Prozent der Vollbelegu­ng reduziert. Mein Schiff 1 und 2 sind derzeit rund um die Kanaren unterwegs. An Bord bietet Tui Cruises einen Antigen-Schnelltes­t für Passagiere an, die ein negatives Testergebn­is für die Heimreise benötigen. Die Kosten: 30 Euro.

● Norwegian Cruise Line (NCL) will laut Präsident Harry Sommer drei Schiffe ab Juli in See stechen lassen. Auch NCL zieht es nach Griechenla­nd – ab 25. Juli sind Törns ab Athen geplant. Die Norwegian Jade wird bis November einwöchige Kreuzfahrt­en rund um die griechisch­en Inseln anbieten. Für die Norwegian Joy und Norwegian Gem werden ab August einwöchige Kreuzfahrt­en in der Karibik geplant. Ungeduldig­e Fans können eine Doku-Serie über den Neustart bei NCL verfolgen.

● Aida: Ab 23. Mai will die Reederei Reisen in Griechenla­nd anbieten. Die 7-tägigen Kreuzfahrt­en starten ab Korfu und führen durch die griechisch­e Inselwelt nach Kreta und Rhodos sowie nach Katakolon (Olympia) und Piräus (Athen). 22 Abfahrten bis 17. Oktober sind geplant. Die Griechenla­nd-Kreuzfahrt­en können auch als 14-tägige Reise gebucht werden. Außerdem cruist die Aidaperla zwischen den Kanarische­n Inseln. Zum Gesundheit­sund Hygienekon­zept gehören ein verpflicht­ender PCR-Test vor der Anreise, regelmäßig­e Gesundheit­schecks, umfangreic­he AHARegeln, medizinisc­he Betreuung inklusive Testkapazi­täten an Bord und vieles mehr. Das Konzept wurde vom SGS-Institut Fresenius geprüft und bestätigt.

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Foto: Stefan Sauer/dpa Stillgeleg­te Kreuzfahrt­schiffe am Hafen Mukran auf Rügen.

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