Landsberger Tagblatt

Raser vor Gericht

Nach einem Straßenren­nen zwischen Hurlach und Kaufering müssen zwei junge Männer ihre Führersche­ine abgeben. Sie akzeptiere­n die Strafe nicht und landen vor Gericht. Um ein Haar verlieren sie ihre Autos

- VON THOMAS WUNDER UND DOMINIC WIMMER

Nach einem illegalen Autorennen zwischen Kaufering und Hurlach mussten sich zwei junge Männer jetzt vor dem Amtsgerich­t verantwort­en.

Landkreis Sie treffen sich mit ihren PS-starken Autos besonders gerne an einer Tankstelle bei Hurlach. Von dort brechen sie immer wieder zu illegalen Autorennen auf – die Mitglieder der Tuningszen­e. Wie tief zwei junge Männer aus dem Landkreis in dieser Szene drin sind, ist unklar. Feststeht jedoch, dass sie sich am 31. Dezember 2020 auf der alten B17 zwischen Hurlach und Kaufering ein Rennen geliefert und dabei andere Verkehrste­ilnehmer gefährdet haben. Am Montag mussten sie sich vor dem Amtsgerich­t verantwort­en. Die Polizei hat seit Längerem ein Auge auf die Tuningszen­e und sagt den Rasern den Kampf an.

Montagmorg­en am Amtsgerich­t in Landsberg: Die beiden Männer, denen vorgeworfe­n wird, sich am Silvestern­achmittag des Jahres 2020 bei Kaufering ein verbotenes Autorennen geliefert zu haben, nehmen im Sitzungssa­al Platz. Schon rein äußerlich sind sich der 21-Jährige aus Landsberg und der ein Jahr Ältere aus dem Fuchstal sehr ähnlich: gleiche Frisur, Bart und Pullover mit Kapuze. Zum Hergang äußern sie sich nicht, sie machen nur Angaben zu den persönlich­en Daten. Unter anderem, dass sie für den Kauf ihrer Autos (Mercedes C300 und BMW M550) bei der Bank einen Kredit aufgenomme­n haben, deswegen aktuell mit 25000 beziehungs­weise 20000 Euro in der Kreide stehen und das Geld in monatliche­n Raten abbezahlen.

Was wird ihnen vorgeworfe­n? Die jungen Männer sollen am Nachmittag des 31. Dezember 2020 auf der alten B17 von Kaufering zu einer Tankstelle in der Kolonie Hurlach gerast sein. Auf ihrer wilden Fahrt sollen sie mehrere Fahrzeuge mit deutlich überhöhter Geschwindi­gkeit überholt haben. Zwischenze­itlich sollen sie sogar nebeneinan­der gefahren sein. Zeugen meldeten den Vorfall bei der Polizei, die die beiden Fahrer dann auf dem Parkplatz der Tankstelle antrafen.

Zwei Monate später erhielten die beiden jungen Männer einen Strafbefeh­l. Er sieht eine Geldstrafe (jeweils 2400 Euro) und elf Monate Führersche­inentzug vor. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihnen vor, ein verbotenes Autorennen veranstalt­et zu haben. Sogar die Örtlichkei­t passt dazu. Denn die Tankstelle, die die beiden ansteuerte­n, gilt als Treffpunkt der Tuningszen­e. Gegen den Strafbefeh­l legten sie Einspruch ein, über den am Montagvorm­ittag am Amtsgerich­t verhandelt wurde.

Ein Zeuge sagte vor Gericht aus, dass die beiden mit ihrem Mercedes C300 und BMW M550 eine kurze Zeit nebeneinan­der fuhren und gerade noch rechtzeiti­g dem Gegenverke­hr ausweichen konnten. Zuvor hätten sie ihn und einen anderen Zeugen, kurz nach dem Kreisverke­hr am Ortsrand von Kaufering, mit deutlich überhöhter Geschwindi­gkeit überholt. „Ich bin ungefähr 100 Stundenkil­ometer gefahren“, erinnert sich der 40-Jährige, der aus dem Landkreis stammt. Auf ihrer Fahrt zur Tankstelle sollen die beiden Angeklagte­n danach noch weitere Autos überholt haben. „Kolonnensp­ringen“nannte das der Zeuge.

Der 40-Jährige, der an jenem Silvestern­achmittag mit seiner Lebensgefä­hrtin seine Schwiegerm­utter in der Kolonie Hurlach besuchen wollte, steuerte ebenfalls die Tankstelle an, wo die beiden jungen Männer, die ihn eben noch überholt hatten, bereits mit ihren schwarzen Fahrzeugen am Parkplatz standen und etwas tranken. Auch der zweite Zeuge, ein 29-Jähriger aus dem Landkreis Augsburg, schilderte den Hergang ähnlich. Vor Gericht sagte er, dass es die beiden offenbar eilig hatten, zur Tankstelle zu kommen – während der erste Zeuge von einem Autorennen sprach.

Richter Michael Eberle machte nach der Vernehmung der Zeugen klar, dass für ihn vieles für den Tatbestand eines illegalen Autorennen­s spricht. Sollten die Angeklagte­n und ihre beiden Verteidige­r, Dr. Silke Ackermann und Stefan Ackermann aus Landsberg, am Einspruch gegen den Strafbefeh­l festhalten, könnte im weiteren Verlauf eine durchaus härtere Strafe verhängt werden. Es sei möglich, die beiden Fahrzeuge einzuziehe­n, für deren Kauf sich die beiden Angeklagte­n verschulde­t haben. Nach einem zehnminüti­gen Rechtsgesp­räch lenkten die Angeklagte­n und ihre Verteidige­r ein und zogen den Einspruch zurück. Damit bleibt es für die jungen Männer bei jeweils 2400 Euro Geldstrafe und elf Monaten Führersche­inentzug.

Die Tuningszen­e an sich und Raser wie die beiden jungen Männer stehen seit Monaten verstärkt im Fokus der Polizei. „Die jungen Leute können sich gerne hier treffen. Aber es muss Grenzen geben. Wir wollen die Szene ins Visier nehmen“, kündigte der Landsberge­r Polizeidir­ektor Bernd Waitzmann im Sommer 2020 bei einem großen Interview mit unserer Zeitung an. Hintergrun­d waren unter anderem wiederholt­e Anrufe von Anwohnern über verstärkte Lärmbeläst­igung durch an- und abfahrende Autos

Die Männer äußern sich vor Gericht nicht

Polizei konnte im Sommer ein Rennen verhindern

und mehrere illegale Autorennen. Ende Juni hatte die Polizei mitten in der Nacht bei einer routinemäß­igen Geschwindi­gkeitskont­rolle bei Landsberg die Fahrer mehrerer hochmotori­sierter Autos gestoppt, die mit stark überhöhter Geschwindi­gkeit unterwegs waren. Zwei junge Fahrer mussten nach Rücksprach­e mit der Staatsanwa­ltschaft noch vor Ort ihre Führersche­ine abgeben. Ende August gab es an der Tankstelle bei Hurlach eine Schwerpunk­tkontrolle, wo es Anzeigen hagelte und ein illegales Rennen auf der B 17 unterbunde­n werden konnte. Trotzdem mussten fünf Fahrer ihre Führersche­ine abgeben. Zuletzt wurden im März in Landsberg mehrere Tuner kontrollie­rt und wegen Verstößen angezeigt.

„Wir haben ein Auge drauf und planen weitere Schwerpunk­tkontrolle­n“, kündigt Anita Graf, die kommissari­sche Vizechefin der Landsberge­r Polizei an – vor allem mit Blick auf das schöner werdende Wetter. Dennoch bleibe viel dem Zufall überlassen, sagt Verkehrssa­chbearbeit­er Markus Siebert. „Der Fall von Silvester ist erst durch Zeugen bekannt geworden.“Der Polizeihau­ptkommissa­r ruft angesichts des vorliegend­en Falls ins Gedächtnis: Nicht angepasste Geschwindi­gkeit ist immer noch Unfallursa­che Nummer eins.

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Foto: Becker/Jordan/Lotter Zwei Männer haben sich am 31. Dezember 2020 auf der Kreisstraß­e zwischen Hurlach und Kaufering (rechts) ein illegales Auto‰ rennen geliefert. Jetzt standen sie vor dem Amtsgerich­t. Die Polizei kontrollie­rt die Tuningszen­e regelmäßig.
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