Raser vor Gericht
Nach einem Straßenrennen zwischen Hurlach und Kaufering müssen zwei junge Männer ihre Führerscheine abgeben. Sie akzeptieren die Strafe nicht und landen vor Gericht. Um ein Haar verlieren sie ihre Autos
Nach einem illegalen Autorennen zwischen Kaufering und Hurlach mussten sich zwei junge Männer jetzt vor dem Amtsgericht verantworten.
Landkreis Sie treffen sich mit ihren PS-starken Autos besonders gerne an einer Tankstelle bei Hurlach. Von dort brechen sie immer wieder zu illegalen Autorennen auf – die Mitglieder der Tuningszene. Wie tief zwei junge Männer aus dem Landkreis in dieser Szene drin sind, ist unklar. Feststeht jedoch, dass sie sich am 31. Dezember 2020 auf der alten B17 zwischen Hurlach und Kaufering ein Rennen geliefert und dabei andere Verkehrsteilnehmer gefährdet haben. Am Montag mussten sie sich vor dem Amtsgericht verantworten. Die Polizei hat seit Längerem ein Auge auf die Tuningszene und sagt den Rasern den Kampf an.
Montagmorgen am Amtsgericht in Landsberg: Die beiden Männer, denen vorgeworfen wird, sich am Silvesternachmittag des Jahres 2020 bei Kaufering ein verbotenes Autorennen geliefert zu haben, nehmen im Sitzungssaal Platz. Schon rein äußerlich sind sich der 21-Jährige aus Landsberg und der ein Jahr Ältere aus dem Fuchstal sehr ähnlich: gleiche Frisur, Bart und Pullover mit Kapuze. Zum Hergang äußern sie sich nicht, sie machen nur Angaben zu den persönlichen Daten. Unter anderem, dass sie für den Kauf ihrer Autos (Mercedes C300 und BMW M550) bei der Bank einen Kredit aufgenommen haben, deswegen aktuell mit 25000 beziehungsweise 20000 Euro in der Kreide stehen und das Geld in monatlichen Raten abbezahlen.
Was wird ihnen vorgeworfen? Die jungen Männer sollen am Nachmittag des 31. Dezember 2020 auf der alten B17 von Kaufering zu einer Tankstelle in der Kolonie Hurlach gerast sein. Auf ihrer wilden Fahrt sollen sie mehrere Fahrzeuge mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit überholt haben. Zwischenzeitlich sollen sie sogar nebeneinander gefahren sein. Zeugen meldeten den Vorfall bei der Polizei, die die beiden Fahrer dann auf dem Parkplatz der Tankstelle antrafen.
Zwei Monate später erhielten die beiden jungen Männer einen Strafbefehl. Er sieht eine Geldstrafe (jeweils 2400 Euro) und elf Monate Führerscheinentzug vor. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, ein verbotenes Autorennen veranstaltet zu haben. Sogar die Örtlichkeit passt dazu. Denn die Tankstelle, die die beiden ansteuerten, gilt als Treffpunkt der Tuningszene. Gegen den Strafbefehl legten sie Einspruch ein, über den am Montagvormittag am Amtsgericht verhandelt wurde.
Ein Zeuge sagte vor Gericht aus, dass die beiden mit ihrem Mercedes C300 und BMW M550 eine kurze Zeit nebeneinander fuhren und gerade noch rechtzeitig dem Gegenverkehr ausweichen konnten. Zuvor hätten sie ihn und einen anderen Zeugen, kurz nach dem Kreisverkehr am Ortsrand von Kaufering, mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit überholt. „Ich bin ungefähr 100 Stundenkilometer gefahren“, erinnert sich der 40-Jährige, der aus dem Landkreis stammt. Auf ihrer Fahrt zur Tankstelle sollen die beiden Angeklagten danach noch weitere Autos überholt haben. „Kolonnenspringen“nannte das der Zeuge.
Der 40-Jährige, der an jenem Silvesternachmittag mit seiner Lebensgefährtin seine Schwiegermutter in der Kolonie Hurlach besuchen wollte, steuerte ebenfalls die Tankstelle an, wo die beiden jungen Männer, die ihn eben noch überholt hatten, bereits mit ihren schwarzen Fahrzeugen am Parkplatz standen und etwas tranken. Auch der zweite Zeuge, ein 29-Jähriger aus dem Landkreis Augsburg, schilderte den Hergang ähnlich. Vor Gericht sagte er, dass es die beiden offenbar eilig hatten, zur Tankstelle zu kommen – während der erste Zeuge von einem Autorennen sprach.
Richter Michael Eberle machte nach der Vernehmung der Zeugen klar, dass für ihn vieles für den Tatbestand eines illegalen Autorennens spricht. Sollten die Angeklagten und ihre beiden Verteidiger, Dr. Silke Ackermann und Stefan Ackermann aus Landsberg, am Einspruch gegen den Strafbefehl festhalten, könnte im weiteren Verlauf eine durchaus härtere Strafe verhängt werden. Es sei möglich, die beiden Fahrzeuge einzuziehen, für deren Kauf sich die beiden Angeklagten verschuldet haben. Nach einem zehnminütigen Rechtsgespräch lenkten die Angeklagten und ihre Verteidiger ein und zogen den Einspruch zurück. Damit bleibt es für die jungen Männer bei jeweils 2400 Euro Geldstrafe und elf Monaten Führerscheinentzug.
Die Tuningszene an sich und Raser wie die beiden jungen Männer stehen seit Monaten verstärkt im Fokus der Polizei. „Die jungen Leute können sich gerne hier treffen. Aber es muss Grenzen geben. Wir wollen die Szene ins Visier nehmen“, kündigte der Landsberger Polizeidirektor Bernd Waitzmann im Sommer 2020 bei einem großen Interview mit unserer Zeitung an. Hintergrund waren unter anderem wiederholte Anrufe von Anwohnern über verstärkte Lärmbelästigung durch an- und abfahrende Autos
Die Männer äußern sich vor Gericht nicht
Polizei konnte im Sommer ein Rennen verhindern
und mehrere illegale Autorennen. Ende Juni hatte die Polizei mitten in der Nacht bei einer routinemäßigen Geschwindigkeitskontrolle bei Landsberg die Fahrer mehrerer hochmotorisierter Autos gestoppt, die mit stark überhöhter Geschwindigkeit unterwegs waren. Zwei junge Fahrer mussten nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft noch vor Ort ihre Führerscheine abgeben. Ende August gab es an der Tankstelle bei Hurlach eine Schwerpunktkontrolle, wo es Anzeigen hagelte und ein illegales Rennen auf der B 17 unterbunden werden konnte. Trotzdem mussten fünf Fahrer ihre Führerscheine abgeben. Zuletzt wurden im März in Landsberg mehrere Tuner kontrolliert und wegen Verstößen angezeigt.
„Wir haben ein Auge drauf und planen weitere Schwerpunktkontrollen“, kündigt Anita Graf, die kommissarische Vizechefin der Landsberger Polizei an – vor allem mit Blick auf das schöner werdende Wetter. Dennoch bleibe viel dem Zufall überlassen, sagt Verkehrssachbearbeiter Markus Siebert. „Der Fall von Silvester ist erst durch Zeugen bekannt geworden.“Der Polizeihauptkommissar ruft angesichts des vorliegenden Falls ins Gedächtnis: Nicht angepasste Geschwindigkeit ist immer noch Unfallursache Nummer eins.