Landsberger Tagblatt

Der zu Unrecht schlechte Ruf der Zinsportal­e

Der Null-Prozent-Trend brachte die Online-Vermittler für Tages- und Festgeld gut ins Geschäft. Dann kam die Greensill-Pleite – und die Verunsiche­rung war zurück. Auf was private Sparer achten sollten

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Steigende Inflation bei dauerhaft niedrigen Zinsen bieten keine guten Aussichten fürs Zinssparen. Das sicherheit­sorientier­te Sparen mit Tages- oder Festgeld zementiert sich zu einem Verlustges­chäft, wenn nicht zumindest mittelfris­tig Zinsen leicht über der Inflations­rate damit zu realisiere­n sind.

Als sich bei den Banken der Trend zum Null-Prozent-Tagesgeldk­onto und damit der Rückzug aus dem Einlagenge­schäft abzeichnet­e, drangen Zinsportal­e wie Weltsparen oder Zinspilot auf den Markt. Deren Idee war es, Zinsanlage­n bei Banken mit europäisch­er Einlagensi­cherung online zu vermitDen Sparern eröffneten sich wieder Zinskorrid­ore zwischen 0,2 und 1,6 Prozent, je nach Anlage und Laufzeit. Die von den deutschen Banken hinterlass­ene Lücke im Einlagenge­schäft konnte damit zumindest wieder etwas geschlosse­n werden.

Begehrt bei den Portalspar­ern sind die wenigen Banken mit deutscher Einlagensi­cherung. Nur deswegen konnte die unbekannte Greensill-Bank mit Festgeldan­geboten zwischen 0,3 und 0,9 Prozent viele Sparwillig­e überzeugen. Die spätere Insolvenz war schockiere­nd, und reflexarti­g wurden Schuldige gesucht: untätige Finanzaufs­icht, gierige Sparer und natürlich die Zinsportal­e selbst. Diese würden auf unseriöse Weise unsicheren Banken massenweis­e Kunden zutreiben, weswegen diese auch verantwort­lich seien. Daran kann man so seine Zweifel haben, denn Hinweise auf unlautere Werbung gab es keine. Auch durften sich die Zins-portale auf die Einlagensi­cherung verlassen und waren darüber hinaus rechtlich nicht zur Überprüfun­g der Banken verpflicht­et. Wenn man im Restaurant übers Internet bestellt und es schmeckt nicht, ist es ja auch kaum naheliegen­d, dem Lieferdien­st die Schuld zu geben. Am Ende ist es für private Sparer auch gar nicht schlecht gelaufen. Das Gespür der Zinsjäger war richtig, auf eine Bank mit deutscher Einlagensi­cherung zu setzen. Womit die Greensill-Bank ihr Geld verdient, ist letztlich unerheblic­h, was man kritisiere­n kann. Jedoch werden jetzt die privaten Sparer inklusive Zinsen entschädig­t und stehen trotz Bankinsolv­enz sogar besser da als jene Kunden, die Tages- oder Festgeld bei einer reteln. gionalen Sparkasse oder Volksbank haben. Verrückte Finanzwelt.

Die Verlierer bei der GreensillP­leite sind die institutio­nellen Anleger wie Kommunen, die nicht von der Einlagensi­cherung profitiere­n, und vielleicht auch ein wenig die Banken, die in die Sicherungs­systeme eingezahlt haben. Es wäre nicht verwunderl­ich, wenn Letztere jetzt prüfen, wie künftig sichergest­ellt werden kann, dass nicht automatisc­h jede Bank aus den gemeinsam finanziert­en Sicherungs­töpfen gestützt wird. Das könnte dann noch finanzmark­tpolitisch interessan­t werden.

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Foto: stock.adobe.com Schlechte Zeiten für Sparer: Die Phase niedrigste­r Zinsen dürfte so schnell noch nicht vorbei sein.
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Sascha Straub ist Fach‰ mann für Finanzfrag­en und Versicheru­ngen bei der Verbrauche­rzentrale Bayern.

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