Landsberger Tagblatt

Was ein Trainerwec­hsel jetzt bewirken kann

Neun neue Trainer innerhalb dieser Saison. Ein Sportpsych­ologe erklärt die Vor- und Nachteile

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg Drei Spieltage vor Schluss hat sich der FC Augsburg dazu entschloss­en, sich von seinem Trainer Heiko Herrlich zu trennen. Nachfolger Markus Weinzierl bleiben nur wenige Begegnunge­n, um den Abwärtstre­nd zu stoppen und die Saison für den Fußball-Bundesligi­sten zu einem guten Ende zu bringen. FCASport-Geschäftsf­ührer Stefan Reuter begründete die Verpflicht­ung Weinzierls unter anderem damit, dass der 46-Jährige der „richtige Trainer in der jetzigen Situation“sei. Doch welchen Effekt haben Trainerwec­hsel in der Bundesliga? Erst recht so kurz vor Ende der Spielzeit?

Sportpsych­ologe René Paasch betont, welch wichtige Position die des Trainers sei. Ob es Sinn mache, so kurzfristi­g einen Wechsel vorzunehme­n, will er nicht final beurteilen. Zwei Aspekte müssten berücksich­tigt werden, meint Paasch: der kurzfristi­ge und der langfristi­ge Effekt. „Spieler, die unter dem alten Trainer keine Rolle gespielt haben, wollen zeigen, zu welchen Leistungen sie fähig sind.“Nicht unterschät­zen dürfe man auch das Mentale. In dieser Phase der Saison stünde im Vordergrun­d, die Mannschaft zu motivieren und Siegerment­alität mitzugeben. Das sei aber für den neuen Trainer eine Herausford­erung. „Wenn vorher die Leistung nicht stimmte, kann ich nicht plötzlich alles um 180 Grad drehen.“Durch Untersuchu­ngen ließe sich belegen, dass ein Trainerwec­hsel sich langfristi­g nicht bezahlt mache, betont Paasch. Durchschni­ttlich beträgt die Amtszeit eines Trainers derzeit knapp eineinhalb Jahre.

Herrlichs Entlassung war die neunte in der laufenden Bundesliga­saison. Mancher Verein hatte damit Erfolg, andere weniger. Schalke 04 tauschte gleich dreimal seinen Trainer, bewirkt haben die Wechsel nichts. Erst befehligte David Wagner die Mannschaft, er drang aber ebenso wenig in die Köpfe der Spieler ein wie später Manuel Baum, Christian Gross und Dimitrios Grammozis. Auch bei Hertha BSC stellte sich mit der Entlassung Bruno Labbadias und der Verpflicht­ung von Pal Dardai keine Verbesseru­ng ein. Die Berliner müssen fürchten, nach Schalke 04 als zweites Team direkt abzusteige­n.

Es gibt allerdings auch Beispiele, bei denen neue Trainer den Mannschaft­en im Abstiegska­mpf Leben einhauchte­n. Bestes Beispiel: Mainz 05. Zwar verpuffte der Effekt nach dem Übergang von Achim Beierlorze­r zu Jan-Moritz Lichte, doch mit dem Umbau der kompletten sportliche­n Leitung zogen die Mainzer Klubbosse wohl die richtigen

Schlüsse. Unter Sportvorst­and Christian Heidel, Sportdirek­tor Martin Schmidt und Trainer Bo Svensson hat Mainz eine beeindruck­ende Rückrunde mit bislang 27 Punkten gespielt.

Borussia Dortmund hätte sich wohl mehr erwartet, nachdem der Klub Mitte Dezember Lucien Favre durch Edin Terzic ersetzte. Letztlich unterschei­det sich der Punkteschn­itt kaum zwischen dem Schweizer

(1,7) und dessen Nachfolger (1,8). Bessere Erfahrunge­n machten nach ihren Trainerwec­hseln hingegen Bayer Leverkusen (Hannes Wolf für Peter Bosz), Arminia Bielefeld (Frank Kramer für Uwe Neuhaus) und der 1. FC Köln (Friedhelm Funkel für Markus Gisdol).

Sportpsych­ologe Paasch erklärt, worauf es in den nächsten Tagen und Wochen für die Trainer im Abstiegska­mpf ankomme. Die Spieler müssten motiviert werden und bereit sein, einen gemeinsame­n Weg zu gehen. Das Menschlich­e trete in den Mittelpunk­t, Gespräche zwischen Spieler und Trainer. Plakativ sagt Paasch: „Für jeden Spieler muss es eine Freude sein, einen Ball zurückzuho­len, den ein Mitspieler verliert.“Es gehe bereits in den Trainingse­inheiten darum, sich Ziele zu setzen. Über kleinere Erfolge in den Übungseinh­eiten könne sich eine Mannschaft Selbstvert­rauen holen, meint Paasch.

Markus Weinzierl hat immerhin mehr Zeit als üblich in dieser Phase der Saison. Erst in eineinhalb Wochen tritt er mit dem FCA beim VfB Stuttgart an (Freitag, 20.30 Uhr).

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Foto: Ulrich Wagner Hat nichts bewirkt: Manuel Baum bei Schalke 04.
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Foto: Engelbrech­t, witters Hat etwas bewirkt: Friedhelm Funkel beim 1. FC Köln.

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